Die Ursprünge der Thoraxklinik gehen auf das
„Genesungsheim Rohrbach“ zurück. 1898 er-
warb der Verein für Genesungsfürsorge das
Rohrbacher Schlösschen mitsamt seinen Lie-
genschaften und gründete das Genesungs-
heim für „Rekonvaleszente und Erholungsbe-
dürftige der arbeitenden Klassen“. Es war das
erste seiner Art in Baden. Bereits im Jahres-
bericht von 1908 war die Rede von zahl-
reichen „Pfleglingen mit Lungenspitzaffekti-
onen und Tuberkelbakterien im
Auswurf“, also offener Tuberkulose.
Nach einem kurzen Intermezzo im
1. Weltkrieg als Reservelazarett wur-
de das ehemalige Genesungsheim 1920 von
der Hauptfürsorgestelle Karlsruhe übernom-
men und als Tuberkulosekrankenhaus für
Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene
weitergeführt. Leitender Arzt war Gustav Hack
(1920–1928). 1925 erwarb der Kreis Heidelberg das Haus und
öffnete es allen versicherten und nichtversicherten Tuberkulose-
kranken aus Nordbaden und der benachbarten Rheinpfalz.
Kollapstherapie der Lunge
als Mittel der Wahl
Anfangs noch mit schwerkranken und nicht mehr „Heilstätten-fä-
higen“ Patienten belegt, wurde das Krankenhaus später in zuneh-
mendem Maße für die Versicherungsträger als Vorbeobachtungs-
und Begutachtungsstelle, dann aber auch für spezielle
Heilverfahren herangezogen. Damit erschloss sich die Klinik im-
mer mehr dem Versichertenkreis und Bedürfnissen der Landesver-
sicherungsanstalt Baden, die das Haus 1929 übernahm. Ein Jahr
zuvor, 1928, wurde Albert Fraenkel leitender Arzt. Er, bis 1933 im
Amt, ging in die Geschichte der Medizin als Begründer der intrave-
nösen Gabe von Strophantin zur Therapie der Herzinsuffizienz ein.
Neben dem Krankenhaus Rohrbach leitete Fraenkel das Mittel-
standssanatorium Speyererhof. Sein Nachfolger Walter Schmidt
(1933–1938) hat zusammen mit seinen Schülern Ludwig Adelber-
ger (1939 – 1946), Ludwig Theiss (1946–1947) und Erwin Gaubatz
(1947–1972) wesentlichen Anteil an der wissenschaftlich fun-
dierten Kollapstherapie zur Behandlung der Lungentuberkulose.
Schmidt war Herausgeber des 1938 erschienenen Standardwerks:
„Hein, Kremer, Schmidt: Kollapstherapie der Lungentuberkulose“,
das seine Bedeutung über den 2. Weltkrieg hinaus bis ins erste
Jahrzehnt der Chemotherapie der Lungentuberkulose nicht verlie-
ren sollte. Die richtungsweisenden Kapitel behandeln Indikations-
stellung und Durchführung der Kollapstherapie. Ziel der
verschiedenen Verfahren – Pneumothorax-Anlage, extrapleurale
Pneumolyse, teilweise verbunden mit Plombierung, Thorakopla-
stik – war es, die Lunge ruhigzustellen, einen Kavernenschluss zu
erreichen und so eine Heilung einzuleiten. Die Kollapstherapie
war der natürliche Vorläufer der erst nach dem Krieg aufgekom-
menen Resektionen und Pneumonektomien.
Nach dem 2. Weltkrieg ändert
sich das Aufgabenspektrum
Mit der erfolgreichen Einführung der Chemotherapie zur Bekämp-
fung der Volksseuche Tuberkulose wandelte sich unter der Ägide
von Erwin Gaubatz (1947 – 1972) das Aufgabenspektrum des Kran-
kenhauses. Die Zahl der Tuberkuloseerkrankungen nahm ab, bös-
artige Neubildungen im Thoraxraum traten in den Vordergrund.
Die Neugewichtung hatte eine Umbenennung des Tuberkulose-
krankenhauses in „Krankenhaus Rohrbach-Thoraxchirurgische
Spezialklinik“ zur Folge. Auch weitere pneumologische Erkran-
kungen wie chronische obstruktive Bronchitis, Asthma, bronchi-
ale und interstitielle Lungenerkrankungen gewannen an Bedeu-
tung. BesondereVerdienste erwarb sichGaubatz in der Beurteilung
Geschichte der Thoraxklinik: Vom Tuberkulosekrankenhaus zu einer
der größten Lungenfachkliniken Europas
Für
„Pfleglinge mit
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TITELTHEMA
Die Thoraxklinik nach der
Erweiterung im Jahr 1937.