Seite 17 - Klinik Ticker Ausgabe 01 Februar

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Gearbeitet und gekämpft für den medizinischen Fortschritt hat er
fast bis zum Schluss. Denn mehr als 15 Jahre nach seinem offizi-
ellen Abschied aus der Universitätsmedizin und aus seiner Hei-
delberger Medizinischen Poliklinik war Professor Werner Hunstein
in der wissenschaftlichen Welt aktiv – freilich in anderer Weise, als
er dies selbst je erwartet hätte.
Selbstversuch mit Grünem Tee
Sein persönliches Schicksal war eine besondere Form der Amyloi-
dose, gegen die er mit Hilfe befreundeter Forscher eine wissen-
schaftlich begründete Therapie gefunden hatte, die ihm als
früherem Schulmediziner eigentlich suspekt sein musste, der Grü-
ne Tee. Doch im Selbstversuch konnte er erleben, was dann zu-
mindest im Reagenzglas nachvollzogen werden konnte: Die In-
haltstoffe des Getränkes greifen an den verklumpten Proteinen an
und lindern dadurch wohl die Beschwerden der Amyloidose-Kran-
ken. In seinem Arbeitszimmer am PC hat er dafür erfolgreich ge-
kämpft, dass diese Hypothese wissenschaftlich und klinisch über-
prüft wird. Den Beweis seiner Beobachtung – eine kardiologische
Studie dazu ist unterwegs – konnte Professor Hunstein nicht mehr
erleben.
Für seine Schüler und Kollegen wird sein Name mit anderen he-
rausragenden Eigenschaften und Entwicklungen verbunden
bleiben: Als einer der letzten „Allround“-Internisten hat er Mit-
arbeiter und Studenten immer wieder mit seiner außerordent-
lichen Fähigkeit der „Blick-Diagnosen“ überrascht. Sein fotogra-
fisches Gedächtnis und seine ausgeprägte Intuition machten
ihn zum begnadeten Diagnostiker. Auch seine Vorlesungen wa-
ren einzigartig. Mit lebendigen Beispielen, didaktisch gut
durchdacht und mit tiefsinnigem Humor hat er stets die Begeis-
terung seiner Zuhörer geweckt.
Entwickler der autologen
Knochenmarktransplantation
Professor Hunstein war aber vor allem einer der führenden Häma-
tologen und Onkologen Deutschlands. 1928 in Kassel geboren,
studierte er Medizin in Marburg und Freiburg, wo er sich 1964 für
das Fach Innere Medizin habilitierte. Hunstein arbeitete zunächst
an der Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universität Göttin-
gen, 1971 folgte er einem Ruf auf den Lehrstuhl der Heidelberger
Poliklinik. Von 1971 bis 1996 war er Inhaber des Lehrstuhls für In-
nere Medizin sowie Ärztlicher Direktor der damaligen Poliklinik
Heidelberg. Seine wissenschaftlich bedeutendste Leistung ist die
Entwicklung der modernen Molekular-Hämatologie sowie der au-
tologen Knochenmarktransplantation, die vor 27 Jahren zur welt-
weit ersten Stammzelltransplantation im Heidelberger Universi-
tätsklinikum führte.
Gemeinsam mit Familie und Freunden trauern die ehemaligen
Mitarbeiter, die Medizinische Fakultät und das Klinikum um
Professor Werner Hunstein.
Annette Tuffs
Einer der letzten
Allround-Internisten und ein
bedeutender Hämatologe
Professor Werner Hunstein, ehemaliger Ärztlicher Direktor der
Poliklinik, starb am 16. Februar 2012 im Alter von 83 Jahren
Professor Werner Hunstein war von 1971 bis 1996 Inhaber des
Lehrstuhls für Innere Medizin sowie Ärztlicher Direktor der da-
maligen Poliklinik. Gegen seine eigene Amyloidose-Erkrankung
therapierte er sich erfolgreich mit Grünem Tee. Foto: Kresin