Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen
 

Biostoffverordnung

 

Inhalt:  
  § 1 Anwendungsbereich und Zielsetzung
  § 2 Begriffsbestimmungen
  § 3 Risikogruppen für biologische Arbeitsstoffe
  § 4 Einstufung biologischer Arbeitsstoffe in Risikogruppen
  § 5 Informationen für die Gefährdungsbeurteilung
  § 6 Gefährdungsbeurteilung bei gezielten Tätigkeiten
  § 7 Gefährdungsbeurteilung bei nicht gezielten Tätigkeiten
  § 8 Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
  § 9 Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 1
  § 10 Schutzmaßnahmen
  § 11 Hygienemaßnahmen, Schutzausrüstungen
  § 12 Unterrichtung der Beschäftigten
  § 13 Anzeige- und Aufzeichnungspflichten
  § 14 Behördliche Ausnahmen
  § 15 Arbeitsmedizinische Vorsorge
  § 16 Unterrichtung der Behörde
  § 17 Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe
  § 18 Ordnungswidrigkeiten und Straftaten
  § 19 Übergangsvorschrift
   
  Anhang I Symbol für Biogefährdung
   
  Anhang II Sicherheitsmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien und laborähnlichen Einrichtungen
   
  Anhang III Sicherheitsmaßnahmen bei gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten, die nicht unter Anhang II fallen
   
  Anhang IV Verpflichtende arbeitsmedizinische Vorsorge nach § 15 Abs. 1 Satz 1
 

 

§ 1 Anwendungsbereich und Zielsetzung
 

Diese Verordnung gilt für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen einschließlich Tätigkeiten in deren Gefahrenbereich. Zweck der Verordnung ist der Schutz der Beschäftigten vor der Gefährdung ihrer Sicherheit und Gesundheit bei diesen Tätigkeiten. Diese Verordnung gilt nicht für Tätigkeiten, die dem Gentechnikrecht unterliegen, soweit dort gleichwertige oder strengere Regelungen bestehen.

 

§ 2 Begriffsbestimmungen
 

(1) Biologische Arbeitsstoffe sind Mikroorganismen, einschließlich gentechnisch veränderter Mikroorganismen, Zellkulturen und humanpathogener Endoparasiten, die beim Menschen Infektionen, sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können. Ein biologischer Arbeitsstoff im Sinne von Satz 1 ist auch ein mit transmissibler, spongiformer Enzephalopatie assoziiertes Agens, das beim Menschen eine Infektion oder eine übertragbare Krankheit verursachen kann.

(2) Mikroorganismen sind alle zellulären oder nichtzellulären mikrobiologischen Einheiten, die zur Vermehrung oder zur Weitergabe von genetischem Material fähig sind.

(3) Zellkulturen sind in-vitro-Vermehrungen von aus vielzelligen Organismen isolierten Zellen.

(4) Tätigkeiten im Sinne dieser Verordnung sind das Herstellen und Verwenden von biologischen Arbeitsstoffen, insbesondere das Isolieren, Erzeugen und Vermehren, das Aufschließen, das Ge- und Verbrauchen, das Be- und Verarbeiten, Ab- und Umfüllen, Mischen und Abtrennen sowie das innerbetriebliche Befördern, das Lagern einschließlich Aufbewahren, das Inaktivieren und das Entsorgen. Zu den Tätigkeiten zählt auch der berufliche Umgang mit Menschen, Tieren, Pflanzen, biologischen Produkten, Gegenständen und Materialien, wenn bei diesen Tätigkeiten biologische Arbeitsstoffe freigesetzt werden können und dabei Beschäftigte mit den biologischen Arbeitsstoffen direkt in Kontakt kommen können.

(5) Gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn

1. biologische Arbeitsstoffe mindestens der Spezies nach bekannt sind,
2. die Tätigkeiten auf einen oder mehrere biologische Arbeitsstoffe unmittelbar ausgerichtet sind und
3. die Exposition der Beschäftigten im Normalbetrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar ist.
Nicht gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn mindestens eine der Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 nicht gegeben ist.
 

(6) Als Kontamination ist die über die gesundheitlich unbedenkliche Grundbelastung hinausgehende Belastung des Arbeitsplatzes mit biologischen Arbeitsstoffen anzusehen.

(7) Eine Schutzstufe umfasst die technischen, organisatorischen und persönlichen Sicherheitsmaßnahmen, die für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen entsprechend ihrer Gefährdung zum Schutz der Beschäftigten festgelegt oder empfohlen sind. Sicherheitsmaßnahmen sind besondere Schutzmaßnahmen, die in den Anhängen II und III genannt und der jeweiligen Schutzstufe zugeordnet sind.

(8) Dem Arbeitgeber stehen der Unternehmer ohne Beschäftigte sowie der Auftraggeber und Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes gleich. Den Beschäftigten stehen die in Heimarbeit Beschäftigten sowie Schüler, Studenten und sonst an Hochschulen Tätige gleich. Für Schüler und Studenten gelten die Regelungen dieser Verordnung über die Beteiligung an Personalvertretungen nicht.

 

§ 3 Risikogruppen für biologische Arbeitsstoffe
 

Biologische Arbeitsstoffe werden entsprechend dem von ihnen ausgehenden Infektionsrisiko in vier Risikogruppen eingeteilt:
1. Risikogruppe 1: Biologische Arbeitsstoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim
                            Menschen eine Krankheit verursachen.
2. Risikogruppe 2: Biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen
                            können und eine Gefahr für Beschäftige darstellen können; eine Verbreitung
                            des Stoffes in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung
                           oder Behandlung ist normalerweise möglich.
3. Risikogruppe 3: Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen
                            hervorrufen können und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können;
                            die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist
                           normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich.
4. Risikogruppe 4: Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen
                            hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer
                            Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß;
normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich.
 

