Seite 27 - Klinik Ticker Ausgabe 01 Februar

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Patientenversorgung
und Forschung
Über Mund und Nase eine am Kopf fixierte
Maske, am Arm eine Blutdruckmanschet-
te, auf Brustkorb und Kopf, an Kinn- und
Beinmuskulatur Elektroden zur EEG-, EKG-
und EMG-Messung: Wer als Patient im
Schlafmedizinischen Labor eine Polysom-
nographie erhält, hat mit Sicherheit keine
angenehme Nachtruhe zu erwarten. Diese
aufwändige Untersuchung ist aber not-
wendig, um eine Erkrankung optimal be-
handeln zu können, an der etwa zwei bis
drei Prozent der erwachsenen Bevölkerung
leidet: Dem Schlafapnoe-Syndrom, bei
dem es während des Schlafs zu bis zu 60
Sekunden anhaltenden Atemstillständen
kommen kann.
„Schlafapnoe ist eine ernste Erkrankung,
da die Betroffenen in ihrer Lebensqualität
oft dramatisch eingeschränkt sind“, erklärt
Professor Dr. Felix Herth. Die Diagnose ist
zeitaufwändig: Neben einer ausführlichen
Anamnese und einer klinischen Untersu-
chung – dazu gehören die Aufzeichnung
von Atemströmung und -geräuschen, Sau-
erstoffsättigung, Herzfrequenz sowie die
Atembewegung des Brustkorbes und des
Abdomens – müssen die Betroffenen eine
Polygraphie über sich ergehen lassen. Da-
bei erhalten die Patienten ein Gerät mit
nach Hause, das die Atemaussetzer über
Nacht aufzeichnet. „Eine Schlafapnoe ist
wahrscheinlich, wenn in einem Zeitraum
von mindestens sechs Stunden im Durch-
schnitt pro Stunde mindestens zehn Ap-
noe-Phasen nachgewiesen werden“, so
Professor Herth. Die Phasen müssen län-
ger als zehn Sekunden dauern und mit
einem Abfall der Sauerstoffsättigung des
Blutes einhergehen. Bei einem positiven
Nachweis wird mit der Polysomnographie
die Notwendigkeit einer weiteren Behand-
lung abgeklärt. Oberarzt Dr. HeinrichWenz,
Leiter des Schlaflabors: „Bei der Untersu-
chung zeigen sich die Auswirkungen des
Sauerstoffmangels, der infolge der Atem-
pausen entsteht. Es kommt zu ständigen
Weckreaktionen mit einer Reduzierung der
Tief- und Traumschlafphasen.“
Für die meisten Patienten ist die nächtliche
Atemunterstützung mittels CPAP (Continuo-
us Positive Airway Pressure) die einzige
Therapie – das Gerät erzeugt einen Über-
druck, der den Verschluss des Rachens of-
fen hält und dadurch die Atemaussetzer
verhindert. In manchen Fällen kann die Er-
krankung auch durch die Beseitigung der
Grundursache geheilt werden. Aus diesem
Grund arbeitet das Zentrum für Schlafmedi-
zin eng mit den Kliniken für Mund-Zahn-
Kiefer-Chirurgie, Hals-Nasen-Ohren, Neuro-
logie oder Kardiologie zusammen.
cf
>> Hintergrund
Bei der
Schlafapnoe
– übersetzt bedeutet dies
„Atemstillstand im Schlaf“
– handelt
es sich um wiederholte Atemstillstände, die im Schlaf eintreten und bis 60 Sekunden
und länger dauern können. Betroffene klagen über mangelnde Erholung während des
Schlafs, ständige Müdigkeit tagsüber bis hin zum Sekundenschlaf, Konzentrationsstö-
rungen, Vergesslichkeit und Zerstreutheit bis hin zu Angstzuständen und Depressionen.
Bei der zentralen Schlafapnoe zeigt der Patient überhaupt keine Atmungsbemühungen.
Die Wahrscheinlichkeit, an dieser Form zu erkranken, nimmt mit steigendem Alter zu –
jeder Vierte der über 60-Jährigen leidet unter den meist als Folge von Herz-Kreislauf-Er-
krankungen auftretenden Atmungsstörungen. Sehr viel häufiger ist die obstruktive
Schlafapnoe, die durch einen vorübergehenden Verschluss des Rachens gekennzeich-
net ist und vor allem Männer höheren Alters – bis zu 60 Prozent der 65- bis 70-Jährigen
sind betroffen – plagt. Ursachen sind Übergewicht, familiäre Erbanlagen oder eine Ver-
engung der oberen Luftwege. Medikamente, Alkohol, Schlaf in Rückenlage, Schlafman-
gel oder stark wechselnde Schlafzeiten – z.B. bei Wechselschicht – forcieren die Erkran-
kung. In seltenen Fällen werden die Atemaussetzer durch eine andere Erkrankung – z.B.
eine Schilddrüsenunterfunktion – hervorgerufen.
cf
Schlafapnoe – mehr als nur lautes Schnarchen
Die endgültige Diagnose erfolgt im Zentrum für Schlafmedizin
Bei einer Polysomnographie zeigen
sich die Auswirkungen des Sauerstoff-
mangels, der infolge der nächtlichen
Atemaussetzer entsteht. Im Schlafla-
bor stehen insgesamt sechs solcher
Diagnose-Plätze zu Verfügung.