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Die Humangenetik ist Bindeglied zwischen Klinik und Labor und zwischen
verschiedensten Fachdisziplinen. Die Leiterin der Genetischen Poliklinik
am Universitätsklinikum Heidelberg schätzt ihre Disziplin auch wegen der
medizinischen Breite – von der Diagnostik und Beratung bei angeborenen
Erkrankungen bis hin zu Leiden, die erst im Erwachsenenalter auftreten wie
z.B. Krebs.
An welcher Erkrankung leidet unser Kind? Ute Moog wird in ihrer Sprech-
stunde fast täglich von Eltern mit dieser Frage konfrontiert. Mehr als zwei
Jahrzehnte beschäftigt sich die Ärztin mit seltenen Erkrankungen, von denen
es in Deutschland mehr als 9.000 gibt; rund vier Millionen Menschen, so
Schätzungen, sind hierzulande betroffen. Nach Studium und Promotion in
Saarbrücken und Aachen sowie einer längeren Familienpause hat Ute Moog
in den Niederlanden ihre Ausbildung zur klinischen Genetikerin in Maast-
richt absolviert und eine zweite Dissertation (PhD) abgelegt. 2007 kam sie in
das Heidelberger Institut für Humangenetik, das von Professor Dr. Claus R.
Bartram geleitet wird.
Am Anfang und Ende steht das Gespräch mit den Eltern
In Heidelberg befasst sich Ute Moog insbesondere mit seltenen Erkrankun-
gen, die die geistige Entwicklung beeinträchtigen. Zusätzlich leiden die
betroffenen Kinder an weiteren genetisch bedingten Auffälligkeiten, die
sich z.B. im Bereich der Augen, Haut, Knochen oder verschiedener Organe
als „Syndrom“ äußern können. Der erste Besuch in der humangenetischen
Poliklinik ist deshalb meist Ausgangspunkt zahlreicher Untersuchungen in
Spezial-Sprechstunden der Kinder-, Augenklinik oder Orthopädie. Dazu kom-
men genetische Analysen und Stoffwechsel-Tests, die die Diagnose sichern
helfen. Die eingespielte Zusammenarbeit im Zentrum für Seltene Erkran-
kungen, wo Experten unterschiedlicher medizinischer Fachgebiete die Fälle
diskutieren, ist eine hervorragende Grundlage für die Beratung der Eltern. Am
Ende, wenn alle Befunde erhoben sind, bespricht Ute Moog die Ergebnisse
mit den Eltern: Gibt es eine Therapie? Wie kann dem Kind geholfen werden?
Und es wird über genetische Risiken und ggf. Pränatal-Diagnostik gesprochen,
um den Eltern eine Familienplanung zu ermöglichen.
Das Zentrum für
Seltene Erkrankungen
Seit 2011 hat das Universitätsklinikum
Heidelberg ein Zentrum für Selte-
ne Erkrankungen; Sprecher ist der
Geschäftsführende Direktor des Heidel-
berger Zentrums für Kinder und Jugend-
medizin, Professor Dr. Georg Hoffmann.
Die Frau des ehemaligen Bundespräsi-
denten Eva Luise Köhler, die sich seit
vielen Jahren für die Erforschung und
bessere Behandlung der rund 9.000
seltenen Erkrankungen einsetzt, weihte
im April das Zentrum ein und sprach
sich dafür aus, dass immer engere
Netzwerke den Betroffenen zu Gute
kommen. In Deutschland und weltweit
gibt es ein wachsendes Netzwerk von
Zentren für Seltene Erkrankungen, mit
unterschiedlichen Schwerpunkten, die
ihre Erfahrungen austauschen.
Das Heidelberger Zentrum hat zwölf
Schwerpunktzentren, die sich jeweils
klinisch und wissenschaftlich mit einer
Gruppe seltener Erkrankungen befas-
sen. Dazu gehören neben dem von Ute
Moog geleiteten Zentrum für Syndro-
male Entwicklungsstörungen u.a. das
Zentrum für angeborene Stoffwechsel-
erkrankungen – die Heidelberger
Kinderklinik ist hier weltweit führend
mit ihrem Screening-Programm – sowie
das Amyloidosezentrum. Die Amyloi-
dose ist eine erworbene Proteinstö-
rung, die schädliche Ablagerungen in
Organen zur Folge hat.
An welcher Erkrankung
leidet unser Kind?