 

§ 4 Einstufung biologischer Arbeitsstoffe in Risikogruppen
 

(1) Für die Einstufung biologischer Arbeitsstoffe in die Risikogruppen 2 bis 4 gilt Anhang III der Richtlinie 90/679/EWG des Rates vom 26. November 1990 (ABl. EG Nr. L 374 S. 1), geändert durch die Richtlinie 93/88/EWG des Rates vom 12. Oktober 1993 (ABl. EG Nr. L 268 S. 71), zuletzt angepasst durch die Richtlinie der Kommission 97/65/EG vom 26. November 1997 (ABl. EG Nr. L 335 S. 17). Wird Anhang III der Richtlinie 90/679/EWG im Verfahren nach ihrem Artikel 19 an den technischen Fortschritt angepasst, so gilt er nach Ablauf der in der Anpassungsrichtlinie festgelegten Umsetzungsfrist in der geänderten Fassung. Die geänderte Fassung kann bereits ab Inkrafttreten der Anpassungsrichtlinie angewendet werden.

(2) Werden biologische Arbeitsstoffe nicht nach Absatz 1 erfasst, hat der Arbeitgeber bei gezielten Tätigkeiten eine Einstufung in die Risikogruppen entsprechend dem Stand von Wissenschaft und Technik vorzunehmen. Im übrigen sind die Bekanntmachungen nach § 17 Abs. 4 zu beachten.

(3) Kommt bei gezielten Tätigkeiten eine Einstufung in mehrere Risikogruppen in Betracht, so ist die Einstufung in die Risikogruppe mit dem höchsten Gefährdungsgrad vorzunehmen.

 

§ 5 Informationen für die Gefährdungsbeurteilung
 

(1) Für die Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber ausreichende Informationen zu beschaffen. Insbesondere sind folgende Informationen zu berücksichtigen:
1. die ihm zugänglichen tätigkeitsbezogenen Informationen über die Identität,  die Einstufung und
das Infektionspotential der vorkommenden biologischen Arbeitsstoffe sowie die von ihnen
ausgehenden sensibilisierenden und toxischen Wirkungen,
2. tätigkeitsbezogene Informationen über Betriebsabläufe und Arbeitsverfahren,
3. Art und Dauer der Tätigkeiten und damit verbundene mögliche Übertragungswege sowie Informationen über eine Exposition der Beschäftigten,
4. Erfahrungen aus vergleichbaren Tätigkeiten, Belastungs- und Expositionssituationen und über bekannte tätigkeitsbezogene Erkrankungen sowie die ergriffenen Gegenmaßnahmen.
   
(2) Ausgehend von den Informationen nach Absatz 1 ist die Zuordnung zu gezielten oder nicht gezielten Tätigkeiten vorzunehmen.

 

§ 6 Gefährdungsbeurteilung bei gezielten Tätigkeiten
 

(1) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung bei gezielten Tätigkeiten gemäß Satz 2 und 3 und Absatz 2 auf der Grundlage der Einstufung nach § 4 und der nach § 5 beschafften Informationen durchzuführen. In Gemischen von biologischen Arbeitsstoffen sind die einzelnen biologischen Arbeitsstoffe für sich zu bewerten. Umfasst eine Tätigkeit mehrere biologische Arbeitsstoffe verschiedener Risikogruppen, ist für die Festlegung nach Absatz 2 die Risikogruppe des biologischen Arbeitsstoffes mit dem höchsten Gefährdungsgrad maßgebend.

(2) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind für alle gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen die in Betracht kommenden Schutzmaßnahmen zu ermitteln. Es sind immer mindestens die allgemeinen Hygienemaßnahmen der Schutzstufe 1 nach Anhang II oder III festzulegen. Zusätzlich sind für biologische Arbeitsstoffe

1. der Risikogruppe 2 die Sicherheitsmaßnahmen der Schutzstufe 2,
2. der Risikogruppe 3 die Sicherheitsmaßnahmen der Schutzstufe 3,
3. der Risikogruppe 4 die Sicherheitsmaßnahmen der Schutzstufe 4,
   
nach Anhang II oder III festzulegen. Die dort als empfohlen bezeichneten Sicherheitsmaßnahmen sind festzulegen, wenn dadurch die Gefährdung der Beschäftigten verringert werden kann. Bei der Gefährdungsbeurteilung sind sensibilisierende und toxische Wirkungen zusätzlich zu berücksichtigen und geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen.

 

§ 7 Gefährdungsbeurteilung bei nicht gezielten Tätigkeiten
 

(1) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung bei nicht gezielten Tätigkeiten gemäß Satz 2 bis 4 und Absatz 2 oder 3 durchzuführen. Dabei ist zu prüfen, ob die nach § 5 beschafften Informationen eine abschließende Gefährdungsbeurteilung und die Zuordnung der Tätigkeit zu einer Schutzstufe nach Anhang II oder III ermöglichen. Treten bei einer Tätigkeit mehrere biologische Arbeitsstoffe gleichzeitig auf, sind die einzelnen biologischen Arbeitsstoffe, soweit dies möglich ist, jeweils für sich zu bewerten. Auf der Grundlage der Einzelbeurteilungen ist eine Gesamtbeurteilung der Infektionsgefährdung vorzunehmen.

(2) Kann die Tätigkeit einer Schutzstufe zugeordnet werden, sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten, die hinsichtlich der Gefährdung den Tätigkeiten nach § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 vergleichbar sind, die in Betracht kommenden Schutzmaßnahmen zu ermitteln und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen aus der entsprechenden Schutzstufe so auszuwählen und festzulegen, dass die Gefährdung der Beschäftigten dadurch soweit wie möglich verringert wird. Mindestens sind die allgemeinen Hygienemaßnahmen der Schutzstufe 1 nach Anhang II oder III festzulegen. Sensibilisierende und toxische Wirkungen sind zusätzlich zu berücksichtigen und geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen.

