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So fnanzierte die Dietmar Hopp Stiftung ein Gerät zur exakten Bestimmung der Knochendichte, das die Kinder und Jugendlichen kaum mit Strahlen belastet. Dieser periphere, quantitative Computertomograph (pQCT) ist ideal für Verlaufskontrollen geeignet, weil die mit ihm erhobenen Befunde zuverlässig reproduzierbar sind. Mit seiner Hilfe müssen die Heidelberger Kinderärzte nur den Speichenknochen (Radius) im Unterarm ihrer Patienten untersuchen, um Rückschlüsse auf die Entwicklung von deren gesamtem Skelett ziehen zu können. Dafür ermit-teln die Ärzte in bestimmten zeitlichen Abständen die Stärke der Knochenwand und die Dichte der Knochensubstanz des Radius, vermessen dessen Architektur und berechnen dessen Stabilität. Da-rüber hinaus verfolgen sie mit der pQCT-Messung, wie die Muskeln des Unterarms beschaffen sind.

Wie gesund und stabil sich das Skelett eines Heran-wachsenden entwickelt, hängt nämlich auch davon ab, mit welcher Kraft und Zugrichtung die Muskeln des Körpers an dessen verschiedenen Knochen ansetzen. Knochen und Muskeln werden deshalb von der Arbeitsgruppe „Pädiatrische Osteologie“ als funktionelle Einheit angesehen und erforscht. So können primäre von sekundären Knochener-krankungen unterschieden werden. Primäre Kno-chenerkrankungen haben ihre Ursache in einer direkten Störung des Stoffwechsels der Knochen-zellen, sekundäre Knochenerkrankungen treten dagegen als Folge einer gestörten Muskelfunktion auf. Für die richtige Behandlung der betroffenen Patienten ist diese Unterscheidung sehr wichtig.

Gefördert von der Dietmar Hopp Stiftung, konnte die Heidelberger Gruppe in den vergangenen Jahren drei große klinische Studien auf Basis der peripheren quantitativen Computertomographie durchführen.

So verglichen die Kinderärzte die Knochenentwick-lung von jungen Phenylketonurie-Patienten mit derjenigen einer gesunden Patientengruppe. Die Knochenwand des Radius wurde nahe dem Hand-gelenk, an seinem distalen Ende, bei den Patienten deutlich dünner als bei der Vergleichsgruppe, ebenso die Gesamtknochendichte und -stabilität. Aber auch die Querschnittsfäche der Muskeln, die am Radius ansetzen, und ihre Kraft sanken bei den Patienten im Verlauf der Vergleichsuntersuchung deutlich ab. Mit dieser integrativen Analyse wiesen die Heidelberger Wissenschaftler erstmals nach, dass die Stoffwech-selkrankheit Phenylketonurie bei Heranwachsenden sowohl den Knochen- als auch den Muskelstoffwech-sel stört und dadurch bei den Betroffenen zu einer manifesten Knochenkrankheit (Osteopathie) führt.

In der zweiten Studie wurde die Knochenarchitek-tur von Patienten untersucht, die sich als Kinder oder Jugendliche einer Nierentransplantation hatten unterziehen müssen. Diese Patienten wur-den drei und zehn Jahre nach der Transplantation mit Hilfe der pQCT untersucht. Es zeigte sich eine fortschreitende Verschmälerung der Knochenwand des Radius und eine sinkende Knochenstabilität, verbunden mit einer entsprechenden Verringerung der Muskelquerschnittsfächen. Auch bei Osteo-pathien nach Transplantationen vermischen sich also knochen- und muskelbedingte Ursachen.

In einer dritten Studie wurden Kinder und Jugendli-che mit Mukoviszidose untersucht. Auch bei ihnen zeigten sich deutlich erniedrigte Werte der Knochen- dichte und -stabilität. Der Muskelquerschnitt der jungen Patienten war wahrscheinlich deshalb deut-lich verringert, weil sie auf Grund ihrer Erkrankung kaum Sport treiben dürfen. Warum sie häufg an Osteopathien leiden, ist im Einzelnen noch unklar. Auffällig ist aber, dass diese Patienten häufg Kno-chenbrüche erleiden. 42 Prozent der 43 Patienten der Studie hatten bereits einen, 19 Prozent min-destens zwei Knochenbrüche davongetragen. Bei 70 Prozent der Studienteilnehmer zeigte sich eine Unterversorgung mit Vitamin D, das für den Aufbau der Knochen- wie der Muskelmasse wichtig ist.

Basierend auf diesen Ergebnissen sollen nun in weiterführenden Studien neue medikamentöse und sportmedizinische Therapiekonzepte ent-wickelt werden, die chronisch kranken Kindern und Jugendlichen den Aufbau einer möglichst normalen Knochenstruktur ermöglichen.

Burkhard Tönshoff, Carolin Kneppo, Miriam Stahl und Jens-Peter Schenk

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