Seite 164 - Jahresbericht 2010-2011 Chirurgische Klinik

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Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Pankreaskarzinom experimentell und translational
Ein Forschungsschwerpunkt in der experimentellen und
translationalen Forschung besteht in Mechanismen der
Karzinogenese und Tumorprogression des Pankreas-
karzinoms.
- Epidemiologische Daten zeigen, dass das Risiko für
ein Pankreaskarzinom bei Adipositas und Vorliegen
eines Diabetes mellitus erhöht ist. Die molekularen
Grundlagen für diesen Zusammenhang sind gänzlich
unbekannt. Wir untersuchen daher an humanen Pan-
kreasgeweben und im transgenen Pankreaskarzinom-
modellen an der Maus, ob und wie die Karzinogenese
bei Diabetes (STZ-induziert) und bei Adipositas (High
Fat Diät) beschleunigt abläuft. Es konnten bereits meh-
rere transkriptionelle Kofaktoren identifiziert werden,
die im Rahmen einer Adipositas im Pankreas und im
Tumorgewebe hochreguliert sind und Prokarzinogene
Signalwege und Proliferation kontrollieren und so eine
molekulare Verbindung zwischen Metabolismus und
Karzinogenese herstellen (PD Strobel, Kooperations-
partner: Dr. Stefan Herzig, Molecular metabolic Control,
DKFZ Heidelberg).
- Dem Rezeptor for Advanced Glycation Endproducts
(RAGE) wird eine wichtige Rolle bei der Karzinoge-
nese in der Haut und Lunge zugeschrieben. In einem
weiteren Projekt wird die Rolle von RAGE in der Kar-
zinogenese des Pankreaskarzinoms bei normaler
Stoffwechsellage und bei Vorliegen eines Diabetes/
metabolischen Syndroms untersucht. Der tierexperi-
mentelle Teil der Studie findet unter Verwendung von
RAGE-Knockout Mäusen statt (PD Strobel, Koopera-
tionspartner: Prof. Bierhaus & Prof. Nawroth, Medizi-
nische Universitätsklinik, Heidelberg)
- Ein weiteres Schwerpunkt-Thema stellt die Rolle der
Mikroumgebung im Pankreaskarzinom dar. Für die
Biologie des Pankreaskarzinoms ist eine stark ausge-
prägte Stromareaktion (Desmoplasie) von zentraler
Bedeutung. Bei der Entwicklung der Desmoplasie wird
den Pankreatischen Sternzellen (PSC) eine wichtige
Bedeutung zugemessen. In mehreren Projekten unter-
suchen wird die Bedeutung des Vorliegens der für die
Hedgehog-Signalvermittlung verantwortlichen Primären
Zilien bei der Kommunikation zwischen Tumorepithel
und Tumorstroma, speziell PSC. Außerdem haben wir
eine neue Methodik zur Isolation primärer PSC entwi-
ckelt und konnten zeigen, dass PSC aus normalem und
chronisch entzündeten Pankreas und Pankreaskarzi-
nom unterschiedliche molekulare Signaturen haben.
- Spezif ische Kandidatengene werden auf Ihre Rele-
vanz im Pankreaskarzinom und im Hinblick auf ihre
potentielle Rolle als therapeutische Targets unter-
sucht. So überprüfen wir unter anderem die Rolle des
Tumorsupressorgens CYLD und BCL3. Für Semaphorin
4D und seine Rezeptoren CD 72/Plexin-B1 konnte ge-
zeigt werden, dass Semaphorin im Pankreaskarzinom
überexprimier t wird, und die Rezeptoren perineural
und in Entzündungszellen hochreguliert sind. Ebenso
werden Primär- und Rezidivtumoren auf genetische Un-
terschiede (p53, p21, MAP4KA, SMAD4, DKK3, hENT1,
ki-67) und mögliche Chemotherapiesensibilität unter-
sucht.
- Die Wechselwirkungen zwischen Apoptose, Nekrose
und Autophagie wurden bzgl. der Therapieresistenz
von Pankreaskarzinomen untersucht, und hier insbe-
sondere bei neoadjuvant behandelten Patienten. Zell-
tod und zellschützende Wechselwirkungen sowie deren
Einfluss auf die Therapieprognose konnten identifiziert
werden (Naumann P., Fortunato F. et al. International
Journal of Oncology 2011).
- Die Rolle von antimikrobiellen Peptiden, sogenannte
Defensine, bei der Entstehung des Pankreaskarzinoms
und deren Zusammenhang mit der chronischen Pankre-
atitis ist bisher unklar. Defensine tragen zur angebore-
nen Immunabwehr sowie zur Regeneration von Epithel-
zellen bei, werden aber auch mit der Entstehung einiger
Tumoren auf dem Boden chronischer Entzündungen in
Verbindung gebracht. Wir konnten zeigen, dass Defen-
sin alpha 1, 2, 3 und 5 (DEFA1-5) im malignen duktalen
Pankreasepithel akkumuliert, während Defensin beta
1 (DEFB1) im gesunden duktalen Pankreasepithel ver-
mehrt nachweisbar ist. Mittels Massenspektrometrie
zeigte sich eine erhöhte Expression von DEFA1 sowohl
in der chronischen Pankreatitis als auch im Pankreas-
karzinom. Zusammen mit den Ergebnissen von in-vitro
Analysen kann deshalb gefolger t werden, dass De-
fensine eine wichtige Rolle in der Karzinogenese des
Pankreaskarzinoms spielen, möglicherweise getriggert
durch entzündliche Stimuli wie in der chronischen Pan-
kreatitis (Pausch T. und Prof. W. Hartwig).
- Zur Diagnose des Pankreaskarzinoms in einem frühen
Krankheitsstadium müssen neue Möglichkeiten der
Früherkennung entwickelt werden. Hierzu werden Unter-
suchungen zur Identifizierung spezifischer Proteinmarker
bzw. Biomarker-Muster durchgeführt, die eine genaue
Zuordnung und Abgrenzung der häufigsten Pankrea-
serkrankungen ermöglichen. Mit Hilfe neuer prä-ana-
lytischer Verfahren ist es uns gelungen, die komplexen
Proteingemische reproduzierbar aufzutrennen und als
Schnelldurchfluss-Verfahren zu entwickeln (Fakelman,
Felix, et al., Arch Physiol Biochem 2010). Anschlies-
sende massenspektrometrische Analysen führten zur
Identifizierung neuer Biomarker. Bei kachektischen Pan-
kreaskarzinom Patienten wurden Zink-alpha-2-glycopro-