(3) Kann die Tätigkeit einer Schutzstufe nicht zugeordnet werden, sind nach dem Stand der Technik Art, Ausmaß und Dauer der Exposition der Beschäftigten gegenüber biologischen Arbeitsstoffen zu ermitteln und die Gefährdung zu beurteilen. Die erforderlichen Schutzmaßnahmen sind nach dem Stand der Technik festzulegen. Absatz 2 Satz 2 und 3 gelten entsprechend.

 

§ 8 Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
 

Die Gefährdungsbeurteilung ist vor Aufnahme der Tätigkeiten durchzuführen und danach
 
1. bei Änderungen der Arbeitsbedingungen, die zu einer erhöhten Gefährdung der Beschäftigten führen können,
2. bei der Feststellung einer Kontamination des Arbeitsplatzes sowie
3. in den Fällen des § 15 Abs. 3 Satz 1 und des § 15 Abs. 6 Satz 5
   

zu wiederholen, andernfalls spätestens nach Ablauf eines Jahres zu überprüfen. Der Betriebs- oder Personalrat, der Betriebsarzt oder der Arzt nach § 15 Abs. 5 sowie die Fachkraft für Arbeitssicherheit sind bei der Gefährdungsbeurteilung zu beteiligen. Auch in Betrieben mit zehn oder weniger Beschäftigten müssen Unterlagen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Arbeitsschutzgesetzes vorliegen, wenn dort nicht ausschließlich gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkungen oder hinsichtlich der Gefährdung vergleichbare nicht gezielte Tätigkeiten durchgeführt werden. Die Unterlagen müssen bei gezielten Tätigkeiten ein Verzeichnis der biologischen Arbeitsstoffe enthalten. Bei nicht gezielten Tätigkeiten ist dieses Verzeichnis zu führen, soweit die biologischen Arbeitsstoffe für die Gefährdungsbeurteilung nach § 7 maßgeblich sind.

 

§ 9 Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 1
 

Die §§ 10 bis 16, ausgenommen § 10 Abs. 1, 3 und 4 und § 14 Abs. 1, gelten nicht, wenn nach dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkungen oder nicht gezielte Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung durchgeführt werden.

 

§ 10 Schutzmaßnahmen
 

(1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Schutzmaßnahmen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und nach den sonstigen Vorschriften dieser Verordnung einschließlich der Anhänge zu treffen. Dabei sind die vom Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe ermittelten und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Bundesarbeitsblatt bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Sie müssen nicht berücksichtigt werden, wenn gleichwertige Schutzmaßnahmen getroffen werden; dies ist auf Verlangen der zuständigen Behörde im Einzelfall nachzuweisen.

(2) Biologische Arbeitsstoffe, die eine Gesundheitsgefahr für Beschäftigte darstellen, sind, soweit dies zumutbar und nach dem Stand der Technik möglich ist, durch biologische Arbeitsstoffe zu ersetzen, die für die Beschäftigten weniger gefährlich sind.

(3) Zur Heimarbeit dürfen nur biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkungen überlassen oder verwendet werden. Satz 1 gilt entsprechend für nicht gezielte Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung.

(4) Bei allen Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen müssen die allgemeinen Hygienemaßnahmen der Schutzstufe 1 nach Anhang II oder III eingehalten werden.

(5) Beschäftigten dürfen gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 oder 4 nur übertragen werden, wenn sie ausreichend fachkundig und eingewiesen sind. Dies gilt entsprechend für nicht gezielte Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung. Der Arbeitgeber hat sich vor Übertragung der Tätigkeiten über die erforderlichen Schutzmaßnahmen fachkundig beraten zu lassen, soweit er nicht selbst über entsprechende Kenntnisse verfügt.

(6) Das Arbeitsverfahren und die technischen Schutzmaßnahmen sind grundsätzlich so zu gestalten, dass biologische Arbeitsstoffe am Arbeitsplatz nicht frei werden. Kann dies nicht vermieden werden, oder werden biologische Arbeitsstoffe bestimmungsgemäß freigesetzt, sind insbesondere folgende technische und organisatorische Schutzmaßnahmen zu treffen, um die Exposition der Beschäftigten so gering wie möglich zu halten:

 

1. Auswahl und Gestaltung geeigneter und sicherer Arbeitsverfahren für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen einschließlich deren Entsorgung,
2. Begrenzung der Anzahl der exponierten Beschäftigten entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung.
   
Darüber hinaus sind folgende weitere Schutzmaßnahmen zu treffen:
 
1. Kennzeichnung der Arbeitsplätze und Gefahrenbereiche mit dem Symbol für Biogefährdung nach Anhang I entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung,
2. Vorkehrungen gegen Unfälle und Betriebsstörungen vor Aufnahme der Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen,
3. Erstellung eines Plans zur Abwendung der Gefahren, die beim Versagen einer Einschließungsmaßnahme durch die Freisetzung biologischer Arbeitsstoffe  auftreten können, bei gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 oder 4 sowie bei nicht gezielten Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung.
   

(7) Ist aufgrund außergewöhnlicher Umstände oder bei nicht bestimmungsmäßigem Betrieb einer Anlage mit einer ernsten Gefährdung der Beschäftigten durch biologische Arbeitsstoffe zu rechnen und ist es kurzfristig nicht möglich, Art, Ausmaß und Dauer der Exposition zu beurteilen, sind unverzüglich Sicherheitsmaßnahmen nach Anhang II oder III zu ermitteln und zu treffen, die mindestens der Schutzstufe 3 genügen müssen.

(8) Werden Verfahren eingesetzt, bei denen Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in technischen Anlagen oder unter Verwendung von technischen Arbeitsmitteln durchgeführt werden, hat der Arbeitgeber die zum Schutz der Beschäftigten erforderlichen Maßnahmen und Vorkehrungen nach dem Stand der Technik zu treffen.

