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Titelthema
Unterwegs mit der Hundestreife
NACHTS IM NEUENHEIMER FELD: REPORTER CHRISTIAN FICK BEGLEITET SICHERHEITS-
MITARBEITERIN GISELA FIALA UND HÜNDIN AMY AUF IHREN KONTROLLGÄNGEN
Z
ugegeben, ich habe panische Angst vor Hunden.
Umso mehr bin ich beruhigt, als Jürgen König,
Leiter der Abteilung Sicherheit und Ordnung,
mich bereits im Vorfeld meiner Reportage darauf
hinweist, dass „der Hund bereits gegessen hat, bevor
er zu seinem Dienst erscheint“. Der Hund heißt Amy
und ist eine fünfjährige Schäferhunde-Dame mit
schwarzemFell und dunklen Augen. Gemeinsammit
Frauchen Gisela Fiala, Fachkraft für Schutz und
Sicherheit, ist Amy eine von insgesamt zwei Hunde
streifen, die jede Nacht im Neuenheimer Feld nach
demRechten sehen und dabei eine Strecke von 15 bis
20 Kilometern zurücklegen.
Pünktlich zum vereinbarten Treffpunkt um 20 Uhr tau
chen Gisela Fiala und Amy zwischen den Hecken neben
demVersorgungszentrum (VZM) auf. Schon vonweitem
winke ich freundlich, um insbesondere dem Hund zu
signalisieren, dass ich zu denGuten gehöre. Dann stehen
wir uns gegenüber – die Hundeführerin in dunkler
Arbeitskleidung, Schirmmütze und festen, stabilen
Sicherheitsschuhen, ich weniger vorteilhaft gekleidet
mit Jeans und Sneakers – und schütteln uns die Hand.
Amy verfolgt das Szenario aufmerksam, gibt aber kei
nen Laut von sich. „Das ist aber ein lieber Hund“, sage
ich, um meine Angst etwas zu überspielen. „Aber nur
Ihnen gegenüber“, werde ich umgehend korrigiert, „Amy
hat bereits bemerkt, dass Sie keine Gefahr darstellen.
Sie dürfen ihr nur nicht in die Augen blicken, dann pas
siert auch nichts.“ Ob mich diese Aussage beruhigt…?
Eher nicht…
Jeder Flur, jede Tür und jeder Raum in
jedem Gebäude wird kontrolliert – nur
die Kliniken sind tabu.
Dann beginnt unser Rundgang. Erste Station ist das
Otto-Meyerhof-Zentrum (OMZ), das zuerst einmal
umrundet wird. Anschließend geht es in das Gebäude
hinein. Während wir in allen Stockwerken sämtliche
Türen kontrollieren, liegt Amy, die ihren Job in der Poli
zeihundeschule in Mainz von der Pike auf gelernt hat,
angebunden im Eingangsbereich. „Neben dem OMZ
kontrollierenwir jede Nacht auch zweimal das Nationale
Centrum für Tumorerkrankungen, das Ionenstrahl-
Therapiezentrum HIT, das Verwaltungsgebäude sowie
das VZM – und zwar jeden Flur, jede Tür und jeden
Raum“, erklärt mir Gisela Fiala. Gebäude mit Patienten
sind aus hygienischen Gründen tabu, die werden aller
dings sorgfältig umrundet und auf offene Türen oder
Fenster kontrolliert wie z.B. die Kopfklinik.
Dort ist alles ruhig – außer einem geöffneten Fenster im
Erdgeschoss und einemnur provisorisch verschlossenen
Notausgang („immer die Raucher“) gibt es „keinen
Befund.“ Ich möchte von der Hundeführerin wissen,
was sie in ihren fast zehn Jahren bei der KSG schon
erlebt hat. Das, was ich zu hören bekomme, beeindruckt
mich: Vor einigen Jahren ertappte die Sicherheitsfach
kraft in der Zahnerhaltung der Kopfklinik Einbrecher
auf frischer Tat. Und hinter dem VZM hinderte sie meh
rere Diebe daran, das komplette Leergut einer ganzen
Woche zu stehlen. „Die waren bereits mit einem LKW
vorgefahren und dabei, die gesamten Getränkekisten
einzuräumen“, erinnert sie sich. Höhepunkt war aber
der Brand in der Wäscherei des VZM im Jahr 2009
(siehe auch Seite 31): Hier war sie als einer der ersten
Helfer am Brandort und durchsuchte das Gebäude nach
möglichen Verletzten.
Hin und wieder stellt Amy ihre Nacken-
haare auf und spannt ihren muskulösen,
30 Kilogramm schweren Körper an.
Heute Abend entdecken wir weder einen Brand noch
einen Einbrecher, noch nicht einmal ein Feldhase
kreuzt unseren Weg. Bis zum Ende des ersten Kontroll
gangs, in dessen Verlauf alle Kliniken im Neuenheimer
Feld umrundet werden, bleibt Amy an der Leine, da noch
zu viele Menschen unterwegs sind. Hin und wieder
stellt sie ihre Nackenhaare auf und spannt ihren mus
kulösen, 30KilogrammschwerenKörper an, „umuns zu
warnen, dass etwas nicht stimmt.“ Es handelt sich aber
nur um vereinzelte Besucher oder Studenten aus den
Wohnheimen, die Amys Aufmerksamkeit erregen. Bellen
tut sie dabei kein einziges Mal. „Das soll sie auch nicht,
da sie dann die Patienten aufwecken würde“, klärt mich
Gisela Fiala auf, „sie bellt erst dann, wenn es sich auch
wirklich lohnt.“
Zusätzlich zu den Kontrollgängen in den Gebäuden und
rund umdie Kliniken bietenGisela Fiala und ihr Kollege
Peter Modrey auch einen Begleitservice für Mitarbeite
rinnen und Mitarbeiter sowie für Besucher an. Und für
imNachtdienst arbeitende Schwestern und Pfleger sind
die beiden Hundeführer bei der Suche nach vermissten
Patienten eine unschätzbare Hilfe. Selbst dann, wenn
man panische Angst vor Hunden hat…
–cf