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Es war Mitte vergangenen Jahres, als sich der Gesundheitszustand von Timo Rückau-er dramatisch verschlechterte. Der 31-Jäh-rige, der an einer chronischen Entzündung der Gallengänge leidet, brauchte dringend eine neue Leber. Doch die Warteliste für ein Spenderorgan war lang. Kurzerhand ent-schied sich darauf sein Bruder Marco, ihm einen Teil seiner Leber zu spenden. Mitte Juli wurden die zweieiigen Zwillinge an der Chirurgischen Klinik operiert – mit Erfolg. Das Ärzte-Team Professor Dr. Jürgen Weitz, Professor Dr. Jens Werner und Professor Dr. Peter Schemmer hatte die Transplantation gemeinsam vorgenommen. Rund drei Stun-den brauchten die Mediziner, um Marco Rückauer die rechte Leberhälfte zu entneh-men, die dann in einem fast fünfstündigen Eingriff seinem Bruder Timo eingesetzt wur-de. „Infolge seiner Krankheit litt Timo an einer fortgeschrittenen Leberzirrhose, es war höchste Zeit für eine Transplantation“, erklärt Prof. Schemmer. Der 43-Jährige hat zum 1. Juli 2011 als neuer Leiter der Sektion Viszerale Transplantation die Nachfolge von Professor Dr. Jan Schmidt angetreten.

Wartliste zu lang

„Ich hätte ein Jahr auf eine Spenderleber warten müssen“, berichtet Timo Rückauer. „So viel Zeit hatte ich nicht mehr.“ Für seinen Bruder Marco war es keine Frage, sich als Spender zur Verfügung zu stellen: „Wir entschieden in der Familie, uns alle da-für testen zu lassen. Und die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Trans-plantation waren mit mir als Spender am besten.“ Mit Sorge hatten alle beobachtet, wie Timo zunehmend kraftloser wurde und die meiste Zeit nur noch im Bett lag.

„Timo war bereits seit über zehn Jahren an einer soge-nannten Primär Sklerosie-rendenCholangitiserkrankt“, ergänzt Privatdozent Dr. Tom M. Ganten. Bei dem Leiter der Sektion Lebertransplan-tation in der Inneren Medi-zin hatte sich der junge Mann vorgestellt. „Trotz zahlreicher endoskopischer Eingriffe an den Gallengän-gen konnte die Galle immer

schlechter abfießen, und irgendwann war die Leber überfordert. Es entstand eine ge-fährliche Situation, in der es leicht zu einer bakteriellen Blutvergiftung hätte kommen können“, macht Dr. Ganten klar.

Immer mehr Lebendtrans-plantationen

„Die Leber musste die ganze Zeit unter Voll-dampf arbeiten“, formuliert es Timo Rück-

auer. „Zum Schluss hat sie nur noch einge-schränkt funktioniert.“ An ihrer Stelle arbeitet nun die Leber seines Bruders. In beiden Körpern wird das Organ innerhalb weniger Wochen auf seine ursprüngliche Größe heranwachsen. Außer den Ärzten sind die Brüder auch ihren Freundinnen und ihrer Familie für die Unterstützung dankbar: „Das werden wir ihnen nie ver-gessen“, verspricht Timo Rückauer.

Dass nicht nur während der Operation, sondern auch danach alles glatt lief und es zu keiner Abstoßungsreaktion oder Wund-heilungsstörung kam, liegt daran, dass Spender und Empfänger eng verwandt sind. Dennoch muss Timo Rückauer zur Si-cherheit Medikamente einnehmen. „Auf-

grund des Mangels an Spenderorganen wer-den wir in Zukunft ver-stärkt auf Lebend-Leber- transplantationen zu- rückgreifen müssen“, so Professor Schemmer.

Und wie geht es mit dem Bruderpaar, das zusammen in einem kleinen Ort im Kraich-gau wohnt, jetzt weiter? „Ich will nächstes Jahr wieder Fußball spielen“, gibt Timo Rückau-er als persönliches Ziel aus. Zusammen mit Marco läuft er in der Kreisliga für den FC Weiler 1946 e.V. auf. Für die kommende Sai-son hat der gelernte Grafkdesigner schon einmal neue Trikots entworfen. Sie werben – wie könnte es anders sein – für die Or-ganspende.

