Worin bestand der Reiz, ein Gebäude für eine Chirurgische Universitätsklinik zu entwerfen?
Eine besondere planerische Herausforderung bestand darin, die funktionale Komplexität der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg optimal zu erfüllen und darüber hinaus konzeptionell der Dynamik der medizinischen Entwicklung Rechnung zu tragen.
Zugleich führt die Chirurgische Klinik als Teil des Klinikrings auch dessen funktionale Systematik fort, um Synergieeffekte innerhalb des Klinikrings auszuschöpfen. Das betrifft sowohl den nun realisierten 1. Bauabschnitt als auch einen späteren 2. Bauabschnitt.
All diese Komponenten mussten in ein städtebauliches und architektonisches Gebäudekonzept integriert werden, das der Chirurgischen Klinik einen adäquaten Ausdruck verleiht und den Auftakt des Klinikrings prägt.
Das Gebäude muss die Ansprüche moderner Hochleistungsmedizin erfüllen und eine angenehme Arbeitsatmosphäre bieten. Wie haben Sie diese Anforderungen miteinander verknüpft?
Zum einen haben wir mit dem Mittel der Strukturierung und Gliederung gearbeitet. Die großflächigen und unterschiedlichen Nutzungen befinden sich in den Flügeln einer kammartigen Struktur, die gute Voraussetzungen für die langfristige Funktionalität und Flexibilität der Bereiche schafft. Die Gebäudegliederung bringt Tageslicht in das große Gebäude und lässt Ausblicke in das umgebende Grün entstehen, eine wesentliche Qualität für Patientenbereiche und Arbeitsplätze.
Die Gebäudeflügel werden durch die zentrale Patientenstraße erschlossen. Damit ist eine gute Orientierung im Gebäude möglich, die allen – Patienten, Besuchern und dem Personal – erlaubt, die Abteilungen leicht aufzufinden.
Zum anderen war es im Detail wichtig, jedem Bereich eine spezifische Raumatmosphäre zu verleihen. In intensiven Abstimmungen mit den Nutzern konnten hierbei die Aspekte von Funktion, Hygiene und
Gestaltung in Einklang gebracht werden. In der Patientenstraße weisen Holzflächen und farbige Markierungen zu Aufnahme und Leitstellen und prägen die Wartebereiche. Die offene Haupttreppe führt großzügig in die oberen Geschosse, deren Zugangsbereiche zu den Bettenstationen durch den weiten Ausblick und die Patiententerrasse besondere Aufenthaltsqualität bekommen. In den Bettenzimmern sorgen die großen Aussichtsfenster zum Patientenpark mit Sitzbank für ein wohnliches Ambiente.
Die ansprechende und auffällige Außenfassade ist schon jetzt ein charakteristisches Merkmal der neuen Klinik. Was hat Sie dazu inspiriert, goldfarbene Kacheln einzusetzen?
Schon im Architektenwettbewerb haben wir uns eine warmtönige Prägung der Fassaden vorgestellt, um damit eine harmonische Einfügung in den Klinikring zu erreichen. Auf der einen Seite grenzt die Medizinische Klinik mit den gelben Putzfassaden des Bettenhauses an, auf der anderen Seite wird die Frauen- und Hautklinik durch gelbe, orangefarbene und rote Fassadenpaneele akzentuiert. Diese erste, noch abstrakte Gestaltidee wurde in der Planung schrittweise mit vielen Varianten und Mustern zur realisierten Form weiterentwickelt.
Die Fassaden bestehen aus hellbronzefarben eloxierten Aluminiumpaneelen in Kombination mit Fensterbändern und großen Fensterelementen. Das lebendige Farbspiel der einzelnen Paneele, hervorgerufen durch unterschiedliche Lichtreflexion, gliedert die großen Flächen und es entstehen je nach Tageszeit und Belichtung sich verändernde Wirkungen.
Gleichzeitig werden die Fassaden durch die Wertigkeit des Materials und die Präzision seiner Verarbeitung geprägt. Zu den Metallfassaden treten die im Sockel verwendeten Betonfertigteile mit Natursteinvorsatz in Kontrast. Sie sind äußerst robust und „erden“ das Gebäude.
Im Zusammenspiel all dieser Komponenten ist eine Fassade entstanden, die, wie wir hoffen, durch ihre besondere Gestaltung und wertige Ausstrahlung Funktion und Bedeutung der Chirurgischen Universitätsklinik weithin sichtbar macht.
Planen und Bauen ist Netzwerkarbeit
Die Hochbauplanung des Neubaus Chirurgie (NBCHI) liegt in den Händen des Stuttgarter Architekturbüros Tiemann-Petri Koch Planungsgesellschaft mbH. Die Gesamtleitung des Neubaus liegt, wie bei allen Bauvorhaben des Landes in Heidelberg, beim Amt Mannheim und Heidelberg des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg (bis 2015 „Universitätsbauamt“, Leitung Bernd Müller). Beteiligt sind zudem viele international renommierte Architektur- und Ingenieurbüros sowie auf der Nutzerseite die Planungsgruppe Medizin (Leitung Dr. Karin Diez) des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD). Mit insgesamt 20.700 m² Nutzfläche ist der NBCHI eines der größten Bauprojekte des Landes Baden-Württemberg.