Forensische Toxikologie
Die Forschung innerhalb der Forensischen Toxikologie erstreckt sich über sehr unterschiedliche Fachbereiche (Chemie, Medizin, Pharmazie, Biologie, usw.). Hierbei stehen neben der Untersuchung von unklaren Todesfällen (Leichentoxikologie) insbesondere die Untersuchung von Vergiftungen durch Alkohol-, Drogen- und/oder Medikamentenmissbrauch im Fokus. Der Nachweis der unterschiedlichen Substanzen kann hierbei in verschiedenen Geweben (z.B. Muskel, Leber, Niere) oder in den diversen Körperflüssigkeiten (Urin, Blut oder Speichel) erfolgen.
Die Entwicklung und der Einsatz moderner analytischer Techniken und Methoden stellt für die Forensische Toxikologie eine ständige Herausforderung dar. Die Nachfrage für zuverlässige und spezifische Methoden im klinischen und forensischen Alltag steigt stetig und die Interpretation der Befunde benötigt eine wissenschaftliche Expertise. Insbesondere die Entdeckung und der Nachweis von neuartigen Biomarkern ist ein weitverbreiteter Ansatz, der im forensisch‑toxikologischen und rechtsmedizinischen Bereich neue wissenschaftliche Erkenntnisse liefern soll.
Derzeitige Forschungsschwerpunkte im Bereich Forensische Toxikologie:
Biomarker des Alkoholkonsums und –missbrauchs
Die Analyse von Biomarkern des Alkohols ist von gesellschaftlicher Relevanz, um die Plausibilität personenbezogener Angaben über das Trinkverhalten zu überprüfen. Bisher wird vor allem auf Ethylglucuronid zurückgegriffen, welcher aber einige Einschränkungen mit sich bringt wie beispielsweise das kurze Nachweisfenster in verschiedenen biologischen Matrices, methodenbedingte Spezifität und Sensitivität in Bezug auf enzymatische Hydrolyse. In den letzten Jahren wurde auch Phosphatidylethanol als weiterer interessanter Biomarker in einigen Arbeitsgruppen etabliert und in verschiedenen Studien mit Ethylglucuronid verglichen. Bei N-Acetyltaurin handelt es sich um einen im Vergleich zu den vorhergenannten, noch wenig charakterisierten Biomarker, welcher bisher nur in Verbindung mit Ethylglucuronid betrachtet wurde. An der Entwicklung neuer Nachweismethoden für Ethylglucuronid, Phosphatidylethanol und N-Acetyltaurin in verschiedenen Matrices wird gearbeitet.
Ansprechpartner: Tom Sundermann, Georg Schmitt
Biomarker der Gamma-Hydroxybuttersäure
Die Betäubung mit „K.o.-Tropfen“ und ein anschließender sexueller Übergriff stellen weltweit, aber auch in Deutschland ein schwerwiegendes Problem dar. Neben der strafrechtlichen und gerichtsmedizinischen Aufarbeitung ist gerade die forensisch-toxikologische Analyse zur Aufklärung des Tatherganges herausfordernd. Der Nachweis einer Betäubung mit Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB), der am einfachsten zugänglichen und daher am häufigsten genutzten Vergewaltigungsdroge, ist mit einem zeitlichen analytischen Nachweisfenster von nur 8 h im Serum und 12 h im Urin oft unmöglich und hinterlässt die Opfer in Unklarheit über den Vorfall. Einige vielversprechende Biomarker wie das GHB-Glucuronid und -Sulfat wiesen hinsichtlich ihrer Sensitivität und Spezifität Schwächen auf und konnten das zeitliche Nachweisfenster bisher nicht nachhaltig vergrößern. Die gezielte Identifizierung und Validierung neuer Biomarker des GHB in verschiedenen Matrices ist daher unabdingbar.
Ansprechpartner: Tom Sundermann, Georg Schmitt, Julian Thimm
Forensisch-chemische und forensisch-toxikologische Untersuchung von psychoaktiven synthetischen Cocain-Derivaten (DFG SU 1266/1-1)
Synthetische Cocain-Derivate werden aktuell auf diversen Internetplattformen als legale Alternative für Cocain vertrieben. Diese als „research chemicals“ angebotenen psychoaktiven Substanzen (Troparil, Dichloropan, RTI-55) wurden bisher noch nicht systematisch untersucht. Aufgrund des Fehlens von identifizierenden Methoden wird ein Konsum aktuell durch die forensisch-toxikologische Analytik nicht erfasst. Ziel der geplanten Arbeit ist daher eine forensische Untersuchung von synthetischen Cocain-Derivaten durchzuführen, um die Qualität der vertriebenen Substanzen zu beurteilen, die Herstellungspraxis von illegalen Drogenlaboren aufzuzeigen und einen Konsum derartiger Substanzen spezifisch nachzuweisen. Hierfür sollen modernste instrumentell analytische Methoden zur Untersuchung von authentischen Substanzproben und zur Identifizierung und Quantifizierung von synthetischen Cocain-Derivaten und deren Metaboliten in verschiedenen biologischen Matrizes entwickelt und validiert werden. Einige der benötigten Referenzsubstanzen (Phenyltropane, Stereoisomere, Metaboliten und interne Standards) sollen über unterschiedliche Synthesewege hergestellt und die Phase-I-Metabolisierung untersucht werden. Durch Ermittlung der Kreuzreaktivität in verschiedenen immunchemischen Testsystemen und Ergänzung massenspektrometrischer Substanzbibliotheken soll eine initiale Identifizierung von Konsumenten durch die Polizei und forensisch-toxikologische Labore ermöglicht werden. Die im Projekt entwickelten analytischen Methoden können zur Entdeckung und Charakterisierung neuer, bisher unbekannter Substanzen im stark fluktuierenden Markt der Neuen Psychoaktiven Stoffe beitragen und deren zeitnahe Erfassung in der forensischen Praxis unterstützen.
Ansprechpartner: Tom Sundermann