Simon Scherrenbacher

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KLINIKUM AKTUELL

Kardiologen des Klinikums haben erstmals in Deutschland eine künstliche Mitralklap-pe mittels Leistenkatheter eingesetzt. Die Klappe – sie liegt im Herzen zwischen lin-ker Vor- und Hauptkammer – ist mit einem Katheter nur auf Umwegen und mit viel Ge-schick zu erreichen. „Bisher war für die Im-plantation einer Klappenprothese an die-ser Stelle eine Operation am offenen Herzen oder ein minimal-invasiver Eingriff mit Schnitten in Brustkorb und Herzspitze nötig“, erklärt Kardiologe Professor Dr. Raf-f Bekeredjian. Für die 81-jährige Patientin kam beides nicht in Frage: Wegen ihres ho-hen Alters und weiteren Erkrankungen wäre jede Operation am Herzen zu riskant gewesen.

Bei dem Eingriff schob Bekeredjian über einen kleinen Zugang in der Leistenvene

die auf einen Katheter montierte Klappen-prothese in den rechten Herzvorhof, durch-stach die Scheidewand zwischen rechtem und linkem Vorhof und plat-zierte sie dann in der älteren, de-fekten Mitralklappenprothese am Eingang zur linken Herzkammer. „Der di-rekte Weg über die Aorta in den linken Vor-hof ist für den recht großen Katheter zu stark gewinkelt, die Kurven sind zu eng“, erklärt der Kardiologe. Die durchgeführte Klappenimplantation ist nur dann möglich, wenn an dieser Stelle schon einmal eine Prothese eingesetzt wurde: Der stabile Drahtrahmen der älteren Klappe gibt auch der neuen sicheren Halt. Da es eine per Lei-stenkatheder implantierbare Mitralklappe noch nicht gibt, kam eine Klappenprothese zum Einsatz, die eigentlich als Ersatz für defekte Aortenklappen konzipiert ist. TB

Kardiologen gelingt Durchbruch

Erstmals künstliche Mitralklappe per Leistenkatheter eingesetzt

Prof. Patien gut üb

Brunhilde Wecker, die mit einem akuten Schlaganfall in die Kopfklinik eingeliefert wurde, hatte Glück. Mediziner der Abteilungen für Neurologie und Neuroradiologie entfernten ihr mit einem neuen technischen Gerät einen Thrombus, der ein Hirngefäß verstopfte, in nur 25 Minuten und retteten ihr vermutlich das Leben. „Die Patientin hatte einen kompletten Verschluss am Übergang zur linken Halsschlagader“, berichtet Professor Dr. Martin Bendszus, Ärztlicher Direktor der

Neuroradiologie. Durch den Gefäßverschluss, der mit einer Läh-mung der rechten Körperhälfte sowie einer Sprachstörung einherge-gangen war, hätte die Patientin schwerste bleibende Schäden davon getragen oder wäre im schlimmsten Fall sogar gestorben. Nach dem Eingriff kann die Patientin wieder selbständig gehen und sprechen.

Bei der Behandlung wird ein Katheter mit dem winzigen Gerät über die Leistenarterie bis in den Gefäßverschluss geführt. Dort dehnt sich das Instrument zu einem gitternetzartigen Körbchen aus, drückt den Thrombus an die Gefäßwand und stellt die Durchblutung wieder her. Beim Entfernen des Geräts bleibt das Gerinnsel in dem Gitter hängen und wird mit hinaus gezogen, das Gefäß ist wieder frei. Professor Dr. Werner Hacke, Ärztlicher Direktor der Neurolo-gischen Klinik, sieht in der Methode eine neue Option für Patienten mit akutem Schlaganfall: „Möglicherweise ist die zusätzliche me-chanische Entfernung der alleinigen Lysetherapie überlegen.“ Bei dieser wird den Patienten ein Medikament in die Blutbahn verabrei-cht, welches das Blutgerinnsel aufösen soll. Konkrete Studien, die derzeit unter Heidelberger Federführung vorbereitet werden, sollen zeigen, welches Vorgehen die besseren Ergebnisse bringt. cf

Nach 25 Minuten war das Hirngefäß wieder frei Zwillingsbrüder

teilen sich eine Leber Neues Gerät entfernt Blutgerinnsel aus Halsschlagader

Erfolgreiche Übertragung in der Chirurgie /

Professor Dr. Peter Schemmer neuer Leiter Viszerale Transplantation

Der schnelle Eingriff rettete Brunhilde Wecker vermutlich das Leben. An der Entfernung des Thrombus waren beteiligt (v.l.n.r.): Professor Dr. Martin Bendszus, PD Dr. Stefan Rohde (beide Neuroradiologie), Professor Dr. Peter A. Ringleb (Neurologie), Dr. Mirko Pham (Neuroradiologie).

Zwillingsbruder Timo (rechts), der mit einem selbst entworfenen T-Shirt für die Organspende wirbt.

Professor Dr. Peter Schemmer

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