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TITELTHEMA
Am 28. September 2011 wurden die An-
teile der Thoraxklinik per Vertrag dem Kli-
nikum zugeschrieben. Ein guter oder ein
schlechter Tag für Ihre Klinik?
Professor Dienemann: (lacht)… Das kann ich
heute noch nicht beurteilen, bin mir aber si-
cher, dass dieser Schritt in die richtige Rich-
tung weist. Letztlich war der Termin von bei-
den Seiten angestrebt. Die Deutsche
Rentenversicherung als Träger hatte über das
Sozialministerium den Auftrag, die Thoraxkli-
nik als Akutkrankenhaus an den Markt zu
bringen. Insofern sindwir froh, dass das Klini-
kum Interesse hatte und wir nicht an einen
privaten Träger verkauft wurden. Im Grunde
sind wir nun noch enger an das Klinikum he-
rangerückt, schließlich gibt es bereits seit
zwei Jahrzehnten eine sehr gute klinische
und wissenschaftliche Zusammenarbeit.
Die Thoraxklinik ist als spezialisiertes
Lungenkrebszentrum der Deutschen
Krebsgesellschaft zertifiziert. Was be-
deutet diese Auszeichnung?
Das Zertifikat belegt, dass wir die Infrastruk-
tur haben, um Lungenkrebs nach den neu-
esten Maßstäben zu behandeln. Es wirft
aber auch ein Licht auf die Arbeit der letzten
Jahre. Die erforderlichen Mindestzahlen,
z.B. im Hinblick auf die durchgeführten
Operationen, übertreffen wir in allen Be-
reichen um ein Vielfaches. Andere Parame-
ter wie niedrige Wundinfektionen, der An-
teil an komplexen Eingriffen oder die
prospektive Dokumentation, lassen auf
eine hohe Qualität der Patientenversorgung
schließen. Dies gilt auch für alle sonstigen
Aspekte, wie z.B. Diagnostik oder internis-
tisch-onkologische Nachbehandlung.
Ihre Klinik ist Bestandteil des Deutschen
Zentrums für Lungenerkrankungen. Was
versprechen Sie sich von dem bundes-
weiten Forschungszentrum?
Unsere Beteiligung an diesem Zusammen-
schluss von fünf Spitzenzentren der Lun-
genforschung bedeutet für uns zunächst
einmal eine Anerkennung der wissenschaft-
lichen Expertise. Wir befinden uns damit
auf einer Stufe mit den vier anderen großen
universitären Lungenforschungszentren.
Die Forschungsförderung in den kommen-
den fünf Jahren – ein zweistelliger Millio-
nenbetrag – ermöglicht uns, unsere For-
schungsschwerpunkte in den Bereichen
Lungenkrebs und COPD weiter auszubauen
und mit den anderen Zentren zu vernetzen.
Ihre Chirurgische Abteilung hat mit 2.300
Operationen im Jahr das größte operative
Aufkommen aller spezialisierten Einrich-
tungen dieser Art in Deutschland. Sind Sie
damit am Limit des Möglichen angelangt?
Unsere OP-Zahlen steigen kontinuierlich
um ein bis zwei Prozent pro Jahr. Mit den
drei bestehenden, 25 Jahre alten OP-Sälen
sind wir nicht mehr in der Lage, das OP-Pro-
gramm innerhalb der normalen Arbeitszeit
zu bewältigen. Derzeit entsteht aber ein
neuer Funktionsbau mit einem modernen
OP-Trakt mit vier Sälen. Wenn das OP-Auf-
kommen weiter steigt, davon ist momentan
auszugehen, wird man natürlich auch das
Personal entsprechend anpassen müssen.
Das klinische Studienzentrum der Chirur-
gischen Klinik (KSC) beschäftigt sich u.a.
auch mit evidenzbasiertem Operieren.
„
Wir sind froh
,
dass wir nicht an einen privaten
Im Gespräch: Professor Dr. Hendrik Dienemann, Ärztlicher Direktor der
>> Zur Person
Seit 1996 leitet
Professor Dr. Hendrik Dienemann
die
Abteilung Thoraxchirurgie, seit 2005 ist er auch Ärztlicher
Leiter der Thoraxklinik. Unter seiner Führung wurde das
Operationsspektrum maßgeblich erweitert – z.B. im Be-
reich der videogestützten Operation an Lunge und Medi-
astinum, Radiofrequenzablation, Kinderthoraxchirurgie
oder Brustwanddeformitäten – und die Klinik zur größten
Thoraxchirurgie in Deutschland ausgebaut. Seine breite
chirurgische Ausbildung erfuhr Dienemann – nach sei-
nem Studium der Humanmedizin an der Med. Hochschule Hannover und einem zweijäh-
rigen Aufenthalt am Pathologischen Institut der Univ. Tübingen – zwischen 1978 bis 1996
an der Ludwig-Maximilians-Universität München, die in den Schwerpunkt-Anerken-
nungen Thorax-, Gefäß- und Viszeralchirurgie mündete.