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Mit den durch enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC)-Bakterien ausge-lösten Infektionen im Mai und Juni waren überwiegend Kliniken in Norddeutsch-land konfrontiert. Alleine auf die Bundes-länder Schleswig-Holstein, Niedersach-sen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen

knapp 75 Prozent aller in schland registrierten ankheitsfälle. Aber auch am Universitätsklinikum Heidelberg ging die In-fektionswelle nicht spurlos vorbei: In der Medizinischen Klinik, Abteilung für Gastro-enterologie, behandel-ten Ärzte und Pfegende 13 EHEC-Verdachtspati-enten, die sich in Nord-eutschland infziert hat-davon sieben mit dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS). Bei einer Anfang Juni verstorbenen HUS-Patientin konnte der EHEC-Keim nicht nachgewiesen werden.

Für Professor Uta Merle, Geschäftsführen-de Oberärztin der Gastroenterologie und ärztliche Leiterin der Intensivstation, und ihre Mitarbeiter war die Behandlung der Patienten Neuland: „Wir hatten keine Er-fahrungswerte mit der Erkrankung und konnten weder Symptome noch Verlauf abschätzen.“ Besorgniserregend war vor allem die Zeit vom 27. Mai bis zum 3. Juni – hier wurden alleine zehn Patienten auf-genommen. Dank einer exzellenten Zu-sammenarbeit von Medizinern und Pfe-gepersonal und durch die enge Kooperation mit den Nierenspezialisten – Professor Dr. Vedat Schwenger, Leiten-der Oberarzt der Nephrologie und sein

Team behandelten die erkrankten HUS-Patienten mit Dialyse und Plasmapherese – wurde die schwierige Situation am Kli-nikum professionell gelöst. Ob die an HUS erkrankten Patienten bleibende Nieren-schäden davon tragen? Professor Franz Schaefer, Leiter der Sektion Pädiatrische Nephrologie, geht davon aus. „Wie viele Patienten genau das sein werden, lässt sich zu diesem frühen Zeitpunkt aber noch nicht sagen“, so der Nierenspezialist.

Wie erfolgreich war die Eculizumab-Therapie?

Auch die Frage nach der Wirksamkeit von Eculizumab – ein seit 2007 zugelassener Antikörper, der zur Therapie einer seltenen Blutkrankheit sowie einer angeborenen Form des HUS eingesetzt wird – kann noch nicht beantwortet werden. „Derzeit werden die Daten der etwa 350 behandelten Pati-enten ausgewertet“, weiß Schaefer, der maßgeblich daran beteiligt war, dass Ecu-lizumab in der aktuellen Situation über-haupt zum Einsatz kam. „Wir haben 2010 ein Mädchen in der Kinderklinik, das auf-grund einer EHEC-Infektion am HU-Syndrom erkrankt war, mit dem Antikörper behan-delt“, so Schaefer. Zuvor blieb der Aus-tausch des Blutplasmas bei dem an Nierenversagen und schweren neurolo-gischen Störungen leidenden Kind ohne Wirkung.

Das Ergebnis überraschte selbst die Medizi-ner: 24 Stunden nach der ersten Infusion, die im Abstand von sieben Tagen ein- bis zweimal wiederholt wurde, verbesserte sich der klinische Zustand dramatisch. Die Dia-lyse aufgrund des akuten Nierenversagens im Rahmen des HUS konnte beendet wer-den. Alle drei Kinder – behandelt wurde je-

weils auch ein Kind in Montreal und Paris – erholten sich und zeigten auch sechs Monate nach der Erkrankung keine Folge-schäden. „Unsere Arbeit lag seit Februar dem ‚New England Journal of Medicine‘ zur Prüfung vor – aufgrund der Epidemie in Deutschland haben sich die Herausgeber entschlossen, die Veröffentlichung zu be-schleunigen und sie nach Prüfung am 26. Mai online publiziert“, erklärt Schaefer.

Deutschlandweit registrierte das Robert-Koch-Institut vom 1. Mai bis zum 28. Juni 3.602 Erkrankungen (2.764 EHEC- und 838 HUS-Fälle). 68 Prozent der HUS-Patienten sind weiblich (EHEC: 59 Prozent), der Al-tersmedian beträgt 43 Jahre (EHEC: 47 Jah-re). Von den HUS-Fällen starben 30 (3,6 Prozent), von den Patienten mit EHEC-Gas-troenteritis 17 (0,6 Prozent). Mittlerweile scheint auch das Rätsel um den Ursprung des EHEC-Erregers O104:H4 gelöst: Die In-fektionen sollen durch verseuchte Bocks-hornkleesamen aus Ägypten verursacht worden sein. Dies teilten das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsi-cherheit, das Bundesinstitut für Risikobe-wertung und das Robert-Koch-Institut ge-meinsam mit. cf

EHEC in Heidelberg: Schwere Behandlung und kaum Erfahrung

Im Laufe der Infektionswelle wurden 13 Patienten stationär versorgt

EHEC-Infektion und HU-Syndrom wird auf der Intensivstation der Gastroenterologie mit Plasma-pherese behandelt.

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