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03 2011

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MENSCHEN IM KLINIKUM

Die meisten übersehen es gerne: Südländische Urlaubsparadiese sind häufg alles andere als Tierparadiese. Während der Urlaubs-saison geduldet oder sogar gefüttert, um besorgte Touristen zu besänftigen, werden streunende Katzen samt zahlreichem Nach-wuchs außerhalb der Saison vergiftet oder anderweitig beseitigt. So auch auf Chalki, einer kleinen Insel mit 380 Einwohnern west-lich von Rhodos. Das will der 2009 gegründete Verein „Tierhilfe

Chalki e.V.“ ändern: Seine 20 Mitglieder setzen sich vor Ort für den verantwortungsvollen Umgang mit Katzen, Hunden und Nutztieren ein.

Gründungs- und Vorstands-mitglied ist Maria Laudes-Mäurer, seit 30 Jahren Kran-kenschwester am Klinikum. Zum Tierschutz kam die Kat-zenbesitzerin 1998, als sie dem Heidelberger Catsitter e.V. beitrat. Die Mitglieder des Vereins versorgen ehren-amtlich Katzen, deren Besit-

zer verreist sind – gegen eine Spende für Tierschutzpro-jekte im Heidelber-ger Raum. Dort lernte sie Hilke Stamatiadis-Smidt kennen, die mit ihremMann ein Haus auf Chalki besitzt. „Sie erzählte mir, dass die Katzen dort mit Pestiziden vergiftet werden, um der Katzenplage Herr zu werden. Sie hatte daher schon auf eigene Kosten eine Kastrationsaktion durchgeführt“, erinnert sich Laudes-Mäurer.

2006 machte sie erstmals mit ihremMann Urlaub auf Chalki – und verliebte sich in die Mittelmeerinsel. Allmählich reifte die Idee eines Schutzvereins für die Tiere dort, die sie schließlich gemein-sam mit den Stamatiadis und einem weiteren deutsch-grie-chischen Ehepaar umsetzte. Ziel der „Tierhilfe Chalki“ ist es, mög-lichst viele Katzen zu kastrieren, bei der Inselbevölkerung Bewusstsein für Tierschutz und artgerechte Haltung zu wecken,

Futterstellen zu unterhalten sowie mindestens einmal im Jahr kranke und verletzte Katzen, Hunde, Esel, Ziegen und Co. – auch auf Wunsch der Besitzer – medizinisch zu versorgen.

Tiere nach Deutschland zu vermitteln, ist dabei zweitrangig. „Wir wollen den Tieren vor Ort helfen, dort leben sie ganz gut. In Deutsch-land gibt es genug eigene Tierschutzfälle“, so die 55-Jährige. Im Fe-bruar 2010 reiste erstmals ein achtköpfges Team inklusive Zootier-arzt Thomas Scheibe aus Osnabrück nach Chalki. Eine Woche lang waren sie von fünf Uhr morgens bis spät abends im Einsatz, fngen die menschenscheuen Katzen mit Fangboxen, kastrierten, behan-delten Verletzungen, entfohten und entwurmten. Jeweils am näch-sten Morgen wurden die Tiere wieder dort ausgesetzt, wo sie in die Falle gegangen waren. Ein zweiter Einsatz folgte im Herbst 2010.

Operationen unter schwierigen Bedingungen

Operiert wurde je nach Einsatzort auch bei 30 Grad Celsius im Frei-en oder in einer alten Fischlagerhalle. Die Anästhesieschwester Maria Laudes-Mäurer assistierte. „Das waren zum Teil schon pri-mitive Verhältnisse, der Putz bröckelte von den Wänden, die Nar-kose mussten wir Pi mal Daumen dosieren“, sagt sie. Da keine Nachsorge der wilden Patienten möglich war, nähte der Tierarzt sehr sorgfältig mit einem resorbierbaren Faden, verabreichte Anti-biotika und Schmerzmittel. „Alle Tiere haben überlebt“, freut sich die Heidelbergerin. Während der beiden Aufenthalte auf Chalki kastrierten die Tierfreunde insgesamt 130 Katzen und Kater und behandelten weitere kranke oder verletzte Tiere. „Nach unseren Einsätzen waren wir alle kaputt, aber zufrieden“, berichtet die Tierschützerin. Die Kosten für Reise, Unterkunft und Verpfegung trugen die Helfer selbst, der Tierarzt behandelte ehrenamtlich. Sämtliches Material – mit Hilfe von Geld- und Sachspenden zu-sammengetragen – brachte das Team aus Deutschland mit. So gab es z.B. eine großzügige Materialspende des Versorgungszen-trums Medizin (VZM).

Ebenso wichtig wie die medizinische Versorgung der Tiere ist Auf-klärungsarbeit und der gute Kontakt zur Bevölkerung. Der Verein arbeitet mit der Schule der Insel zusammen, um die Kinder im Rah-men des Englischunterrichts für den Tierschutz zu sensibilisieren. Offener Brief, Plakate und Flyer informieren über Tierhaltung und

Maria Laudes-Mäurer bekämpft in ihrer Freizeit Tierleid auf der griechischen Insel Chalki

„Man muss im Kleinen

anfangen, etwas zu bewegen

s-Mäu-rer assistierte bei den Kastrationen dem Osnabrücker Zootierarzt Thomas Schei-be, hier in einer alten Fischlagerhalle.

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