(9) Ist die Sicherheitstechnik eines Arbeitsverfahrens fortentwickelt worden, hat sich diese bewährt und erhöht sich die Arbeitssicherheit hierdurch erheblich, ist das Arbeitsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist dieser Fortentwicklung anzupassen.

(10) Biologische Arbeitsstoffe sind sicher zu lagern. Es sind nur solche Behälter zur Lagerung, zum Transport oder zur Beseitigung von biologischen Arbeitsstoffen zu verwenden, die hinsichtlich ihrer Beschaffenheit geeignet sind, den Inhalt sicher zu umschließen. Die Behälter sind für die Beschäftigten im Hinblick auf die davon ausgehenden Gefahren in geeigneter Weise deutlich erkennbar zu kennzeichnen. Biologische Arbeitsstoffe dürfen nicht in solchen Behältern gelagert werden, durch deren Form oder Bezeichnung der Inhalt mit Lebensmitteln verwechselt werden kann.

Fußnote:    § 10 Abs. 1 Satz 2: IdF d. Art. 305 V v. 25.11.2003 I 2304 mWv 28.11.2003

 

§ 11 Hygienemaßnahmen, Schutzausrüstungen
 

(1) Auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung sind die erforderlichen Hygienemaßnahmen zur Desinfektion und Dekontamination zu treffen und persönliche Schutzausrüstungen einschließlich geeigneter Schutzkleidung zur Verfügung zu stellen. Es sind geeignete Vorkehrungen zu treffen, insbesondere die erforderlichen Einrichtungen zu schaffen, damit persönliche Schutzausrüstungen beim Verlassen des Arbeitsplatzes abgelegt und getrennt von anderen Kleidungsstücken gelagert und auf ihren Zustand überprüft werden können. Entsprechend dem Ergebnis der Überprüfung müssen die persönlichen Schutzausrüstungen desinfiziert und gereinigt werden. Falls sie schadhaft sind, müssen sie ausgebessert oder ausgetauscht, erforderlichenfalls vernichtet werden.

(2) Um die Kontamination des Arbeitsplatzes und die Exposition der Beschäftigten so gering wie möglich zu halten, sind die Funktion und die Wirksamkeit von technischen Schutzmaßnahmen regelmäßig zu überprüfen. Kann das Freiwerden von biologischen Arbeitsstoffen nicht sicher verhütet werden, ist zu ermitteln, ob der Arbeitsplatz kontaminiert ist. Dabei ist die mikrobielle Belastung in der Luft am Arbeitsplatz zu berücksichtigen.

(3) Beschäftigte dürfen an Arbeitsplätzen, an denen die Gefahr einer Kontamination durch biologische Arbeitsstoffe besteht, keine Nahrungs- und Genussmittel zu sich nehmen. Hierfür sind vor Aufnahme der Tätigkeit geeignete Bereiche einzurichten.

 

§ 12 Unterrichtung der Beschäftigten
 

(1) Auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung ist vor Aufnahme der Tätigkeiten eine arbeitsbereichs- und stoffbezogene Betriebsanweisung zu erstellen. Darin ist auf die mit den vorgesehenen Tätigkeiten verbundenen Gefahren für die Beschäftigten hinzuweisen. Die erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln sowie Anweisungen über das Verhalten bei Unfällen und Betriebsstörungen und zur Ersten Hilfe sind in ihr festzulegen. Die Betriebsanweisung ist in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache abzufassen und an geeigneter Stelle in der Arbeitsstätte bekannt zu machen und zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhängen.

(2) Beschäftigte, die Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen ausführen, müssen anhand der Betriebsanweisung über die auftretenden Gefahren und über die Schutzmaßnahmen unterwiesen werden. Die Unterweisung ist vor Aufnahme der Tätigkeiten mündlich und arbeitsplatzbezogen durchzuführen sowie in den Fällen des § 8 Satz 1 zu wiederholen. Zeitpunkt und Gegenstand der Unterweisungen sind im Anschluss an die Unterweisung schriftlich festzuhalten und vom Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.

(3) Für Tätigkeiten, bei denen erfahrungsgemäß aufgrund erhöhter Unfallgefahr mit einem Infektionsrisiko oder, als Folge eines Unfalles, mit schweren Infektionen zu rechnen ist, müssen zusätzlich Arbeitsanweisungen zur Vermeidung von Betriebsunfällen am Arbeitsplatz vorliegen. Dies gilt auch für

   
1. Verfahren für die Entnahme, die Handhabung und die Verarbeitung von Proben menschlichen oder tierischen Ursprungs,
2. Instandhaltungs-, Reinigungs-, Änderungs- oder Abbrucharbeiten in oder an kontaminierten Anlagen, Geräten oder Einrichtungen.
   

(4) Die im Gefahrenbereich Beschäftigten und der Betriebs- oder Personalrat sind über Betriebsstörungen, die die Sicherheit oder Gesundheit der Beschäftigten gefährden können, und über Unfälle unverzüglich zu unterrichten. Dem Betriebs- oder Personalrat sind die in § 13 Abs. 1 bis 3 genannten Angaben zur Verfügung zu stellen.

 

§ 13 Anzeige- und Aufzeichnungspflichten
 

(1) Der Arbeitgeber hat der zuständigen Behörde spätestens 30 Tage vor Aufnahme der Tätigkeiten die erstmalige Durchführung von gezielten Tätigkeiten mit einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 2, 3 oder 4 anzuzeigen. Die Anzeige enthält:
   
1. Name und Anschrift des Arbeitgebers und der nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Arbeitsschutzgesetzes verantwortlichen Personen,
2. Name und Befähigung der für die Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz verantwortlichen Personen,
3. das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach § 6,
4. die Art des biologischen Arbeitsstoffes,
5. die vorgesehenen Maßnahmen zum Arbeitsschutz.
   
