Digitale Technologien
Neben qualitätsorientierten Versorgungskonzepten, die sich an aktuellen Leitlinien und Versorgungsstandards orientieren berücksichtigt die Technische Orthopädie selbstverständlich auch moderne und innovative Fertigungs- und Materialtechnologien. Seit einigen Jahren werden in den unterschiedlichsten medizinischen und nichtmedizinischen Bereichen immer häufiger sogenannte additive Verfahren proklamiert und stetig weiterentwickelt, im Volksmund auch bekannt unter dem Begriff „3D Druck“. Es kursieren Schlagzeilen, wie „Erste Handprothese aus dem Drucker“ und die Themen der Individualität und der besonderen Passgenauigkeit werden nun aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet. Aber nicht nur der 3D Druck erfährt seit Jahren einen regelrechten Hype - die weitere konsequente Digitalisierung der Medizin und damit auch der Hilfsmittelherstellung ist als Ziel auszumachen.
Und in der Tat bieten diese Technologien neue Möglichkeiten einer individuelleren Gestaltung von Bauteilen und insbesondere Strukturen und damit auch von einzelnen Komponenten oder gar dem gesamten Hilfsmittel. Es zeichnen sich also durchaus weitreichende potentielle Möglichkeiten ab.
Vor allem sind es komplexe Bauteile, Werkzeuge, Formteile oder Hilfsmittelkomponenten, die es in der individuell erforderlichen Ausführung nicht industriell gefertigt gibt und welche in kleinsten Stückzahlen und bestenfalls noch individuell für den Einzelfall konzipiert werden müssen - hier liegt neben einer guten Reproduzierbarkeit von definierten Standards die größten Stärke der additiven Fertigung. Gleichzeitig erlaubt diese Fertigungstechnologie eine besondere Effizienz beim Materialeinsatz, so dass nur dort Material eingebracht wird, wo es notwendig ist - Ansätze, die wir sowohl selbstständig als auch in Kooperation mit Experten aus dem Bereich der additiven Fertigung erarbeiten und umsetzen.
Ein Werkzeug - noch keine Universallösung
Aber unabhängig vom letzten Fertigungsverfahren, sind die besten Methoden und die modernsten Materialien erst dann von hohem Wert, wenn das Hilfsmittel zu dem Anwender*in oder Patient*in passt - sei es von seiner Auslegung her oder aber noch viel mehr von der Passform selbst. An den Stellen sind auch mit modernsten Technologien immer noch anatomische, technische und damit biomechanische Fachkenntnisse gefragt. Eine fachlich korrekte Formauslegung und Beachtung der funktionellen Gesichtspunkte und der gegebenen anatomischen Strukturen aber auch des Krankheitsbildes sind essentielle Parameter, die einen unmittelbaren Einfluss auf ein Hilfsmittel und dessen Nutzen und die reale Nutzung haben.
Somit fließen an dieser Stelle trotz eines signifikanten Digitalisierungsgrads massiv Erfahrungen und Kenntnisse unserer Fachleute ein, um letztlich die optimierte Versorgung zu erreichen - an dieser Stelle kann ein noch so komplexer mathematischer Algorithmus die klinische Kompetenz noch nicht restlos ersetzen - und so kombiniert die Technische Orthopädie die etablierten Stärken mit modernen Technologien wo es für die Hilfsmittelversorgung zielführend ist.
Dabei werden klassische Methoden der Modellherstellung aber auch der Hilfsmittelherstellung nicht vernachlässigt - konventionelle Methoden haben weiterhin ihre volle Berechtigung. Daher wird nicht digitalisiert um zu digitalisieren, sondern jeweils zielgerichtet und lösungsorientiert die beste Möglichkeit angewandt und umgesetzt.
Bereits seit Jahren arbeitet die Technische Orthopädie in verschiedenen Bereichen der Hilfsmittelversorgung auf Basis digital erhobener Daten, wie beispielsweise einem 3D Scan der Patient*innen und Körper, welcher im weiteren Verlauf nicht notwendiger Weise in Gips, sondern zunehmend in digitalen reproduzierbaren Prozessen in die finale Form überführt wird. Verbunden mit einer ausgefeilten Maßtechnik und bei Bedarf anderer bildgebender Verfahren zur Beurteilung auch knöcherner und muskulärer Strukturen unter der Haut werden auf Basis eines standardisierten Vorgehens eine hohe Sicherheit und Qualität erreicht. Die Verfahren und Abläufe sind dabei selbstverständlich gemeinsam mit den ärztlichen Kollegen-/Innen erarbeitet und abgestimmt. Ausgereifte Arbeitsprozesse in der Folge erlauben uns die Erstellung von hochfunktionellen Zweckformen, welche die biomechanischen Anforderungen bestmöglich abbilden.