Phytomedizin – Traditionelles Wissen modern genutzt
Senföle in Meerrettich und Kapuzinerkresse sind bei leichten Infekten so wirksam wie Antibiotika
Die Wirksamkeit von Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus L.) und Meerrettich (Armoracia rusticana) bei erhöhter Infektanfälligkeit der Harn- und Atemwege beruht auf verschiedenen Wirkmechanismen: zum einen eine direkte antibakterielle, antivirale und fungistatische Wirkung durch Glucosinolate, die Isothiocyanate (Senföle) freisetzen. Die Senföle werden bereits im Dünndarm vollständig resorbiert, sodass bislang weder eine Resistenzbildung noch eine Schädigung der körpereigenen Darmflora beobachtet wurde. Darüber hinaus werden bakterielle Toxine in ihrer Synthese gehemmt oder inaktiviert, sowie der menschliche Organismus durch unspezifische Reizwirkung in seiner Immunabwehr allgemein gestärkt.
PD Dr. Uwe Frank, leitender Oberarzt am Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene, stellte eine Studie zur antibakteriellen Wirkung von Angocin® Anti-Infekt N bei 13 klinisch relevanten Bakterienspezies vor, die Infektionen der ableitenden Harnwege bzw. des Respirationstraktes verursachen. „Ziel war es, zu überprüfen, ob die in Studien der 50er und 60er Jahre postulierten antibakteriellen Eigenschaften der Senföle reproduzierbar sind und ob die Kombination von Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel im Vergleich zu den früher getrennt untersuchten Drogen zu einem erweiterten Wirkspektrum führt“, erläuterte Frank. Auswertungen der Studie ergaben, dass Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich je nach Wirkstoffkonzentration ausgeprägte antibakterielle Wirkung sowohl bei grampositiven als auch gramnegativen Spezies aufweisen.
Neben der antibakteriellen Wirksamkeit werden jedoch auch Viren wie z.B. die Bronchtitis-auslösenden Rhinoviren sowie Pilze gehemmt, so Prof. Dr. Karl Friedrich Klippel, Chefarzt der Klinik für Urologie am Allgemeinen Krankenhaus in Celle. In einer randomisierten Doppelblindstudie mit Angocin®Anti-Infekt N (200mg Kapuzinerkressenkraut, 80mg Meerrettichwurzel) mit über 1.000 Patienten, die an Sinusitis, Bronchitis oder Harnwegsinfekten erkrankt waren, zeigte sich eine äquivalente Wirksamkeit gegenüber Antibiotika ohne wesentliche Nebenwirkung. Die Erzeugung von Resistenzen bzw. multiresistenten Keimen, so Klippel, sei im Gegensatz zu Antibiotika nicht zu befürchten, zudem sei die Therapie kostengünstiger.
Wirkspektrum der Senföle (Isothiocyanate)
(Phenylethyl- und Allylsenföl im Merrettich sowie Benzylsenföl in der Kapuzinerkresse):
bakteriostatisch/
bakteriozid (hochdosiert)
Staphylokokken, Streptokokken,
Enterokokken, Acinetobacter, E. coli,
Proteus, Enterobacter, H. influenzae
virostatisch
Rhinoviren, Influenza,
Newcastle
antimykotisch
Candida, Schimmelpilze Patienten mit Sinusitis, Bronchitis oder leichten Harnwegsinfekten (d.h. ohne Beteiligung der oberen Harnwege oder der Niere) profitieren von der pflanzlichen Medikation, weil die Beschwerden zuverlässig abklingen. Hausärzte könnten gerade bei immer wieder auftretenden leichten Infekten ihre Patienten ebensogut mit Phytomedizin wie Senfölen behandeln. Dies würde auch der explosiven Resistenzentwicklung durch viel zu häufig verschriebene Antibiotika entgegenwirken und sicherstellen, dass diese bei wirklich schwerwiegenden Infekten überhaupt noch eingesetzt werden können.
Dass möglicherweise noch mehr Potenzial in den Pflanzen steckt, soll jetzt in weiteren Studien gezeigt werden: „Epidemiologische Studien belegen darüber hinaus, dass Senföle bzw. deren Derivate möglicherweise auch zur Risikominderung von Krebs beitragen können, insbesondere in der Lungen- und Blasenkrebs-Prävention”, beschloss Klippel seinen Vortrag.
Quelle: “Phytomedizin: Traditionelles Wissen modern genutzt”, 6. Juli 2005, Kloster Kamp, Kamp-Lintfort; Repha