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Jahresbericht 2010 – 2011
tischer Adenoviren unterstützen, infektiöse Viren frei-
setzen und damit deren Antitumor-Aktivität erhöhen.
In einer klinischen Pilotstudie wurden fünf Patienten
mit metastasierendem Neuroblastom mit autologen
mesenchymalen Stammzellen behandelt, die mit on-
kolytischen Adenoviren infiziert waren. Diese Therapie
war mit einem Antitumoreffekt assoziiert und neben-
wirkungsärmer als eine Chemo- und Radiotherapie.
Darüber hinaus beschreiben erste Berichte eine ef-
fektive adenovirale Onkolyse von Tumorstammzellen
des Mammakarzinoms. Verglichen zu anderen epithe-
lialen malignen Tumoren weist das Pankreaskarzinom
die stärkste Bindegewebsreaktion auf und mesenchy-
male Stammzellen tragen hierzu bei. Unsere eigenen
Befunde zeigen die tumorspezif ische Einwanderung
mesenchymaler Stammzellen in experimentelle Tumor-
modelle des Pankreaskarzinoms. Deshalb erscheinen
mesenchymale Stammzellen geeignet für eine syste-
mische Applikation und eine gezielte Anreicherung on-
kolytischer Adenoviren im Pankreaskarzinom. Bisher
ist es jedoch noch völlig unerforscht, ob onkolytische
Adenoviren mit mesenchymalen Stammzellen als Ve-
hikel tatsächlich ef f izient in das Pankreaskarzinom
eingeschleust werden und dor t nebenwirkungsarm
pankreatische Tumorstammzellen eliminieren. Dieses
Projekt wird daher von der AG I. Herr in Zusammenar-
beit mit der AG D. Nettelbeck untersucht. Hierzu wer-
den die Adenoviren durch verschiedene molekulare
Klonierungsschritte optimiert. Ziel ist die Herstellung
von Viren, welche sowohl mesenchymale als auch Tu-
morstammzellen infizieren. Dabei sollen die mesen-
chymalen Stammzellen möglichst spät von den Viren
lysiert werden, damit diese ihre therapeutische Fracht
noch unbeschadet hin zum Pankreastumor transpor-
tieren können. In dem hier beschriebenen Kooperati-
onsprojekt wird daher erstmals folgendes Szenario
untersucht: das Pankreaskarzinom mobilisiert mesen-
chymale Stammzellen des Knochenmarks, die wir zuvor
ex vivo inaktiviert und mit optimierten onkolytischen
Adenoviren infiziert haben. Die infizierten mesenchy-
malen Stammzellen wandern in die Tumormikroumge-
bung des Pankreaskarzinoms ein und werden im Tu-
morstroma ansässig. Aufgrund der tumorspezifischen
Replikation der onkolytischen Viren erwarten wir eine
nebenwirkungsarme Elimination der pankreatischen
Tumorstammzellen durch gezielte virale Lyse. Dieses
Projekt wird seit Anfang 2011 von der DFG geförder t.
Vorarbeiten der AG I. Herr zur Funktion mesenchyma-
ler Stammzellen beim Pankreaskarzinom wurden vom
Tumorzentrum Heidelberg/Mannheim sowie von der
Deutschen Krebshilfe gefördert.
5. Evaluation der Selektion pankreatischer Tumor-
stammzellen durch Dexamethason
Dieses Projekt wird in Kooperation mit Prof. E. Yefenof,
Jerusalem, Israel, durchgeführt, welcher ein Experte
für die therapeutische Wirkung von Kortison auf Blut-
krebszellen ist.
Kortison, ein prominentes Steroidhormon aus der Glu-
kokortikoid-Rezeptorfamilie, zählt zu den am meisten
verschriebenen Medikamenten weltweit. Glukokortiko-
idhormone dienen auch als begleitende Therapie bei
lymphoiden und soliden malignen Tumoren. Grund ist
ihre Eigenschaft den programmierten Zelltod in Tumor-
zellen des Blutes auszulösen und Nebenwirkungen der
Chemotherapie und des Tumorwachstums zu verhin-
dern, darunter Übelkeit, Erbrechen, Schädigung norma-
ler Körperzellen und Ödembildung. Allerdings werden
hämatologische Tumorzellen oftmals resistent gegen
die Kor tisonbehandlung. Auch zeigen neuere Daten,
unsere eigenen mit eingeschlossen, dass Glukokorti-
koide eine Therapieresistenz bei den meisten Tumor-
zellen solider Tumore hervorrufen. Dadurch werden die
Tumorzellen, darunter solche des Magen-Darm-Traktes,
vor einer Chemotherapie geschützt und der therapeu-
tische Effekt ist verringert. Der Grund hierfür ist nicht
bekannt, aber wir vermuten eine Kor tison-induzier te
Anreicherung von Tumorstammzellen als zugrundelie-
genden Mechanismus. In diesem Projekt wird daher die
Anreicherung von Tumorstammzellmarkern durch das
bekannte Kortisonderivat Dexamethason untersucht.
Der Fokus hierbei liegt auf der Wirkung von Dexametha-
son auf die Expression von Tumorstammzellmarkern,
das in vivo Wachstumspotential, das Metastasierungs-
potential und die Induktion von Tumorstammzell-asso-
ziierten Signalwegen. Diese biochemischen und mole-
kularen Analysen erlauben mechanistischen Einblick in
die durch Kortison-induzierte Signaltransduktion und
werden wichtige Informationen über den therapeu-
tischen Nutzen einer Kombination von Kortisonpräpa-
raten zusammen mit der herkömmlichen Tumortherapie
bringen. Dieses Projekt wird seit Ende 2010 von der GIF
gefördert.
6. Identifizierung von Metaboliten des Meeres-
schwammes Crambe crambe gegen Tumorstammzel-
len des Pankreaskarzinoms
Dieses Projekt wird zusammen mit Prof. F. Brümmer
Universität Stuttgart und Prof. G. Morlock Universität
Hohenheim durchgeführt.
Meeresschwämme enthalten viele undef inier te Sub-
stanzen mit anti-neoplastischer Aktivität, deren Wir-
kung gegen Tumorstammzellen noch völlig unerforscht
ist. In unseren Vorarbeiten haben wir 12 verschiedene