Kunstherz beim Kind
Sektion Kinderherzchirurgie Klinik für Kinderkardiologie und Angeborene HerzfehlerErklärung
Kunstherz - was ist das?
Ein Kunstherz ist ein mechanisches Unterstützungssystem für das Herz von Patienten mit schwerer Herzleistungsschwäche. Ein Kunstherz soll die Herzarbeit der Patienten unterstützen, damit sich ihr eigenes Herz wieder erholen kann oder während sie auf eine Herztransplantation warten.
In der Fachsprache werden Kunstherzen auch ventrikuläre Assist-Devices (VAD) genannt. Je nach Erkrankung können eine Pumpe für die Unterstützung einer Herzkammer oder zwei Pumpen zur Unterstützung der rechten und der linken Herzkammer erforderlich sein. Daher werden folgende Systeme unterschieden:
- Assist Device für das linke Herz (LVAD)
- Assist Device für das rechte Herz (RVAD)
- Assist Device für beide Herzkammern (BIVAD)
Die unterschiedlichen Herzunterstützungssysteme
Allgemein werden zwei Bauarten on VAD-Systeme unterschieden:
- parakorporale (neben/ außerhalb des Körpers)
- implantierbare Systeme
Wenn der Arzt festgestellt hat, dass ein Herzunterstützungssystem erforderlich ist, wird er ein für die individuelle Erkrankung geeignetes System auswählen und dessen Einsatz empfehlen. Das sogenannte Berlin Heart® ist eines von verschiedenen verfügbaren Kunstherz-Systemen.
Parakorporales Herzunterstützungssystem
Ein parakorporales Herzunterstützungssystem ist das Berlin Heart EXCOR® VAD-System. Dabei ist die Variante EXCOR® Pediatric speziell für junge Patienten vom Neugeborenen bis zum Jugendlichen optimiert, während EXCOR® Adult für Erwachsene ausgelegt ist.
Die Hauptkomponente des Berlin Heart EXCOR® Assist Device ist eine pneumatisch betriebene Kammer, die außerhalb des Körpers platziert ist. Die Pumpkammer ist je nach Körpergröße bzw. –gewicht des Patienten unterschiedlich groß. Das Kunstherz wird durch Kolbenpumpen angetrieben, die ein Gasgemisch von der Antriebseinheit in die Pumpkammer und wieder aus ihr heraus befördern. Eine Membran befindet sich zwischen der Luftseite der Kammer und der Blutseite. Die Bewegung der Luft in und aus den Kammern bewirkt, dass sich die Membran zwischen Luft und Blut bewegt und (durch Unterdruck) das Blut in die Kammer saugt und dann das Blut zurück in den Körper pumpt.
Die Kanülen, die das Blut aus dem Herzen in die Kammer und zurück in den Körper leiten, werden durch die Bauchdecke nach außen geführt und mit der Pumpkammer, bzw. den Pumpkammern (beim BIVAD), verbunden.
Das Berlin Heart EXCOR® Pediatric ist das am häufigsten benutzte der zugelassenen Herz-Unterstützungssysteme bei Kindern in USA und Europa.
Implantierbare Herzunterstützungssysteme
Berlin Heart INCOR® ist ein implantierbares VAD-System. Bei diesem System wird die Pumpe unmittelbar neben dem Herzen in den Körper eingebracht und mit dem Herz über kurze Kanülen verbunden. Die Pumpe wird elektrisch angetrieben. Die Versorgung erfolgt durch Akkus, die über ein Kabel mit der Pumpe verbunden sind und außerhalb des Körpers liegen. Die Akkus sowie eine Steuereinheit sind in einer Tasche untergebracht, die wie ein Gürtel getragen werden kann.
Wie funktioniert das Berlin Heart?
