Seite 42-43 - KLINIKTICKER 01

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Aus Forschung und Lehre
Aus Forschung und Lehre
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Neue Wund- und Ulcus­
Ambulanz in der Hautklinik
Wie die Haut Wunden schließt
NEUE FORSCHUNGSERGEBNISSE OFFENBAREN DEN FASZINIERENDEN
PROZESS DER HEILUNG
F
orschern des Klinikums ist es gelungen, in ei-
nerZellkulturnachzuahmen,wieHautwunden
heilen. Ihre Arbeit klärt den Grundmechanis-
mus der Wundheilung auf und widerlegt bisherige
Theorien.
Querschnitt einer
heilenden Hautwunde
unter demMikroskop:
Die mit einem roten
Farbstoff markierten
Hautzellen wurden
von den in die Wunde
einwandernden Zellen
(grün) nach oben
geschoben und bilden
einen Schild über den
nachrückenden Zellen.
Wundexpertin Nancy Sowards, Stationsleiterin der Bettenstation in der Universitäts-Hautklinik
Heidelberg, versorgt eine chronische Beinwunde. Die direkte Anbindung der Wund- und Ulcusambulanz
an die Tagesklinik erlaubt eine intensive und zeitaufwändige Therapie.
Wie auf einem Förderband schieben sich neu gebildete
Zellen aus allen Richtungen unter der intakten Haut
hindurch auf die Wunde zu. Gelangen sie ins Freie,
werden sie von den nachrückenden Zellen nach oben
gedrückt und reifen zu schildförmigen Zellen aus. Unter
ihnen gut geschützt, wandern weitere Zellen ein, bis die
Wunde verschlossen ist. Dabei legen die Zellen – gemes-
sen an ihrer Größe – weite Entfernungen zurück. Diese
Erkenntnis widerspricht den bisherigen Theorien, nach
denen sich die Zellen an den Wundrändern und unmit-
telbar dahinter teilen und so dieWunde schließen. „Den
größten Beitrag leisten Hautregionen, die verhältnis-
mäßig weit von der Wunde entfernt sind“, betont Privat-
dozent Dr. Niels Grabe, Leiter des Hamamatsu Tissue
Imaging and Analysis (TIGA) Center am Bioquant For-
schungszentrum der Universität Heidelberg. Das TIGA
Nicht immer verläuft dieWundheilung problemlos: Etwa einProzent
der Bevölkerung – bei den über 80-Jährigen sind es sogar fünf Pro-
zent – leiden an einer chronischen Wunde oder einem offenen Bein.
Die Hautklinik hat für diese Patienten eine neue Wund- und Ulcus­
ambulanz eingerichtet. Die Wundspezialisten forschen in enger Zu­
sammenarbeitmit weiterenFachdisziplinen des Klinikums und dem
Hausarzt nach den Ursachen der schlechten Heilung, erstellen indi-
viduelle Behandlungspläne und betreuen die Patienten engmaschig.
Heilt eine Wunde nicht oder nur schlecht, liegt das oft an einer
Grunderkrankung; diese zu erkennen und zu therapieren ist ein
wichtiger Schritt für den Erfolg der Wundbehandlung. Die direkte
Anbindung der Wundambulanz an die Tagesklinik erlaubt eine
intensive und zeitaufwendige Behandlung. So können auch speziell
geschulte Pflegekräfte, sogenannte Wundmanager, in die Behand-
lung einbezogen werden. Je nach Ursache der schlechten Wundhei-
lung wählen die Experten aus einem breiten Behandlungsangebot,
z.B. Kompressionsverbände, Hautverpf lanzungen und spezielle
Maßnahmen zur Wundreinigung. 
–sm
Center ist eine Kooperation zwischen dem Institut für
Pathologie, dem Nationalen Centrum für Tumorerkran-
kungen (NCT) sowie der japanischenFirmaHamamatsu
Photonics.
„Den größten Beitrag zur Heilung leisten
Hautregionen, die verhältnismäßig weit
von der Wunde entfernt sind.“
PD Dr. Niels Grabe, Leiter des Hamamatsu Tissue
Imaging and Analysis (TIGA) Center
DieWissenschaftler haben für ihre Beobachtungenmehr­
schichtige Gewebekulturen aus zwei Typen menschli-
cher Haut, sogenannte Keratinozyten und Fibroblasten,
in verschiedenen Entwicklungsstufen verwendet. Diese
im Reagenzglas gezüchteten Gewebestückchen sind
eine vereinfachte Version der Haut – es fehlen zum Bei-
spiel Immunzellen, Nerven und Schweißdrüsen. Aber
sie organisieren sich selbst und reparieren Verletzungen.
„Dieses System ist ausreichend komplex, um dem natür-
lichen Heilungsprozess sehr nahe zu kommen, aber
trotzdem gut zu untersuchen“, urteilt Grabe. Für ihr
Experiment haben die Forscher in acht Millimeter
durchmessende Gewebekulturen zwei kleine Löcher
von zwei Millimetern Durchmesser gestanzt und den
Heilungsprozess bis zu zehn Tage lang beobachtet.
„Wundheilung und speziell die Einwanderung der Zellen
in dieWunde ist eine sehr komplexe Gesamtleistung des
umliegenden Gewebes“, erklärt Grabe. Im Experiment
begann die Bewegung der neuen Hautzellen in den
äußersten Bereichen der Gewebekulturen, bis zu drei
Millimeter von der Verletzung entfernt. Die Forscher
vermuten, dass diese Strecke im lebenden Organismus
sogar noch weiter ausfallen könnte.
„Mit dem neuen Modell haben wir den Grundstein zum
besseren Verständnis von Problemen mit der Wundhei-
lung gelegt. Erst jetzt kann man z.B. bei chronischen
Wunden gezielt nach Fehlern in diesemProzess suchen“,
so Grabe. 
–TB –sm