(2) Einer erneuten Anzeige bedürfen:
   
1. für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bedeutsame Änderungen
    der Tätigkeiten,
2. die Aufnahme von Tätigkeiten mit jedem weiteren biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 3, soweit dieser nicht in Anhang III der Richtlinie 90/679/EWG in der jeweils geltenden Fassung aufgeführt ist, und
3. die Aufnahme von Tätigkeiten mit jedem weiteren biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 4.
   

(3) Über Beschäftigte, die gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 oder 4 durchführen, ist ein Verzeichnis zu führen, in dem die Art der Tätigkeiten, der verwendete biologische Arbeitsstoff sowie Unfälle und Betriebsstörungen anzugeben sind. Die betroffenen Beschäftigten oder von Ihnen bevollmächtigte Personen sind berechtigt, die sie betreffenden Angaben einzusehen.

(4) Das Verzeichnis nach Absatz 3 ist für die Dauer von mindestens zehn Jahren nach Beendigung der Tätigkeit aufzubewahren. Das Verzeichnis ist bis zu 40 Jahre aufzubewahren, wenn es die Art einer Erkrankung oder die Zeitdauer zwischen einer Exposition und dem Auftreten einer möglichen Infektionskrankheit erforderlich machen. Es ist der zuständigen Behörde auf Verlangen zu Verfügung zu stellen. Bei einer Betriebsauflösung ist das Verzeichnis dem zuständigen Unfallversicherungsträger unaufgefordert zur Aufbewahrung zu übergeben.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für nicht gezielte Tätigkeiten, die hinsichtlich der Gefährdung mit Tätigkeiten nach § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 vergleichbar sind.

(6) Lassen sich die für die Anzeige erforderlichen Angaben gleichwertig aus Anzeigen nach anderen Rechtsvorschriften entnehmen, kann die Anzeigepflicht auch durch Übermittlung einer Durchschrift dieser Anzeigen an die zuständige Behörde erfüllt werden.


Fußnote:  § 13 Abs. 1 Satz 1: IdF d. Art. 2 Nr. 9 Buchst. b V v. 18.10.1999 I 2059 mWv 1.1.2000

 

§ 14 Behördliche Ausnahmen
 

(1) Die zuständige Behörde kann auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers Ausnahmen von den Vorschriften des § 10 einschließlich der Anhänge II und III erteilen, wenn
   
1. der Arbeitgeber andere gleichwertige Schutzmaßnahmen trifft oder
2. die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und die Abweichung mit dem Schutz der betroffenen Beschäftigten vereinbar ist.
   
(2) Die zuständige Behörde kann auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers für Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten eine Ausnahme von der Pflicht zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung erteilen. Satz 1 gilt nicht für gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 3 oder 4 sowie für nicht gezielte Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung.

Fußnote:  § 14 Abs. 2: IdF d. Art. 2 Nr. 9 Buchst. b V v. 18.10.1999 I 2059 mWv 1.1.2000

 

§ 15 Arbeitsmedizinische Vorsorge
 

(1) Der Arbeitgeber hat Beschäftigte vor Aufnahme von Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen nach Anhang IV arbeitsmedizinisch untersuchen und beraten zu lassen. Diese arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sind in regelmäßigen Abständen zu wiederholen sowie am Ende der Beschäftigung anzubieten. Der untersuchende Arzt kann bei gesundheitlichen Bedenken arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen in kürzeren Zeitabständen festsetzen.

(2) Beschäftigten sind bei sonstigen gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 und sonstigen nicht gezielten Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung vor Aufnahme der Tätigkeiten und danach in regelmäßigen Abständen arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen anzubieten. Satz 1 gilt entsprechend für die Risikogruppe 2, es sei denn, aufgrund der Gefährdungsbeurteilung und der getroffenen Schutzmaßnahmen ist nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen.

(3) Beschäftigten, die sich eine Infektion oder eine Erkrankung zugezogen haben, die auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zurückzuführen sein kann, sind unverzüglich arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen anzubieten. Dies gilt für alle Beschäftigten des gleichen Tätigkeitsbereichs, es sei denn, die Infektion oder Erkrankung ist auf eine personenbezogene Schädigung zurückzuführen und eine Übertragung auf andere Beschäftigte ist auszuschließen.

(4) Beschäftigten, die biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sein können, ist eine Impfung anzubieten, wenn ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht. Der Arzt hat die Beschäftigten über die zu verhütende Krankheit, über den Nutzen der Impfung und über mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen aufzuklären.

(5) Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind durch Ärzte, die die erforderlichen Fachkenntnisse besitzen und von der zuständigen Behörde ermächtigt worden sind, durchzuführen. Dem Arzt sind auf Verlangen die zur Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen erforderlichen Auskünfte über die Arbeitsplatzverhältnisse zu erteilen und eine Besichtigung des Arbeitsplatzes zu ermöglichen.

(6) Der Arzt hat den Untersuchungsbefund schriftlich festzuhalten. Er hat die untersuchte Person arbeitsmedizinisch zu beraten und ihr eine Bescheinigung darüber auszustellen, ob und inwieweit gegen die Ausübung der Tätigkeit gesundheitliche Bedenken bestehen (Bescheinigung über das Untersuchungsergebnis). Nur bei Vorsorgeuntersuchungen nach Absatz 1 übermittelt der Arzt dem Arbeitgeber eine Kopie der Bescheinigung über das Untersuchungsergebnis. Halten die untersuchte Person oder der Arbeitgeber das Untersuchungsergebnis für unzutreffend, entscheidet auf Antrag die zuständige Behörde. Bei gesundheitlichen Bedenken hat der Arzt dem Arbeitgeber zu empfehlen, den Arbeitsplatz zu überprüfen, wenn die Gesundheit des untersuchten Beschäftigten infolge der Arbeitsbedingungen gefährdet erscheint. Hat der Arbeitgeber eine Empfehlung nach Satz 5 erhalten, hat er dies dem Betriebs- oder Personalrat mitzuteilen und die zuständige Behörde zu unterrichten.

