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Aus der humangenetischen Forschung
Bei rund fünf Prozent der Kinder mit soge-
nanntem idiopathischen Kleinwuchs geht
die Erkrankung auf ein verändertes Gen
namens SHOX zurück. Die Erbanlage liegt
auf dem X- und Y Chromosom und ist für
das Längenwachstum der Knochen verant-
wortlich. Ist das SHOX-Gen mutiert, errei-
chen die Patienten nur eine Körperlänge
um bis zu 20 Prozent unterhalb der zu er-
wartenden Größe.
Neuere Untersuchungen der Wissenschaft-
ler um Professor Gudrun Rappold konnten
kürzlich zeigen, dass nicht allein das Gen
an sich, sondern auch dessen Regulatoren
(Enhancer) für die Krankheit ausschlagge-
bend sind. Die Regulatoren bestimmen,
wie häufig das SHOX-Gen abgeschrieben
und damit im Körper wirksam wird. In vie-
len Fällen reicht bereits ein veränderter
Regulator (Enhancerbereich) aus, um das
volle Krankheitsbild entstehen zu lassen.
Zu einer Leberzirrhose kommt es, wenn sich hochspezialisierte
Leber- in funktionslose Bindegewebszellen umwandeln. Häufige
Ursachen sind Leberentzündungen aufgrund von Virusbefall, Al-
koholmissbrauch oder Stoffwechseldefekte. Bei bis zu 20 Prozent
der Patienten konnte die Ursache bislang jedoch nicht ermittelt
werden.
Wissenschaftler der Abteilung Gastroenterologie des Universitäts-
klinikums und des Instituts für Humangenetik haben herausge-
funden, dass eine Mutation des sogenannten ABCB4-Gens dazu
führt, dass ein schützender Stoff im Gallensaft fehlt. Werden die
Leberzellen dem schädigenden Inhaltsstoff ausgesetzt, kommt es
zur Leberzirrhose. Die Erkrankung tritt auf, wenn das veränderte
Gen von Mutter und Vater weitergegeben wird. Damit könnten ein
Teil der Leberzirrhosen unbekannten Ursprungs erklärt und neue
Therapieansätze geschaffen werden.
Herz-Kreislauferkrankungen zählen zu den häufigsten Todesursa-
chen. Ein hoher Cholesterinspiegel im Blut ist einer der wich-
tigsten Risikofaktoren für Gefäßverkalkungen und vorzeitigen Tod
aufgrund verengter Herzkranzgefäße. Cholesterin ist gleichzeitig
auch ein wichtiger Bestandteil der Zellen. Die Höhe des Choleste-
rinspiegels wird darüber geregelt, dass die Zellen Cholesterin aus
dem Blut aufnehmen. Trotz detaillierter Kenntnisse über den Cho-
lesterinstoffwechsel waren die molekularen Abläufe der Regulati-
on bislang weitgehend unbekannt. Heidelberger Wissenschaftler
konnten gemeinsam mit Kollegen vom Europäischen Molekularbi-
ologischen Laboratorium 20 Gene identifizieren, die an der Auf-
nahme von Cholesterin in die Zelle beteiligt sind. Zwölf davon wa-
ren bislang gänzlich unbekannt. „Langfristig könnten unsere
Erkenntnisse dazu beitragen, zielgerichtete Therapien für Herz-
kreislauferkrankungen zu entwickeln“, erklärt Dr. Heiko Runz.
Warum unser Herz im Takt schlägt, hat
jüngst ein Wissenschaftlerteam um Profes-
sor Gudrun Rappold herausgefunden: Ein
Gen, das vor Jahrmillionen in den ersten
Wirbeltieren entstanden ist und sich seit-
her kaum verändert hat, sorgt beim Em-
bryo dafür, dass sich der Taktgeber des
Herzens – ein spezifischer Bereich mit
dem Namen „Sinusknoten“ – in der Wand
des rechten Herzvorhofs entwickelt. Die Er-
kenntnisse aus den Tiermodellen Maus
und Zebrafisch können dazu beitragen,
Herzrhythmusstörungen beim Menschen
besser zu verstehen und möglicherweise
neue Therapien gegen Rhythmusstörungen
zu entwickeln.
Die zusammen mit Kollegen der Medizi-
nischen Universitätsklinik Heidelberg
(Prof. Rottbauer) und des University Medi-
cal Center in Leiden, Niederlande (Prof.
Gittenberger de Groot) entwickelten Tier-
modelle sollen in Zukunft dabei helfen, die
molekularen Stoffwechselwege, die zur
Entwicklung eines gleichmäßigen Herz-
schlags führen, zu identifizieren.
Warum Kinder
nicht mehr
wachsen
Giftige Galle schädigt
Leber: neue Erbkrankheit
entdeckt
20 Gene regulieren den Cholesterinspiegel
Wie das Herz im Takt bleibt
Die Erbanlage liegt auf dem X (li.)- und Y Chromosom (re.) und
ist für das Längenwachstum der Knochen verantwortlich. Ist das
SHOX-Gen mutiert, erreichen die Patienten nur eine Körperlän-
ge um bis zu 20 Prozent unterhalb der zu erwartenden Größe.
Gewebeschnitt aus der zirrhotischen Leber eines Patienten mit ABCB4-Mutation.
Forschungsobjekt Zebrafisch: Die Erkenntnisse können dazu beitragen,
Herzrhythmusstörungen beim Menschen besser zu verstehen und mögli-
cherweise neue Therapien gegen Rhythmusstörungen zu entwickeln.
Zellbiologische Untersuchung zur Einordnung neuer
Gene in den zellulären Cholesterinhaushalt.