Gefährdungs- und Überlastungsanzeigen
Was ist eine Gefährdungs-/ Überlastungsanzeige?
Dies ist ein Mittel, das man als Arbeitnehmerin zur Verfügung hat, wenn man erkennen muss, dass man selbst - oder die Gruppe in der man arbeitet – ihre Arbeit nicht mehr richtig verrichten kann.
Das kann dann sein, wenn man erkennt, dass man von der Menge der zugeteilten Arbeit überfordert ist, oder die Arbeit nur noch so verrichten kann, dass Menschen gefährdet werden können.
Wann und warum soll ich eine solche Anzeige schreiben?
Wenn Ihr seht, dass entweder Ihr selbst oder Eure Kolleginnen überfordert werden (Mehrarbeit, Arbeitsverdichtung, hoher Krankenstand, falsche Planung).
Wichtig dabei ist, dass Ihr immer zuerst die Probleme mit Eurer Vorgesetzten besprecht! Ihr müsst ihr die Möglichkeit geben, die Situation zu ändern.
Erst wenn Ihr erkennt, dass Gespräche und Hinweise auf die Probleme nichts nützen, macht Ihr eine schriftliche Meldung.
Wer bekommt diese Anzeige?
Die geht an Eure Vorgesetzte, deren Vorgesetzte, die Geschäftsleitung, die Fachkraft für Arbeitssicherheit, den Betriebsarzt und an den Betriebsrat.
Am einfachsten für Euch ist, wenn ihr die Anzeige direkt an unsere Büroadresse INF 154 schickt, wir kopieren sie und senden sie an die oben genannten Stellen.
Macht Euch zuvor eine Kopie!
Bekomme ich Ärger, wenn ich eine solche Anzeige schreibe?
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Arbeitsschutzgesetz sind wir alle verpflichtet solche Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit sofort zu melden!
Wenn Ihr also schon versucht habt solche Mängel über Eure direkte Vorgesetzte abzustellen, dann bleibt Euch nur noch die schriftliche Meldung.
Selbstverständlich wird das nicht gerne gesehen, aber wenn Ihr wegen einer solchen Anzeige Probleme bekommt, braucht Ihr nichts zu befürchten, denn Ihr tut nur Eure Pflicht! Außerdem bekommen wir Eure Anzeige auch. Und Ihr wisst, dass wir Euch helfen können, auch dann, wenn Ihr meint wegen Eurer Anzeige Druck zu bekommen.
Können wir als Gruppe auch eine solche Anzeige schreiben?
Aber ja! Oft betreffen die Umstände ja mehr als eine Person, deshalb dürft Ihr Euch gerne zusammenschließen und die Mängel melden!
Was passiert, wenn ich/wir eine Überlastungsanzeige schreibe/n?
Die Anzeige wird von Eurer Vorgesetzten, deren Vorgesetzte, der Geschäftsleitung, der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt und dem Betriebsrat gelesen.
Uns ist wichtig dass Ihr dann rechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden könnt!
Hier Auszüge aus den Paragraphen als Information für Euch:
§ 242 BGB verpflichtet u. a. die Beschäftigten, ihre Arbeitsleistung so zu erbringen, „wie Treu und Glauben auf die Verkehrssitte es erfordern“.
Darum müssen die Beschäftigten ihren Vorgesetzten ohne Zögern Bescheid geben, wenn Arbeit unverrichtet oder mangelhaft liegen bleibt. Die Beschäftigten entgehen so auch der sonst möglichen „Arbeitnehmerhaftung“ wegen „Übernahmeverschulden“.
Arbeitsschutzgesetz
§ 16 Besondere Unterstützungspflichten
(1) Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.
(2) Die Beschäftigten haben gemeinsam mit dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit den Arbeitgeber darin zu unterstützen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten und seine Pflichten entsprechend den behördlichen Auflagen zu erfüllen. Unbeschadet ihrer Pflicht nach Absatz 1 sollen die Beschäftigten von ihnen festgestellte Gefahren für Sicherheit und Gesundheit und Mängel an den Schutzsystemen auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten nach § 22 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch mitteilen.
Kurz zusammengefasst
- Wenn Ihr mit Euren Vorgesetzten sprecht, weil Ihr einen Mangel oder eine Überlastung melden wollt, sprecht bitte alles an was schief läuft. Denn nur dann kann Eure Vorgesetzte auch reagieren.
- Nehmt eine Kollegin zu diesem Gespräch mit.
- Macht Euch Notizen, so dass Ihr auch zu einem späteren Zeitpunkt noch wisst was besprochen wurde.
- Sollte sich nach einer angemessenen Zeit noch immer nichts an dem Missstand geändert haben, dann schreibt Ihr eine Überlastungsanzeige.
- Wenn Ihr die Anzeige geschrieben und weitergeleitet habt seid Ihr rechtlich aus der Haftung, denn Ihr habt den/die Mängel angezeigt!
Beispiele
Frau A
Frau A arbeitet als Reinigungskraft in einer Intensivstation. Durch die langfristige Erkrankung einer Kollegin und weil gerade andere Kolleginnen in Urlaub oder selbst erkrankt sind, bekommt sie schon über Monate hinweg mehr Arbeit zugewiesen, wie sie schaffen kann.