(7) Ärztliche Aufzeichnungen über Vorsorgeuntersuchungen nach Absatz 1 sind nach Beendigung der Tätigkeit des Arztes seinem Nachfolger im Amt oder der nach Landesrecht für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stelle zu übergeben.

Fußnote:   § 15 Abs. 1 Satz 3: IdF d. Art. 2 Nr. 9 Buchst. c V v. 18.10.1999 I 2059 mWv 1.1.2000

 

§ 16 Unterrichtung der Behörde
 

(1) Unbeschadet des § 22 des Arbeitsschutzgesetzes ist die zuständige Behörde auf ihr Verlangen über
   
1. das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und die der Beurteilung zugrunde liegenden Informationen,
2. die Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte tatsächlich oder möglicherweise gegenüber biologischen Arbeitsstoffen exponiert worden sind, und die Anzahl dieser Beschäftigten,
3. die nach § 13 des Arbeitsschutzgesetzes verantwortlichen Personen,
4. die getroffenen Schutz- und Vorsorgemaßnahmen einschließlich der Betriebs- und Arbeitsanweisungen sowie
5. die nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 getroffenen Vorkehrungen und den nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Nr. 3 erstellten Plan
   
zu unterrichten.
 
(2) Die zuständige Behörde ist unverzüglich über jeden Unfall und jede Betriebsstörung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 und 4 oder bei nicht gezielten Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung zu unterrichten, die zu einer Gesundheitsgefahr der Beschäftigten führen können. Krankheits- und Todesfälle, die auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zurückzuführen sind, sind der zuständigen Behörde unverzüglich unter Angabe der Tätigkeit mitzuteilen.

 

§ 17 Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe
 

(1) Zur Beratung in allen Fragen des Arbeitsschutzes zu biologischen Arbeitsstoffen wird beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe gebildet, in dem sachverständige Mitglieder der öffentlichen und privaten Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Länderbehörden, der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, der Hochschulen und der Wissenschaft angemessen vertreten sein sollen. Die Gesamtzahl der Mitglieder soll 16 Personen nicht überschreiten. Die Mitgliedschaft im Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe ist ehrenamtlich.

(2) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit beruft die Mitglieder des Ausschusses und für jedes Mitglied einen Stellvertreter. Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung und wählt den Vorsitzenden aus seiner Mitte. Die Geschäftsordnung und die Wahl des Vorsitzenden bedürfen der Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.

(3) Zu den Aufgaben des Ausschusses gehört es:

 
1. den Grundsätzen des § 4 des Arbeitsschutzgesetzes entsprechende Regeln und Erkenntnisse für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen sowie Regeln und Erkenntnisse zu der Einstufung nach § 4 Abs. 1 und 2 Satz 1 zu ermitteln,
2. zu ermitteln, wie die in dieser Verordnung gestellten Anforderungen erfüllt werden können,
3. dem jeweiligen Stand von Wissenschaft, Technik und Medizin entsprechende Vorschriften vorzuschlagen,
4. das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in allgemeinen Fragen der biologischen Sicherheit zu beraten.
   

(4) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit kann die vom Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe nach Absatz 3 Nr. 1 ermittelten Regeln und Erkenntnisse sowie die nach Absatz 3 Nr. 2 ermittelten Verfahrensregeln im Bundesarbeitsblatt bekannt geben.

(5) Die Bundesministerien sowie die zuständigen obersten Landesbehörden können zu den Sitzungen des Ausschusses Vertreter entsenden. Diesen ist auf Verlangen in der Sitzung das Wort zu erteilen.

(6) Die Geschäfte des Ausschusses führt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Fußnote:  § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 u. 3, Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4: IdF d. Art. 305 V v. 25.11.2003 I 2304 mWv 28.11.2003

 

§ 18 Ordnungswidrigkeiten und Straftaten
 
(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 25 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1. entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 oder § 7 Abs. 1 Satz 1 eine Gefährdungsbeurteilung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig oder nicht nach den in § 8 Satz 1 Nr. 2 oder 3 genannten Voraussetzungen durchführt,
2. entgegen § 11 Abs. 1 Satz 3 oder 4 persönliche Schutzausrüstungen nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig desinfiziert, reinigt, ausbessert, austauscht oder vernichtet,
3. entgegen § 11 Abs. 2 die Wirksamkeit von technischen Schutzmaßnahmen nicht regelmäßig überprüft,
4. entgegen § 11 Abs. 3 Satz 2 dort genannte Bereiche nicht oder nicht rechtzeitig einrichtet,
5. entgegen § 12 Abs. 1 Satz 1 oder 4 eine Betriebsanweisung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erstellt, nicht oder nicht rechtzeitig bekannt macht oder nicht oder nicht rechtzeitig auslegt oder nicht oder nicht rechtzeitig aushängt,
6. entgegen § 12 Abs. 2 Satz 1 oder 3 Beschäftigte nicht, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig unterweist oder den Zeitpunkt oder den Gegenstand der Unterweisung nicht, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig festhält,
7. entgegen § 12 Abs. 4 Satz 1 über Betriebsstörungen oder Unfälle nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig unterrichtet,
8. entgegen § 13 Abs. 1 Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet,
9. entgegen § 13 Abs. 3 Satz 1 ein Verzeichnis nicht, nicht richtig oder nicht vollständig führt,
10. entgegen § 13 Abs. 4 ein Verzeichnis nicht oder nicht für die vorgeschriebene Dauer aufbewahrt, nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt oder nicht oder nicht rechtzeitig übergibt,
11. entgegen § 15 Abs. 1 arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nicht oder nicht rechtzeitig veranlasst oder anbietet,
12. entgegen § 15 Abs. 2 Satz 1 arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nicht oder nicht rechtzeitig anbietet,
13. entgegen § 15 Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 4 Satz 1 eine arbeitsmedizinische Untersuchung oder eine Impfung nicht oder nicht rechtzeitig anbietet,
14. entgegen § 15 Abs. 5 Satz 2 eine Besichtigung des Arbeitsplatzes nicht oder nicht rechtzeitig ermöglicht,
15. entgegen § 16 Abs. 1 oder 2 Satz 1 die zuständige Behörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig unterrichtet oder
16. entgegen § 16 Abs. 2 Satz 2 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.
   

