NCT Cell and Liquid Biobank 3.0
Projekt im Forum Gesundheitsstandort
In Biobanken können Gewebeproben, Blutzellen, -serum oder -plasma zusammen mit den dazugehörigen klinischen Informationen der Patienten (Geschlecht, Alter und Krankengeschichte) für die medizinische Forschung gesammelt und gelagert werden. In der Cell and Liquid Biobank 3.0 des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg (NCT CLB) werden Bioproben für alle Institute, Abteilungen und Kliniken des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) sowie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) aufbereitet, konserviert und gelagert. Die NCT CLB wird in den kommenden zwei Jahren unter der Trägerschaft der Medizinischen Fakultät Heidelberg und des DKFZ ihre Kapazitäten zur Probenlagerung deutlich erweitern und auch die Automatisierung für eine optimale Probenqualität weiter vorantreiben. Projektleiter ist Prof. Dr. Carsten Müller-Tidow, Ärztlicher Direktor Klinik für Hämatologie, Onkologie, Rheumatologie des UKHD.
Was ist die Besonderheit der NCT Cell and Liquid Biobank 3.0? Was genau sind Zell- und Flüssigproben? Und welche Bedeutung hat sie für erkrankte Personen und für die medizinische Forschung? Antworten auf diese Fragen geben Privatdozentin Dr. Katharina Kriegsmann, Operative Leiterin der NCT CLB Sektion Cell Biobanking, und Dr. Anne Kathrin Merbach, Operative Leiterin der NCT CLB Sektion Liquid Biobanking.
Steckbrief
Projektname: NCT Cell and Liquid Biobank 3.0
Start: 1. April 2021
Fördersumme: 2.245.008 Euro
(Für 2021/22 - 2. Förderrunde)
Projektleitung: UKHD
Schnittthemen: Innovation und Translation
Link: Projektseite
Frau Dr. Kriegsmann, wie kann man sich die Arbeit in einer Biobank vorstellen?
Dr. Kriegsmann: Unser Ziel ist es, hoch qualitative und standardisierte Proben für die medizinische Forschung zur Verfügung zu stellen. Darauf haben wir uns spezialisiert. Der Schwerpunkt unserer Biobank liegt auf der Aufarbeitung und Lagerung von Zell- und Flüssigproben. Nehmen wir an, wir bekommen Blut einer an Krebs erkrankten Patientin, die dem Biobanking ihrer Probe zugestimmt hat. Diese Blutprobe bereiten wir so auf, dass wir einerseits zelluläre Bestandteile und andererseits flüssige Bestandteile separat lagern und für Forschungsprojekte zur Verfügung stellen können. Aktuell arbeiten wir daran, die Probenaufarbeitung zu automatisieren, beispielweise durch den Einsatz von Pipettierrobotern. Für die Probenlagerung verfügen wir bereits jetzt über ein (teil-) automatisiertes System. Für die medizinische Forschung ist es besonders wichtig, dass die Bioproben mit den klinischen Informationen verknüpft und somit besser charakterisiert sind. Darüber hinaus bauen wir gerade ein Qualitätsmanagementsystem auf, um unsere Prozesse und die Fachkompetenz der Mitarbeitenden nach der neuen Biobankennorm zu akkreditieren.
Frau Dr. Merbach, was genau versteht man unter Zellproben und Flüssigbiopsien?
Dr. Merbach: Als Zellproben bezeichnen wir die zellulären Bestandteile des Blutes und Knochenmarks. Mit Hilfe der Kryokonservierungsmethode, frieren wir ‚lebende‘ Zellen in flüssigem Stickstoff bei minus 150°C ein und können sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder auftauen, um wissenschaftliche Fragestellungen zu beantworten. So können lebende Zellen beispielsweise außerhalb des Patienten auf das Ansprechen unterschiedlicher Medikamente getestet (in vitro drug screens) oder mithilfe neuester Einzelzell-Analysetechnik (single-cell multiomics) zur Untersuchung von Therapieresistenz-Mechanismen herangezogen werden.
Unter der Liquid Biopsy, also der Flüssigbiopsie, verstehen wir Proben aus Blut, bei der unter anderem die Tumor-DNA ermittelt und analysiert werden kann. Dieses Verfahren kommt beispielsweise zum Screening und zur Früherkennung von Krebs, zur Abschätzung des Metastasierungsrisikos, oder zur Identifizierung therapeutischer Zielstrukturen und Resistenzmechanismen zum Einsatz. Darüber hinaus werden Flüssigbiopsien für Verlaufs- und Therapiekontrollen von Krebspatientinnen und -patienten eingesetzt, da hier die Möglichkeit besteht, einerseits ein Wiederkehren des Tumors schneller zu erkennen und andererseits seine möglichen genetischen Veränderungen im Gewebe zu bestimmen.
Welche Bedeutung hat das Biobanking für die medizinische Forschung und die Patientinnen und Patienten?
Dr. Kriegsmann: Einen hohen, weil die Forschenden in ihrer Arbeit auf Proben angewiesen sind, die standardisiert erhoben sind und bestimmten Qualitätsansprüchen genügen. Außerdem benötigen sie eine größere Anzahl krankheitsspezifischer Proben, um bestimmte Fragen fundiert beantworten zu können. Dieses Material kann nur eine gut aufgestellte Biobank liefern. Bioproben spielen eine unverzichtbare Rolle bei der Entwicklung neuer Diagnosemethoden und Marker, die beispielweise den Krankheitsverlauf oder das Therapieansprechen vorhersagen sowie neuer Medikamente. Davon profitiert zwar nicht die Spenderin oder der Spender der Probe, aber zukünftige Patienten.