Das "Heidelberger Tumornachsorgeprogramm"
MEHR SICHERHEIT
Für den einzelnen Patienten ist nach der erfolgreichen Behandlung einer Krebserkrankung die konsequente Nachsorge mittels regelmäßiger Kontrolluntersuchungen sehr wichtig. Einerseits kann so ein Rückfall möglichst früh erkannt und therapiert werden. Andererseits können die behandelnden Ärzte aus einer großen Anzahl solcher Verlaufskontrollen neue Erkenntnisse über die Krankheit und die Effektivität der Behandlung gewinnen. Dieses Wissen kommt vor allem zukünftigen Patienten zugute, aber auch die aktuelle Therapie kann in Einzelfällen davon profitieren.
Mit der Gründung des Tumorzentrums wurde bereits 1980 ein EDV-gestütztes Tumordokumentationssystem eingerichtet. Außerdem wurde für die zuverlässige Nachbetreuung das "Heidelberger Tumornachsorgeprogramm" entwickelt: Patienten und betreuende Ärzte werden regelmäßig in individuell festgelegten Intervallen schriftlich kontaktiert und an die Nachsorgetermine erinnert. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden an unsere Klinik rückgemeldet, wodurch eine sorgfältige Verlaufskontrolle gewährleistet ist. Durch konstant hohe Rücklaufraten von etwa 95% (vgl. Abb.) beträgt die mittlere Nachbeobachtungszeit für die urologischen Tumore z. T. viele Jahre. Den hohen wissenschaftlichen Wert unserer Tumordatenbank belegen die zahlreichen Originalarbeiten, die von der Urologischen Universitätsklinik mithilfe dieser Daten publiziert wurden. Das Nachsorgeprogramm findet bei unseren Patienten eine durchweg positive Resonanz: 93,4% der befragten Patienten wollten aktiv an Tumornachsorgetermine erinnert werden.
Beispielhaft lassen sich die positiven Effekte dieser Bemühungen am Nierenzellkarzinom nachvollziehen. In den letzten 18 Jahren wurden an unserer Klinik mehr als 1.800 Patienten mit dieser Erkrankung behandelt und ihre regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen sorgfältig dokumentiert. Aus unseren Behandlungsdaten konnten wir erkennen, dass ein nierenerhaltendes Vorgehen (Entfernung nur des Tumors aus der Niere ohne Entfernung der ganzen Niere) nicht mit einem höheren Risiko verbunden ist, erneut an Nierenkrebs zu erkranken. Bis vor wenigen Jahren wurde die tumortragende Niere nur in „Notsituationen“ erhalten, welche bei einer Nierenentfernung zur Dialysepflichtigkeit geführt hätte. Heute können wir abhängig von Größe und Lage des Tumors möglichst viel Nierengewebe erhalten und damit das Risiko späterer Folgekrankheiten vermindern. Solche für die alltägliche Behandlung wegweisenden Aussagen sind nur durch eine sorgfältige Nachsorge und die entsprechende Dokumentation der Krankheitsverläufe möglich.
Weitere Erkenntnisse gewinnen wir aus molekularbiologischen Studien, die wir an dem nach der feingeweblichen Aufarbeitung übrig gebliebenem Tumorgewebe durchführen. Hierfür werden die medizinischen Informationen unserer Tumordatenbank durch in ein bestimmtes Wachs eingebettete Gewebeproben und tiefgekühlte unbehandelte Proben ergänzt. Insbesondere das in Stickstoff schockgefrorene Gewebe sowie Blut- und Urinproben eröffnen wissenschaftlich vielversprechende Möglichkeiten. Der Aufbau unserer Biobank – einer Gewebesammlung, die in engerer Kooperation mit dem NCT Heidelberg entstanden ist – geschieht ausschließlich mit dem informierten Einverständnis unserer Patienten, so dass Gewebe und Daten nur bei ausdrücklicher, schriftlicher Zustimmung gesammelt werden. Da dem teilnehmenden Patienten keine Nachteile entstehen und der mögliche Nutzen kaum zu überschätzen ist, findet dieses Projekt eine sehr hohe Zustimmung.