(2) Ordnungswidrig im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 1 des Heimarbeitsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 10 Abs. 3 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, einen biologischen Arbeitsstoff überlässt oder verwendet.

(3) Wer durch eine in Absatz 1 bezeichnete vorsätzliche Handlung Leben oder Gesundheit eines Beschäftigten gefährdet, ist nach § 26 Nr. 2 des Arbeitsschutzgesetzes strafbar.

(4) Wer durch eine in Absatz 2 bezeichnete vorsätzliche Handlung in Heimarbeit Beschäftigte in ihrer Arbeitskraft oder Gesundheit gefährdet, ist nach § 32 Abs. 3 oder 4 des Heimarbeitsgesetzes strafbar.

 

§ 19 Übergangsvorschrift  
 

Anzeigepflichtige Tätigkeiten, die bei Inkrafttreten der Verordnung bereits aufgenommen sind, müssen der zuständigen Behörde innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung angezeigt werden. § 13 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

 

Anhang I
Symbol für Biogefährdung

 

 

Anhang II Sicherheitsmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien und laborähnlichen Einrichtungen
 

(1) Die Schutzstufe 1 umfasst allgemeine Hygienemaßnahmen entsprechend den vom Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe festgelegten technischen Regeln.

(2) Die Schutzstufen 2, 3 und 4 umfassen die nachfolgenden Sicherheitsmaßnahmen:

 

A
Sicherheitsmaßnahmen
B
Schutzstufen
2 3 4

1. Der Arbeitsplatz ist von anderen Tätigkeiten in demselben Gebäude abzutrennen
 
nein verbindlich wenn die Infizierung über die Luft erfolgen kann verbindlich

2. Zu- und Abluft am Arbeitsplatz müssen durch Hochleistungs-schwebstoff-Filter oder eine vergleichbare Vorrichtung geführt werden
 
nein verbindlich für Abluft verbindlich für Zu- und Abluft

3. Der Zugang ist auf benannte Beschäftigte zu beschränken
 
verbindlich verbindlich verbindlich mit Luftschleuse

4. Der Arbeitsplatz muss zum Zweck der Desinfektion hermetisch abdichtbar sein
 
nein empfohlen verbindlich

5. Spezifische Desinfektionsverfahren
 
verbindlich verbindlich verbindlich

6. Am Arbeitsplatz muss ein Unterdruck aufrechterhalten werden
 
nein verbindlich, wenn die Infizierung über die Luft erfolgen kann verbindlich

7. Wirksame Vektorkontrolle,  z.B. Nagetiere und Insekten
 
empfohlen verbindlich verbindlich

8. Wasserundurchlässige und leicht zu reinigende Oberflächen
 
verbindlich für Werkbänke verbindlich für Werkbänke und Böden verbindlich für Werkbänke, Wände, Böden und Decken

9. Gegen Säuren, Laugen, Lösungs- und Desinfektionsmittel widerstandsfähige Oberflächen
 
empfohlen verbindlich verbindlich

10. Sichere Aufbewahrung eines biologischen Arbeitsstoffes
 
verbindlich verbindlich verbindlich unter Verschluss

11. Der Raum muss mit einem Beobachtungs-fenster oder einer vergleichbaren Vorrichtung versehen sein, damit die im Raum anwesenden Personen bzw. Tiere beobachtet werden können
 
empfohlen verbindlich verbindlich

12. Jedes Laboratorium muss über eine eigene Ausrüstung verfügen
 
nein empfohlen verbindlich

13. Der Umgang mit infiziertem Material, einschließlich aller Tiere, muss in einer Sicherheits-werkbank oder einem Isolierraum oder einem anderen geeigneten Raum erfolgen
 
wo angebracht verbindlich, wenn die Infizierung  über die Luft erfolgt verbindlich

14. Verbrennungsofen für Tierkörper
 
empfohlen verbindlich, zugänglich verbindlich vor Ort
 

 

Anhang III
Sicherheitsmaßnahmen bei gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten, die nicht unter Anhang II fallen
 

(1) Die Schutzstufe 1 umfasst allgemeine Hygienemaßnahmen entsprechend den vom Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe festgelegten technischen Regeln.

