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Titelthema
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Ein Herz für Ellen
W
eil ihres nicht mehr schlagen will, braucht sie ein neues. Dann bekommt sie eines, das sie gar nicht will. Und alles
fängt von neuem an. Dies ist die Geschichte einer Organtransplantation am UniversitätsklinikumHeidelberg. Es er-
zählen: die Patientin, ihr Mann, ihre Kinder. Der Fahrer des Rettungswagens. Die Piloten, die das Spenderherz flie-
gen. Die Pfleger, Ärzte und Techniker des Klinikums. 19Menschen und ein langer Kampf.
Protokolle: Markus Collalti. Fotos: Frank Röth
Ellen, Patientin, 42 Jahre alt, aus der Nähe von
Karlsruhe:
Eine Herzschwäche hatte ich schon seit Jahren, musste
Medikamente nehmen. Dann aber, imApril 2011, wurde
ich von Tag zu Tag schwächer und ging zurück nach Hei-
delberg in die Uniklinik, um mich für eine Herztrans-
plantation listen zu lassen. Doch die Ärzte wollten mich
gleich ganz dabehalten. Das gingmir aber zu schnell. Ich
wollte bei meinen Kindern auf ein neues Herz warten.
Prof. Dr. Arjang Ruhparwar, Bereichsleiter
Herztransplantation und Unterstützungssysteme
der Chirurgie:
Patienten, die von der Stiftung Eurotransplant als „hoch
dringlich“ angenommen wurden, müssen am Monitor
überwacht werden und die kreislaufstabilisierenden
Medikamente intravenös verabreicht bekommen. Des-
wegen kannman auf dieser Dringlichkeitsstufe nicht zu
Hause auf ein Spenderherz warten, sondern verbringt
die Wartezeit im Krankenhaus. 80 bis 90 Prozent aller
Spenderherzen gehen an Patienten auf der Hochdring-
lichkeitsliste. Das heißt, nur wenige Patienten von der
normalen Liste bekommen überhaupt eines.
Ellen:
Ichwar erst mal auf der normalen Liste. Ich hatte
darauf bestanden, entlassen zu werden; man gab mir
eine Reihe von Checks mit, die ich in der Zeit zu Hause
abarbeiten sollte. Ich wurde zu Ärzten geschickt, um
von ihnen ein Okay für die Transplantation zu erhalten.
Zum Kardiologen, zum HNO-, Frauen- und Augenarzt,
zum Nephrologen. Eigentlich zu allen. In der Zeit zu
Hause habe ich auch mein Testament aufgesetzt, eine
Patienten- und Betreuungsverfügung hinterlegt.
Prof. Ruhparwar:
Wenn es zur Transplantation kommt,
schwächen wir das Immunsystem bewusst, um zu ver-
hindern, dass das neue Organ abgestoßen wird. Deshalb
müssen wir jeden Infektionsherd ausschließen, der zum
Risiko würde.
Prof. Dr. Hugo Katus, Ärztlicher Direktor der
Kardiologie:
Wir sahen, dass es ratsamwar, Ellen für eine Herztrans-
plantation zu listen. Und zwar als „hochdringlich“. Die
Verschlechterung war deutlich, und sie hatte nicht mehr
viel Reserve.
Links: Prof. Dr. Hugo
Katus, Ärztlicher
Direktor der
Kardiologie, Uniklinik
Heidelberg
Rechts: Prof. Dr.
Arjang Ruhparwar,
Bereichsleiter
Herztransplantation
DIE GESCHICHTE EINER HERZTRANSPLANTATION IN HEIDELBERG