Seite 197 - Jahresbericht 2010-2011 Chirurgische Klinik

Basic HTML-Version

197
Jahresbericht 2010 – 2011
Wir konnten für einen weiteren Tumorstammzellmarker
EpCAM insbesondere bei kolorektalen Tumoren eine
funktionelle Beteiligung nachweisen. Unsere Befunde
zeigen, dass dies weniger auf genuine Fähigkeiten von
EpCAM als vielmehr auf die Assoziation von EpCAM mit
Claudin-7 zurückzuführen ist. Wir untersuchen z.Zt. die
über den EpCAM-cld7 Komplex initiier te Signaltrans-
duktion und haben Hinweise auf eine zentrale Beteili-
gung des Tumorsuppressors Pten.
C4.4A ist ein weiterer Marker, der auf metastasierenden
Karzinomen überexprimiert wird. Das von uns erstmals
beim Pankreaskarzinom beschriebene Molekül wurde
inzwischen von mehreren Gruppen als Metastasierungs-
assoziiert beim Kolon-,Lungen- und Oesophagus-Karzi-
nom beschrieben. Das Funktions-prinzip dieses uPAR-
ähnlichen Moleküls, das an Laminin 5 bindet, war bis
vor kurzem unbekannt. Wir haben jetzt Hinweise, dass
C4.4A mit
α
6ß4, einem weiteren Laminin 5 Liganden und
mit der membranständigen Metalloproteinase MMP14
assoziiert. Bei entsprechenden Aktivierungssignalen
kommt es zum fokalisierten Abbau von Laminin 5, wo-
durch die Motilität der Tumorzelle gesteigert wird.
Das Tetraspanin Tspan8 ist neben CD151 eines der
beiden Tetraspanine, die Metastasierung fördern. Wir
hatten ursprünglich beobachtet, dass Tspan8 syste-
mische Angiogenese und disseminierte intravaskuläre
Thrombosen induziert, ein Befund der bei Patienten mit
Pankreaskarzinom vergleichsweise häufig beobachtet
wird. Bei der Klärung des systemischen Wirkprinzips
sind wir erstmals mit der Effektivität von Exosomen bei
interzellulärer Kommunikation konfrontiert worden. In-
zwischen ist bekannt, dass Exosomen, kleine von vie-
len Zellen des Organismus freigesetzte Vesikel, die mit
ihren Zielzellen verschmelzen, neben Proteinen funk-
tionell aktive mRNA und MikroRNA transferieren, die
die Zielzelle erheblich beeinflussen. Exosome werden
daher u.a. als zukünf tige Methode der Wahl für Gen-
transfer diskutiert.
Wir haben dies speziell im Kontext der Bereitstellung
einer prämetastatischen Nische untersucht und konn-
ten zeigen, dass es in der Tat Exosomen sind, die das
noch Metastasen-freie Organ vorbereiten. Wir konn-
ten darüber hinaus belegen, dass die über Exosomen
transferierte MikroRNA massgeblich für die Reprogram-
mierung der Stammzellen im Metastasen-zielorgan ist.
Ein bisher kaum beachteter Aspekt der Exosomenakti-
vität, die Modulation der extrazellulären Matrix, stellt
z.Zt. einen Schwerpunkt unserer laufenden Untersu-
chungen.
Speziell im Hinblick auf den viel diskutierten therapeu-
tischen Einsatz von Exosomen erschien uns die Klärung
einer weitern Frage wesentlich. Welche Parameter der
Exosomen sind für die selektive Interaktion mit Ziel-
zellen verantwortlich. Unserer Arbeiten belegen, dass
Tetraspaninen hierbei eine zentrale Rolle zukommt.
Tetraspanine gehören zu den Molekülen, die auf Exo-
somen angereichert sind und eine konstitutive Kompo-
nente von Exosomen darstellen. Dies lässt sich durch
die Internalisierung von Tetraspaninen und assoziier-
ten Molekülen erklären, die auch für den intrazellulären
Transport der Vesikel verantwortlich sind. Unsere Ar-
beiten zeigen, dass Tetraspanin-assoziierte Moleküle
für die feste Bindung der Exosomen an Zielzellen benö-
tigt werden, und dass auf Seiten der Zielzelle die ent-
sprechenden Liganden im Membranbereich lokalisiert
sein müssen, die ebenfalls internalisiert werden kön-
nen. Die beteiligten Tetraspaninnetze ebenso wie die
Liganden variieren mit der Exosomendonorzelle und
der Zielzelle.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen erlauben es
nun, maßgeschneider te Exosomen herzustellen, die
„Therapeutika“ nur in selektive Zielzellen transpor-
tieren.
Eines der ersten Einsatzgebiete von Exosomen war die
Immuntherapie, da Exosomen von Antigen-präsen-
tierenden Zellen eine eff iziente Immunantwor t indu-
zieren können. Erste hohe Erwartungen wurden durch
Berichte gedämpft, dass Tumorexosomen kompetitiv
wirken können und Immunsuppression auslösen. Wir
haben dies im Rattenmodell überprüft und konnten zei-
gen, wie ein potentiell immun-suppressiver Effekt von
Tumorexosomen umgangen werden kann, so dass Tu-
morexosomen als potentes Immunogen wirken können.
Diese in vitro Studien bedürfen der in vivo Überprüfung
im Tiermodell ehe ein möglicher klinischer Einsatz dis-
kutiert werden kann.
Unsere Arbeiten werden zur Zeit durch die Deutsche
Forschungsgemeinschaft, die Deutsche Krebshilfe, die
Wilhelm-Sander Stiftung und das NCT unterstützt.