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Ein seit dem Jahr 2006 von der Dietmar Hopp Stiftung gefördertes Projekt am Heidelberger Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin beweist eindrucksvoll, wie sehr junge Menschen mit chronisch-entzünd-lichen Darmerkrankungen von einer rechtzeitigen psychiatrischen Beratung proftieren können.

Das Ziel des fortlaufenden Projektes ist es, seelischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit chro-nischen Darmentzündungen dadurch vorzubeugen, dass man ihnen und ihren Eltern von vorneherein die Schwellenangst vor einem Gespräch mit dem Psychi-ater nimmt. Der Kern des Präventionsprojektes ist dementsprechend ein interdisziplinäres Tür-zu-Tür-Konzept: Während der Sprechzeiten ist in der gastro-enterologischen Ambulanz der Kinderklinik auch ein Kinder- und Jugendpsychiater anwesend, dem die jungen Patienten gleich nach der Erstdiagnose vorge-stellt werden. Im Rahmen des Projektes ermitteln die Jugendpsychiater nach dem Erstdiagnosegespräch einerseits die kognitiven Fähigkeiten aller Patienten, also zum Beispiel ihr Sprachvermögen, ihre Konzen-trationsfähigkeit und ihre Lese-, Rechtschreib- und Rechenleistung, andererseits prüfen sie deren emo-tionale Befndlichkeit zum Beispiel auf das Vorliegen von Depressionen, Angst- oder Entwicklungsstörun-gen. Patienten, bei denen seelische Beschwerden vorlagen, wurde parallel zur gastroenterologischen Behandlung ihrer Krankheit im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin eine psychiatrische Betreuung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie angeboten.

Jeweils ein und zwei Jahre nach diesem Erstdiagnose-gespräch wurde der Effekt der psychiatrischen Tes- tung und Beratung auf die Patienten in Nachunter-suchungen ermittelt – mit ausgesprochen positiven Ergebnissen:

So gaben 85 Prozent der Patienten an, dass die psy-chiatrische Hilfe auch ihre körperlichen Symptome gelindert habe. Sie hatten offenbar die Selbstwahr-nehmung ihrer Krankheit so zu steuern gelernt, dass deren Symptome für sie leichter zu ertragen waren. 75 Prozent der Patienten empfanden eine Verbesse-rung ihrer seelischen Beschwerden. Die Hälfte aller Patienten konnte in psychotherapeutische Behand-lung überwiesen werden. Insgesamt 29 Prozent aller Patienten nahmen zum Zeitpunkt der Nachunter-suchung noch eine Psychotherapie in Anspruch. 43 Prozent der Befragten schätzen das interdiszipli-näre Angebot beim Erstdiagnosegespräch rückblickend als wichtige Hilfe beim Abbau innerer Hemmungen vor dem Besuch der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein.

Diese Ergebnisse suchen in der bisherigen Fachlite-ratur ihresgleichen. Sie sprechen allgemein dafür, Kindern und Jugendlichen mit starker psychischer Belastung durch körperliche Krankheiten unkompli-zierte Wege zu seelischer Stützung zu bahnen. Solche interdisziplinären Konzepte zu entwickeln ist jedoch manchmal viel schwieriger, als Veränderungen innerhalb des eigenen Teams zu verwirklichen. Dank der Förderung durch die Dietmar Hopp Stiftung gelang es im Bereich Gastroenterologie des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin, diese Herausforderung erfolgreich zu meistern, effektive Strukturen der psy-chiatrischen Prävention zu etablieren und die posi-tiven Effekte für die Krankenversorgung der jungen Patienten nachzuweisen. Die Publikation der wissen-schaftlich evaluierten Ergebnisse dieses Projektes wird zur Verbreitung der interdisziplinären Zusammen- arbeit auch an anderen Zentren für Kinder- und Jugendmedizin beitragen.

Guido Engelmann, Georg F. Hoffmann und Franz Resch

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