Seite 31 - Klinikticker november Dezember

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Sauerstoffionen bestrahlt. Für diese Grundlagenforschung ste-
hen uns im HIT ein eigener Bestrahlungsplatz und einige Labore
zur Verfügung.
Welche Hoffnung verbinden Sie mit der Zukunft?
Prof. Debus:
Für einige seltene, schwer zu behandelnde Tumo-
rerkrankungen – z.B. Chordome und Chondrosarkome der Schä-
delbasis und des Beckens, bei Tumoren tief im Körper oder ne-
ben sehr strahlenempfindlichem Gewebe im Bereich von
Hirnstamm, Sehnerv oder Darm – ist die Kohlenstoff-Bestrahlung
bereits jetzt die Therapie der Wahl. Momentan gehe ich davon
aus, dass von der Ionentherapie im HIT voraussichtlich rund 15
Prozent der Krebspatienten profitieren können, bei denen das
Tumorwachstum mit herkömmlicher Therapie nicht gestoppt
werden kann.
Prof. Haberer
: Eine große Herausforderung wird die Bestrahlung
von beweglichen Organen – da muss sich der Strahl mitbewegen,
um kein umliegendes Gewebe zu treffen. Generell wollen wir Qua-
lität und Geschwindigkeit der Bestrahlung weiter verbessern, da-
mit möglichst viele Patienten von der Therapie profitieren.
>> Patienten
Von einer Ionentherapie im HIT sollen langfristig rund 15 Prozent
der Krebspatienten profitieren, bei denen das Tumorwachstum
mit der herkömmlichen Strahlentherapie nicht gestoppt werden
kann, weil es technisch unmöglich ist, eine ausreichend hohe
Strahlendosis zu verabreichen. Diese Patienten leiden an Tumo-
ren, die tief im Körper liegen, extrem widerstandsfähig gegenüber
herkömmlicher Bestrahlung sind oder von hoch strahlenempfind-
lichem gesunden Gewebe umschlossen werden, beispielsweise
im Bereich von Sehnerv, Hirnstamm, Rückenmark oder Darm.
>> Eingesetzte Strahlung
Ionenstrahlung, auch Partikel- oder Teilchenstrahlung genannt.
Protonen und Schwerionen sind positiv geladene Atomkerne (Par-
tikel). Protonen sind positiv geladene Kerne von Wasserstoff-
atomen. Schwerionen sind positiv geladene Kerne von Atomen
größerer Masse (im HIT kommen Kohlenstoff-, Sauerstoff- und He-
liumionen zum Einsatz). Ionenstrahlung gewährleistet die höchst-
mögliche Präzision, da sie beim Eindringen in den Patienten zu-
nächst sehr wenig Dosis abgibt, und es erst tief im Gewebe, im
Tumor selbst, zu einer hohen lokalen Dosisabgabe kommt.
Schwerionen haben darüber hinaus bei gleicher Dosis eine hö-
here klinische Wirksamkeit als die konventionelle Bestrahlung mit
Photonen, bei der Gamma- oder Röntgenstrahlen zum Einsatz
kommen.
>> Forschung
Die klinische Forschergruppe Schwerionentherapie (KFO 214), die
durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird,
setzt sich aus Biologen, Physikern und Medizinern zusammen, de-
ren wissenschaftliche Expertise sich mit der Optimierung der Par-
tikeltherapie beschäftigt. Das Ziel der Forschergruppe ist die Un-
tersuchung des Stellenwertes der Ionentherapie in der
Radioonkologie im Vergleich zu anderen modernen Verfahren
(IMRT, Protonen-RT). Der Fokus der klinischen Forschergruppe liegt
in der Initiierung und Optimierung klinischer Therapieprotokolle
für die Teilchentherapie. Die Wissenschaftler von Universiätsklini-
kum, von Deutschem Krebsforschungszentrum sowie von der Ge-
sellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt fokussie-
ren sich in sechs Teilprojekten auf die Entwicklung klinischer
Studien für die Partikeltherapie bei primären Hirntumoren, Chor-
domen und Chondrosarkomen der Schädelbasis, Prostatakarzino-
men sowie Tumoren der Leber und des Pankreas.
Die Gantry ist 670 Tonnen schwer, 25 Meter lang und 13 Meter im Durchmesser. Sie ist um 360
Grad drehbar, so dass die Einstrahlrichtung des Strahls einmal komplett um den Patienten ro-
tieren kann und auch schwer zu erreichende Tumoren immenschlichen Körper bestrahlt werden
können. Um den Strahl zu lenken und zu formen, sind riesige Magnete notwendig (orange).