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Giraffe, Pandabärin
und zwei Erdmännchen
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twas ungelenk, von Stützstrümpfen getragen, steht die sieben Meter hohe Giraffe
auf dem Zwischendach über der Cafeteria der neuen Frauen- und Hautklinik und
blickt gegen Süden: Es handelt sich nicht um einen Ausreißer aus dem benachbar
ten Zoo, sondern um eine Skulptur aus Bronze. „Sie träumt von einer Rückkehr in die Sa
vanne – grasen und frei sein“, erklärt die britische Künstlerin Laura Ford, die drei weitere
Bronzeskulpturen für die Frauen- und Hautklinik geschaffen hat: eine überlebensgroße
Pandabärin, die ihr Junges in den Armen hält, und zwei Erdmännchen, die Handtaschen
imStil vonMargaret Thatcher tragen.
„Die Tierfiguren sind ernst, aber auch
voller Humor – verletzlich, aber auch
voller Hoffnung.“
Mit ihrer Kunst möchte die Bildhauerin Kinder und
Erwachsene gleichermaßen ansprechen: Jeder Besucher
der Frauen- und Hautklinik sieht die Kunstwerke: „An
der Giraffe führt kein Weg vorbei“, schmunzelt der Lei
ter des Universitätsbauamts Rolf Stroux. Die Patienten
der Kinderklinik haben ebenfalls Blick auf das lang
beinige Tier.
„Kunst am Bau“ geht auf die im
Rahmender 1955 vonder Landes
regierung Baden-Württemberg
beschlossenen Förderung der
Kunst bei staatlichen Baumaß
nahmen zurück
Mit maximal 1 Prozent der Bau
summewerden zeitgenössische
Künstler unterstützt
SiezierenFinanzämter,Kliniken,
Polizeigebäuden, Universitäten
oder Justizvollzugsanstalten
Der Kunstkommission des
Wettbewerbs gehören Vertre
ter der Bauverwaltung, Archi
tekten, Kunsthistorikern und
freien Künstlern sowie Nutzer
der Gebäude an
464 Kunstwerke gibt es in den
GebäudendesKlinikums, davon
450 Grafiken und Bilder
Künstler aus dem In- und Ausland durchgesetzt. Das
Votum der Kunstkommission fiel einstimmig aus. Die
Skulpturen wurden vom Land Baden-Württemberg mit
215.000 Euro gefördert.
Die Pandabärin – sie trägt übrigens echte Turnschuhe
des britischen Kaufhaus John Lewis – hält ein Junges
im Arm und verkörpert den Moment nach der Geburt.
„Glücklich, aber auch sehr verletzlich und irgendwie
außerhalb ihrer selbst“. Die Bärin steht passenderweise
im Innenhof beimKreißsaal.
Und die Erdmännchenmit denHandtaschen? Sie recken
ihre Hälse neugierig auf dem Vordach des „Raum der
Stille“, der den Patientinnen und ihren Besuchern eine
Möglichkeit zumRückzug bietet. Dort man kann „abtau
chen“ wie die Erdmännchen, die gern in ihrem Bau
verschwinden. Ihre Handtaschen – die Erdmännchen
halten sie schützend vor ihren Körper – symbolisieren
nach Aussage von Laura Ford OP-Hemden: vorne
geschlossen, hinten offen und gerade genug Stoff um die
eigene Nacktheit zu bedecken.
–Siri Moewes
Vier Bronzeskulpturen der britischen Künstlerin Laura Ford
laden im Innenhof zum Nachdenken, Lachen und Verweilen ein
Info
Laura Ford ist eine der wichtigsten zeitgenössischen
Bildhauerinnen Großbritanniens. Die 1961 in Wales
geborene, in London lebende Künstlerin hat ihre Werke
u.a. in der Londoner Tate Gallery und im Museum of
Modern Art in New York ausgestellt. Mit ihren Arbeiten
hat sie sich beimWettbewerb „Kunst amBau“ gegen 168
Die britische Künst-
lerin Laura Ford mit
einer ihrer Skulpturen
– der überlebensgro-
ßen Pandabärin, die
ihr Junges in den
Armen hält
Fotos: Philipp Rothe