Sie hat ihre Vorgesetzte schon oft gebeten für Abhilfe zu sorgen, die aber sagt, dass sie „kein Budget“ habe.
Frau A macht sich Sorgen, weil sie nur das Allernötigste in der knappen Zeit schaffen kann und befürchtet, dass sie nicht mehr hygienisch einwandfrei arbeiten kann.
Frau A schreibt eine Überlastungsanzeige.
Herr B
Herr B arbeitet im Hausdienst. Durch die langfristige Erkrankung eines Kollegen und weil gerade andere Kollegen in Urlaub und selbst erkrankt sind, bekommt er schon über Monate hinweg mehr Arbeit zugewiesen, wie er schaffen kann.
Er befürchtet, Aufträge zu vergessen und hatte wegen der knapp bemessenen Zeit bereits zwei Arbeitsunfälle.
Ein Gespräch mit seinem Vorarbeiterin in dem er seine Befürchtungen äußerte, war leider ohne Erfolg geblieben.
Herr B schreibt eine Überlastungsanzeige.
Frau C
Frau C arbeitet in der Spülküche. Durch ständigen Druck der Vorgesetzten müssen ihre Kolleginnen und sie selbst ihre Arbeit immer schneller verrichten.
Außerdem werden die Kolleginnen und sie selbst immer wieder zu anderen Aufgaben herangezogen.
Die Kollegin spricht mehrmals mit ihrer Vorgesetzten, weil sie die schlechte Situation nicht mehr aushält. Die Vorgesetzte hat Verständnis, aber trotzdem ändert sich nichts.
Frau C schreibt eine Überlastungsanzeige.
Frau D
Frau D arbeitet an der Pforte. Durch Umbaumaßnahmen im Hause wird ihnen aufgetragen ab sofort die ambulanten Aufnahmen, Notaufnahmen, Verlegungen und viele patientenbezogenen Verwaltungsaufgaben zu übernehmen. Die Kollegen, die vor ihr ihren Dienst beenden, müssen ihr mitteilen, dass der Kollege der mit ihr heute arbeiten sollte sich krank gemeldet hat.
Frau D hatte noch nie eine Einweisung und befürchtet, dass sie Fehler macht. Da sie heute außerdem noch den ganzen Pfortendienst alleine versehen muß befürchtet sie, wichtige Aufträge und Telefonate zu vergessen bzw. erst gar nicht bearbeiten zu können.
Sie spricht mit ihrer Vorgesetzten, da dies nicht das erste Mal ist, dass diese Situation eintritt und sie bereits zuvor Lösungsvorschläge mit ihr besprochen hatte.
Die Vorgesetzte wimmelt sie mit dem Hinweis „dass doch das letzte Mal auch alles gut gegangen sei“ ab, und sagt ihr, dass sie jetzt keine Zeit für sie habe.
Frau D schreibt eine Überlastungsanzeige.
Frau F
Frau F arbeitet in einer Cafeteria. Zur Zeit hat sie große private Probleme. Ihr Kind ist schwer erkrankt und Ihr Mann ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und will sich scheiden lassen. Da sie diese Probleme hat ist sie manchmal unkonzentriert und macht kleinere Fehler. Sie möchte aber nicht auffallen und andere mit ihren privaten Problemen belästigen.
Wegen der Renovierung einer Cafeteria in der Nähe haben alle Kolleginnen bereits längere Zeit viel mehr Kundschaft wie sonst und kommen kaum noch mit der Arbeit hinterher.
Einmal hatte Frau F gehört wie eine andere Kollegin der Vorarbeiterin ihr Leid klagte, dass die Arbeit kaum noch zu schaffen sei. Und zudem stehe die Urlaubszeit vor der Tür!
Sie spricht ihre Kolleginnen auf das Gespräch an, erfährt, dass sich fast alle schon beschwert haben und gemeinsam schreiben sie eine Überlastungsanzeige.
Frau X
Frau X arbeitet in der Sterilisation. Durch eine gestiegene Anzahl von Operationen sowie krankheits- und urlaubsbedingter Ausfälle hat sie in ihrer Abteilung schon über längere Zeit mit Mehrarbeit und Arbeitsverdichtung zu kämpfen, besonders wenn sie auf der unreinen Seite eingesetzt wird.
Durch den gestiegenen Druck fürchtet Frau X Fehler beim Aufbereiten, Abräumen der mehrstöckigen RDG - Wagen und Verteilung der Instrumente auf die Abteilungstische, und Packen der Instrumente selbst zu machen. Des Weiteren muss sie Aufgaben die sie zusätzlich ausführt, wie die Kontrolle des Warenlagers bereits längere Zeit aufschieben.
Sie hatte diese Umstände bereits mehrfach bei ihrer Bereichsleiterin angemahnt und auch bei dem Gespräch über ihre Leistungszulage angesprochen.
Frau X schreibt zusammen mit den Kolleginnen in der Abteilung eine Überlastungsanzeige.