Epithesen

Hals-, Nasen- und Ohrenklinik

Erklärung

Die epithetische Wiederherstellung

Unter der epithetische Wiederherstellung versteht man die Versorgung mit Nachbildungen der Gesichtsstrukturen aus einem geeigneten Fremdmaterial, die auf verschiedene Weise in dem Defekt befestigt werden können.

  1. an bereits vorhandenen anatomischen Strukturen, wie z.B. im Hohlraum eines Augenhöhlendefektes, wenn dieser sich in der Tiefe aufweitet (anatomische Verankerung)
    Das ist für geeignete Patienten eine gute Möglichkeit, die Augenepithese zu befestigen.
  2. an einer Brille (mechanische Verankerung)
    Das kommt für Augen- und Nasenepithesen in Betracht. Diese Befestigung hat den Nachteil, dass die Kombination relativ schwer ist und dass die Epithese immer mit abgenommen wird, wenn die Brille abgenommen wird.
  3. mit medizinischen Klebstoffen auf der Haut (chemische Verankerung).
    Das ist eine Möglichkeit, eine schelle epithetische Versorgung durchzuführen, hat aber den Nachteil, dass der medizinische Kleber die Haut reizen kann und dass man sich auf den festen Sitz nach wenigen Stunden nicht mehr sicher verlassen kann. Insbesondere im Ohrbereich kommt es durch Kaubewegungen zu einem Abfallen der Epithese.
  4. knochenverankerte Fixierung an perkutanen (d.h. durch die Haut reichenden) Titanimplantaten (chirurgische Verankerung)
    Die Knochenverankerung ist heute die Methode der Wahl, weil sie einen sicheren Halt garantieren und eine einfaches Auf- und Absetzen der Epithese ermöglichen.

Bisher haftete den Epithesen der Makel des Künstlichen und der Instabilität an. Die anatomische Verankerung ist nur im Augenhöhlenbereich möglich. Hier gelang in den letzten 20 Jahren der entscheidende Durchbruch mit drei Entwicklungen:

  1. Die Einführung der modernen Silikone und Farben in die Herstellung der Epithesen, welche die Epithesen durch eine ausgezeichnete Camouflage „salonfähig“ gemacht haben.
  2. Die Erschließung von Titan als optimal körperverträglichem Material erlaubt eine reaktionsfreie Implantation in den Knochen mit Durchführung durch die Haut nach außen zur knochenverankerten Fixierung von Epithesen.
  3. Die Herstellung zuverlässiger Magnetsysteme zur einfachen Befestigung der Epithesen an den Implantaten. Das gilt insbesondere für Nasen- und Augenepithesen. Ohrepithesen können dagegen sehr gut an einer Stegkonstruktion aufgeklippt werden.
  1. Einfache und schnelle Methode     
  2. Kosmetisches Ergebnis exzellent und vorhersagbar
  3. Es kann dem Patienten vor der Operation demonstriert werden. Ein Ohr kann spiegelbildlich zur (normalen) Gegenseite geformt werden.
  4. Optimale Camouflage: "Es fällt nicht sofort auf."
  5. Frühes Erkennen von Tumorrezidiven (da das Operationsgebiet nicht verdeckt ist)

Mit einer knochenverankerten (implantatgetragenen) Epithese aus Silikon kann man eine optimale Rehabilitation von Gesichtsversehrten erreichen.
Obwohl es sich objektiv betrachtet um einen Fremdkörper handelt, wird die Epithese von den versorgten Patienten sehr gut akzeptiert.

  1. Epithesen sollen generell nachts abgenommen werden, damit die darunter liegende Haut "atmen" kann.
  2. Es kann farbliche Unterschiede je nach Bräunungszustand im Sommer und im Winter geben. Übermäßige Sonnenexposition sollte vermieden werden.
  3. In der Regel müssen Epithesen aus Silikon alle 2 Jahre erneuert werden.

Die Operation besteht aus 2 Schritten:

  1. Schritt 1 ist die eigentliche Implantation einer Titanfixtur. Hier gibt es verschiedene Implantatsysteme.
  2. Schritt 2 ist die Durchführung mit einem Aufsatz durch die Haut (Distanzhülse) sowie die Ausdünnung und Enthaarung der Haut in diesem Bereich. Dies ist zur Vermeidung von Weichteilreizungen notwendig.

Heute können bei Erwachsenen, bei denen keine Strahlentherapie im betroffenen Gebiet durchgeführt wurde und guter Knochenstärke, beide Schritte in der Regel in einer einzigen Operation durchgeführt werden. Trotzdem muss eine belastungsfreie Einheilungsphase von mindestens 6 Wochen abgewartet werden.

Nach abgeschlossener Einheilung kann der Epithetiker dann eine Epithese herstellen. Dieser Prozess dauert je nach Aufwand 2-3 Tage. Der kosmetische Erfolg der epithetischen Versorgung hängt natürlich entscheiden von der kompetenten Anfertigung der Epithese ab.

Wir überblicken derzeit 280 Patienten zur kraniofazialen Rehabilitation mit knochenverankerten Epithesen und Hörgeräten. Die Akzeptanz der knochenverankerten Epithesen ist außerordentlich hoch.

Häufige Nachfragen

Am häufigsten versorgen wir Patienten mit Ohrepithesen. Es handelt sich meistens um Patienten mit Fehlbildungen der Ohrmuschel, gefolgt von Patienten nach Entfernung der Ohrmuschel im Rahmen einer Tumoroperation oder nach Verlust durch einen Unfall. Bei dieser Patientengruppe kann auch ein Ohrmuschelaufbau mit Rippenknorpel oder einem Polyethylengerüst durchgeführt werden. Es ist uns ein ganz wichtiges Anliegen, individuell auch über diese Möglichkeiten aufzuklären, damit der Patient in die Lage versetzt wird, selbst entscheiden zu können, welche Methode für ihn persönlich in Frage kommt. Am allerbesten ist dafür der Kontakt und das Erfahrungsaustausch mit einem oder mehreren  "Leidensgenossen".

Der betroffene Patient (und nicht nur die Eltern) sollte nach vorheriger eingehender Information und Aufklärung über o.g. andere Maßnahmen den ernsthaften Wunsch nach einer epithetischen Versorgung haben. Wir sind im Kindes- und Jugendlichenalter zurückhaltend. Dennoch haben wir einige weniger Kinder und Jugendliche mit Ohrepithesen erfolgreich versorgt. Ggf. kann zuvor ein Trageversuch mit einer Klebeepithese sinnvoll sein, um die Akzeptanz zu testen. Bei Erwachsenen gibt es nach ausführlicher Information und Beratung in der Regel keine Probleme.