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Feuilleton
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„Meine Bilder vermitteln die
Faszination der Wissenschaft“
Die phantastischen Science-and-Art-Werke von Martin Oeggerli sind im
Pathologischen Institut zu besichtigen
1 – Der Prozess der
Blutgerinnung in drei
Momentaufnahmen
festgehalten
©Martin Oeggerli
2 – Die Ausstellung
findet dauerhaft im
Pathologischen Insti-
tut des Uniklinikums
Heidelberg statt
3 – Der Künstler
Martin Oeggerli
KlinikTicker:
Wie entstehen Ihre Bilder?
Oeggerli:
Ich untersuche eine vorbereitete Probe mit
demRasterelektronenmikroskop. DasMikroskop tastet
die Probe exakt ab und kann bis zu 500.000fach vergrö
ßern. Zunächst entsteht ein Schwarz-Weiß-Bild. Aber
als Wissenschaftler weiß ich, dass Schwarz und Weiß
die Realität nicht abbildet. Und als Künstler möchte ich,
dass meine Bilder attraktiv sind. Deshalb koloriere ich
sie amComputer. Dabei orientiere ichmichmöglichst an
der Wirklichkeit, vieles ist aber auch Vermutung und In
tuition. Bis einBild fertig ist, dauert es 20 bis 60 Stunden.
K:
Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Motive aus?
Oe:
Das ist ganz unterschiedlich. Teilweise bereite ich
die Proben selber vor, teilweise kontaktiere ich Spezia
listen. Oder Leute schickenmir das Material zu. Aber es
gibt auch Zufälle – beispielsweise habe ich im Garten
meiner Eltern ein Gelege von Insekteneiern gefunden.
Ich habe mich dann ein bisschen eingelesen und gedacht,
es seienSchmetterlingseier –aber eswarenStinkwanzen
eier. Vom Business her war das natürlich die schlecht
möglichste Kombination (lacht), wer möchte sich schon
Stinkwanzeneier zu Hause aufhängen!?
M
artinOeggerli istSchweizer,KünstlerundWissenschaftler.UnterdemKünstlernamen„DerMicronaut“
wurde er international bekannt. SeineReisen indenMikrokosmos entstanden imRaster-Elektronen-
Mikroskop, undwurdenu. a. im„National Geographic“ abgedruckt. Heute arbeitet Oeggerli alsKrebs
forscher an der Universität Basel. Seit April 2013 sind seine Kunstwerke im Pathologischen Institut dauer
haft ausgestellt. Der KlinikTicker sprachmit ihmanlässlich der Vernissage seiner Bilder.
K:
Denken Sie, dass ihre Fotographie
der Forschung nützt?
Oe:
Für dieForschung bräuchtemannicht so vieleFarben:
Um zu dokumentieren wie groß ein bestimmtes Ei ist
oder wie etwas nach zwei Minuten aussieht, reicht ein
Schwarz-Weiß-Bild. Meine Bilder transportieren die Fas
zination, die der Wissenschaftler selber hat, wenn er im
Labor arbeitet.
K:
Sie arbeiten nach wie vor als Molekularbiologe?
Oe:
Ja, ich bin an der Universität Basel tätig, aber das
Pensum hat sich kontinuierlich reduziert, je erfolgrei
cher meine künstlerische Arbeit wurde. Ich habe nicht
gewagt, mich von einem Tag auf den anderen nur auf
dieses Feld zu konzentrieren. Alles hat ganz klein begon
nen. Plötzlichwurde einArtikel im„National Geographic“
angenommen. Das war der große Durchbruch. In diesem
Moment wusste ich: Jetzt hat es die ganzeWelt gesehen!
Normalerweise ist es unmöglich als unbekannter Künst
ler dort ein Bild zu publizieren.
K:
Verstehen Sie sich mehr als Künstler
oder als Wissenschaftler?
Oe:
Das ist schwer zu sagen. Viele Ideen kommen aus der
Wissenschaft. Aber ich habe auch den Wunsch, mit mei
nenBildernetwas Schönes zumachen. IchversucheDinge,
die man sonst nicht sieht, sichtbar zu machen. Ob das
Kunst ist, müssen wahrscheinlich Andere entscheiden.
Das Interview führten Laura Heyer und Siri Moewes
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