(2) Die Schutzstufen 2, 3 und 4 umfassen die nachfolgenden Sicherheitsmaßnahmen:

 

A

Sicherheitsmaßnahmen

B
Schutzstufen
2 3 4

1. Arbeiten mit lebensfähigen Organismen müssen in einem System durchgeführt werden, das den Prozess physisch von der Umwelt trennt
 
verbindlich verbindlich verbindlich

2. Abgase aus dem abgeschlossenen System müssen so behandelt werden, dass:
 
das Freiwerden minimal gehalten wird das Freiwerden
verhütet wird
das  Freiwerden
verhütet wird

3. Sammlung von Proben, Hinzufügung von Werkstoffen zu einem minimal abgeschlossenen System und Übertragung lebensfähiger Organismen in ein anderes abgeschlossenes System müssen so durchgeführt werden, dass:
 
das Freiwerden minimal gehalten wird das Freiwerden
verhütet wird
das  Freiwerden
verhütet wird

4. Kulturflüssigkeiten dürfen nicht aus dem abgeschlossenen System genommen werden, wenn die lebensfähigen Organismen nicht:
 
durch erprobte Mittel inaktiviert worden sind durch erprobte chemische oder physikalische Mittel inaktiviert worden sind durch erprobte chemische oder physikalische Mittel inaktiviert worden sind

5. Der Verschluss der Kulturgefäße muss so ausgelegt sein, dass:
 
ein Freiwerden minimal gehalten wird ein Freiwerden
verhütet wird
ein Freiwerden
verhütet wird

6. Abgeschlossene Systeme müssen innerhalb kontrollierter Bereiche angesiedelt sein
 
empfohlen empfohlen verbindlich

a) Biogefahrenzeichen müssen angebracht werden
 
empfohlen verbindlich verbindlich

b) der Zugang muss ausschließlich auf das dafür vorgesehene Personal beschränkt sein
 
empfohlen verbindlich verbindlich über Luftschleuse

c) das Personal muss Schutzkleidung tragen
 
verbindlich verbindlich vollständige Umkleidung

d) Dekontaminations- und Waschanlagen müssen für das Personal bereitstehen
 
verbindlich verbindlich verbindlich

e) das Personal muss vor dem Verlassen des kontrollierten Bereiches duschen
 
nein empfohlen verbindlich

f) Abwässer aus Waschbecken und Duschen müssen gesammelt und vor der Ableitung inaktiviert  werden
 
nein empfohlen verbindlich

g) der kontrollierte Bereich muss entsprechend belüftet sein, um die Luftverseuchung auf einem Mindeststand zu halten
 
empfohlen verbindlich, wenn die Infizierung über die Luft erfolgen kann verbindlich

h) der kontrollierte Bereich muss stets in atmosphärischem Unterdruck gehalten werden
 
nein empfohlen verbindlich

i) Zu- und Abluft zum kontrollierten Bereich müssen durch Hoch-leistungs-schwebstoff- Filter geführt  werden
 
nein empfohlen verbindlich

j) der kontrollierte Bereich muss so ausgelegt sein, dass er ein Überlaufen des gesamten Inhalts des abgeschlossenen Systems abblockt
 
nein empfohlen verbindlich

k) der kontrollierte Bereich muss versiegelt werden können, um eine Begasung zuzulassen
 
nein empfohlen verbindlich

l) Abwasserbehandlung vor der endgültigen Ableitung
 
inaktiviert durch erprobte Mittel inaktiviert durch erprobte chemische oderphysikalische  Mittel inaktiviert durch erprobte chemische oder physikalische Mittel
 

 

Anhang IV
Verpflichtende arbeitsmedizinische Vorsorge nach § 15 Abs. 1 Satz 1
 

1. Gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 4 oder hinsichtlich der Gefährdung vergleichbare nicht gezielte Tätigkeiten.

2. Tätigkeiten (Spalte 1) bei denen biologische Arbeitsstoffe (Spalte 2) entsprechend der nachstehenden Tabelle eingesetzt werden oder vorkommen können:

 

Spalte 1 Spalte 2
Tätigkeiten Biologischer Arbeitsstoff
     
a) in der Human-, Zahn-medizin, Wohlfahrtspflege sowie in Notfall- und Rettungsdiensten

in Kinderabteilungen zusätzlich

in Infektionsstationen und Stuhllaboratorien zusätzlich





in Tuberkuloseabteilungen und anderen pulmologischen Einrichtungen zusätzlich
in der Pathologie (Obduktion, Sektion) zusätzlich

Hepatitis-B-Virus (HBV)
Hepatitis-C-Virus (HCV)




Bordetella pertussis
Corynebacterium diphtheriae
Hepatitis-A-Virus (HAV)
Masernvirus
Mumpsvirus
Rubivirus
Varizella-Zoster-Virus (VZV)

Hepatitis-A-Virus(HAV)
Mycobacterium tuberculosis Mycobacterium bovis
Hepatitis-D-Virus (HDV) Mycobacterium tuberculosis Mycobacterium bovis

b) in der Medizinprodukte-und Arzneimittelherstellung bei allen nicht gezielten Tätigkeiten mit Blutprodukten
bei gezielten Tätigkeiten mit einem der nebenstehend genannten biologischen Arbeitsstoffe

Hepatitis-B-Virus (HBV)
Hepatitis-C-Virus (HCV)
Hepatitis-B-Virus (HBV)
Hepatitis-C-Virus (HCV)
Bordetella pertussis
Corynebacterium diphtheriae
Frühsommermeningoenzephalitis-(FSME)-Virus
Hepatitis-A-Virus (HAV)
Hepatitis-B-Virus (HBV)
Masernvirus
Mumpsvirus
Mycobacterium tuberculosis
Mycobacterium bovis
Rubivirus
Tollwutvirus
Varizella-Zoster-Virus (VZV)
c) in der Veterinärmedizin   bei Tätigkeiten mit tollwutverdächtigen Tieren Tollwutvirus
d) bei Tätigkeiten in Endemiegebieten in der Land-, Forst- und Holzwirtschaft, im Gartenbau, Tierhandel, der Jagd und in Bereichen mit tierischen und pflanzlichen Rohstoffen für Nichtlebensmittelzwecke einschließlich Lehr- und Versuchsanstalten sowie sonstigen Bereichen der Wissenschaft Frühsommermeningoenzephalitis-(FSME)-Virus
Fußnote:  Anhang IV Spalte 1 Buchst. b: IdF d. Art. 2 Nr. 9 Buchst. d V v. 18.10.1999 I 2059 mWv 1.1.2000