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Lokomotionstherapie und -diagnostik bei Querschnittlähmung

Lokomotionstherapie auf dem Laufband und instrumentelle Ganganalyse bei inkompletter Querschnittlähmung

Verletzungen im Bereich des Rückenmarks führen zu mehr oder weniger ausgeprägten Funktionseinschränkungen. Besonders der Verlust der Gehfunktion stellt eine erhebliche Behinderung dar. Eine derartige Verletzungssituation tritt bei etwa 70 % der Querschnittgelähmten auf. Bei ihnen sind nicht der gesamte Rückenmarkquerschnitt, sondern nur Teile davon geschädigt. Viele dieser inkomplett gelähmten Patienten besitzen Restfunktionen, deren Koordination und Ausdauer durch intensives Training enorm verbessert werden kann - jedoch nur wenn noch eine ausreichende Zahl von aktiven, motorischen Nervenstrukturen im Rückenmark erhalten ist. Seit einiger Zeit werden - auf der Basis neuerer Erkenntnisse in der Neurophysiologie - technische Entwicklungen vorangetrieben, mit deren Hilfe gerade solchen Patienten in Spezialzentren ein umfassendes Rehabilitationsprogramm zur Verbesserung der Gehfunktion angeboten werden kann.

Laufbandtraining unter Gewichtsentlastung

Die klassische Mobilisierung von Patienten mit Gehstörungen findet in der Regel im Gehbarren statt. Dort kann sich der Patienten mit den Armen auf den Holmen des Barrens aufstützen und so einige wenige Schritte gehen. Wird hingegen ein Laufband zu Hilfe genommen und gleichzeitig das Körpergewicht entlastet, können diese Patienten die bis zu 20-fache Gehstrecke zurücklegen. Die Trainingserfolge zeigen sich nicht nur in der Verbesserung der Gehfähigkeit, sondern vor allem bei der Tonusregulierung, der Verbesserung der Bewegungswahrnehmung und -koordination sowie in der Erhöhung der muskulären Ausdauer.

Automatisiertes Lokomotionstraining

Patienten in der frühen Rehabilitationsphase mit wenig erhaltenen Restfunktionen oder Patienten mit einer behindernden Spastik sind selbst mit hoher Gewichtsentlastung auf dem Laufband meist nicht mehr selbstständig gehfähig. Ihre Schrittbewegungen müssen daher von Therapeuten unterstützt werden. Diese Hilfestellungen finden unter ergonomisch ungünstigen Bedingungen statt und erfordern zudem einen erheblichen Kraftaufwand. Dies führt dazu, dass die Therapiezeiten kurz sind und die Therapiequalität erheblich vom Therapeuten abhängig ist. Um diese Einschränkungen des manuellen Laufbandtrainings zu überwinden, wurde am Forschungszentrum ParaCare des Paraplegikerzentrums Balgrist in Zürich, Schweiz (Direktor: Prof. Dr. V. Dietz) eine motorgetriebene Gehorthese - der so genannte Lokomat - entwickelt (s. Abb.).

Gehfunktionsdokumentation auf dem Laufband

Um die verbesserte Gehfunktion des Patienten objektiv beurteilen zu können, haben wir in den letzten Jahren ein spezielles Laufband entwickelt. Damit können Bewegungen, Muskelaktivitäten, Bodenreaktionskräfte und Fußdruckverteilungen unter Gewichtsentlastung messtechnisch erfasst werden (s. Abb.). Durch die Entwicklung verfeinerter Softwarealgorithmen ist es zusätzlich möglich, den Einfluss von unterschiedlichen Therapien und Hilfsmitteln auf die Gehqualität zu untersuchen.

Publikationen

Rupp R., Gerner H.J.: Neue Rehabilitationstechniken beim Erwachsenen mit neuromuskulärer Erkrankung, Medizinisch-Orthopädische Technik 124(4), 63-71, 2004

Wirz M., Dietz V., Zemon D.H., Rupp R., Scheel A., Colombo G., Hornby TG.: Effectiveness of an automated locomotor training in patients with a chronic incomplete Spinal Cord Injury: A Multicenter Trial, Archives for Physical Medicine and Rehabilitation 86(4), 672-680, 2005

Rupp R., Gerner H.J.: Robotic Devices for Rehabilitation of Spinal Cord Injured Patients. In: Hsu J., Michael J.W., Fisk J. (Hrsg.), Altlas of Orthotics, 4th edition, Elsevier, Philadelphia, 623-632, 2008