Migration und Gesundheitsversorgung
Die zunehmende Globalisierung geht mit steigenden internationalen Wanderungsbewegungen einher. Weltweit leben rund 244 Millionen Menschen außerhalb Ihres Herkunftslands. Migration entwickelt sich zur gesellschaftlichen Normalität. Dies führt zu sozialstrukturellen, kulturellen und epidemiologischen Veränderungen innerhalb der Gesellschaften Europas. Die nationalen Gesundheitssysteme sind mit der Frage konfrontiert: Wie kann unter diesen veränderten Bedingungen eine bedarfsgerechte und effektive gesundheitliche Versorgung hoher Qualität für jeden Menschen gewährleistet werden?
Im Jahr 2013 hatten 20% der deutschen Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Die größten Gruppen mit Migrationshintergrund bilden die zugewanderten Familien aus den früheren Anwerbestaaten (v.a. Türkei) sowie (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler. In jüngerer Zeit erfolgt eine Arbeitsmigration aus EU-Ländern im Rahmen der europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die Fluchtmigration von Asylsuchenden macht Deutschland momentan zum Land mit den höchsten absoluten Zahlen an Asylerstanträgen.
Diese vielfältigen Formen der Migration und die damit einhergehenden demografischen Veränderung wirken sich in unterschiedlicher Weise auf den populationsbezogenen und individuellen Gesundheitszustand aus. Die gesundheitliche Versorgung dieser heterogenen Bevölkerungsgruppe ist teilweise durch Über-, Unter- und Fehlversorgung gekennzeichnet. Spezifische Herausforderungen im Versorgungssystem sind der oftmals erschwerte Zugang zur gesundheitlichen Versorgung und der eingeschränkte Leistungsumfang bei einigen Gruppen. Kulturelle Unterschiede sowie Sprachbarrieren können im Versorgungsalltag zu Kommunikationsproblemen führen, die in manifeste Entscheidungs- und Versorgungsprobleme münden. Migrationsspezifische Gesundheitsprobleme bedürfen spezifischer Versorgungsangebote sowie zielgruppenspezifischer Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung.
Der Forschungsschwerpunkt „Versorgung von Migranten“ beschäftigt sich – vor dem Hintergrund epidemiologischer Fragen zum Gesundheitszustand und zur spezifischen Krankheitslast – insbesondere mit relevanten Fragestellungen der Versorgungsforschung hinsichtlich Zugang, Bedarf und Bedarfsgerechtigkeit, Inanspruchnahme, Effektivität, Kontinuität und Qualität unter realen Versorgungsbedingungen.
- COVID‐19 und Fluchtmigration: Situationsanalyse von Maßnahmen und Bedarfen in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften in Deutschland (COVMIG)
- Ausgangsanalyse der Situation von Flüchtlingen/Asylsuchenden zur Entwicklung von Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung
- Die medizinische Versorgung von Asylbewerbern: eine explorative Mixed-Methods-Studie
- Evaluation des persönlichen Gesundheitshefts für Asylsuchende in Landeserstaufnahmestellen in Baden-Württemberg: eine cluster-randomisierte Studie im ‚stepped-wedge‘ Design
- Gesundheitszustand und Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Deutschland: eine systematische Übersichtsarbeit
- MONITORaccess - Gesundheitsversorgung für unversicherte Migrantinnen und Migranten in Deutschland. Entwicklung und Pilotierung eines überregionalen Monitoring-Systems zur Erfassung von Beratungsanlässen und Zugangsbarrieren
- NEXUS - Natürliches Experiment zu kontextuellen Einflüssen auf die Gesundheit und Gesundheitsversorgung von Geflüchteten
- RESPOND - Improving regional health system responses to the challenges of migration through tailored interventions for asylum-seekers and refugees
- SALOMO-Studie - Analyse der Versorgungssituation von Schwangeren und Wöchnerinnen im Asylverfahren: Eine longitudinale Mixed-Methods-Studie
- PRICARE - Sentinel Surveillance der Gesundheit und primärmedizinischen Versorgung von Asylsuchenden in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften in Deutschland
Abgeschlossene Projekte
- Das Image von Hausärzten aus Perspektive deutscher und türkischer Patienten
- Zufriedenheit von türkisch stämmigen Patienten mit der hausärztlichen Versorgung in Deutschland: eine Pilotstudie