Das Gerät übernimmt die Pumpfunktion des geschwächten Herzens. Da es die Kreislauffunktion sicherstellt, werden die Organe besser durchblutet und die Organfunktion kann sich erholen. Das bedeutet auch, dass der Patient in einen besseren körperlichen Zustand versetzt wird, falls eine Herztransplantation notwendig wird.
Bei einem biventrikulären Gerät nimmt die rechte Pumpenkammer Blut von der rechten Seite des Herzens und pumpt dieses in die Lungenschlagader. Die linke Pumpenkammer pumpt das Blut in die Körperschlagader.
Ein Patient, der wegen Herzleistungsschwäche zuvor im Bett bleiben musste und gegebenenfalls an eine Beatmungsmaschine angeschlossen war, kann sich mit dem Berlin Heart® bewegen und herumlaufen.
Einsetzen (Implantation) des Berlin Heart
Das Berlin Heart® wird im Rahmen einer Operation eingesetzt. Dabei werden Kanülen am Herz bzw. an den herznahen großen Gefäßen platziert. Während der Operation wird der Kreislauf von einer Herz-Lungen-Maschine unterstützt.
Nach der Implantation werden unsere kleinen Patienten auf der Intensivstation künstlich beatmet und erhalten Medikamente, um Schmerzen zu vermeiden.
Häufige Nachfragen
Stationärer Aufenthalt
Sobald sich der Gesundheitszustand stabilisiert, wird der Beatmungsschlauch entfernt. Unser Kinderherz-Team macht Sie, die Eltern, im Laufe der ersten Tage nach der Operation sukzessive mit dem Berlin Heart® vertraut. Nach Verlegung auf die Normalstation können Sie mit Unterstützung des Teams immer mehr die Betreuung Ihres Kindes selbst übernehmen.
Es wird während des stationären Aufenthalts immer mehr versucht, Normalität in den Tagesablauf Ihres Kindes zu bringen, beispielsweise kann Ihr Kind am Unterricht der Klinikschule teilnehmen oder mit Ihnen außerhalb des Krankenhauses spazieren gehen.
Hilfe und Unterstützung für Eltern
Wir wissen, dass das Leben mit einem schwer herzkranken Kind eine schwierige Zeit für Sie und Ihre Familie ist. Alle Mitglieder unseres Teams sind für Sie da, um Ihnen in dieser Situation zu helfen. Denken Sie daran, dass zu unserem Team Ärzte, Krankenschwestern, Physiotherapeuten, Psychologen, Seelsorger und Sozialarbeiter gehören, die Sie auf unterschiedliche Weise unterstützen können.
Wie trage ich ein Kunstherz?
Zwei Akkus garantieren eine unabhängige Laufzeit von insgesamt sechs Stunden. Notfallbatterien in den Antrieben gewährleisten darüber hinaus eine Notlaufzeit von zusätzlich maximal 15 Minuten für den Fall einer völligen Entladung beider Akkus.
Wie trage ich ein Kunstherz?
Die Antriebseinheit des Berlin Heart EXCOR® kann auf einen einachsigen Trolley gesetzt und vom Patienten wie ein Rollkoffer gezogen werden.
Was kann Ihr Kind mit einem Kunstherz nicht mehr machen?
Schwimmen gehen, denn das Kunstherz darf nicht mit Wasser in Kontakt kommen.
Wie sieht das Leben mit Kunstherz aus?
Durch ein Kunstherz wird es vielen schwerkranken Kindern ermöglicht, mit Einschränkungen wieder am täglichen Leben teilzunehmen.
Muss ein Kunstherzpatient Medikamente nehmen?
Ja, die Therapie mit einem Kunstherz erfordert die Einnahme von Blutverdünnern (z.B. Marcumar, ASS und/oder Clopidogrel). Dadurch wird das Risiko von Thrombosen und Schlaganfällen reduziert. Weitere Medikamente hängen von dem individuellen Gesundheitsstatus des Patienten ab.
Wie lang hält ein Kunstherz?
Die gängigsten Kunstherzen sind magnetisch gelagert und weisen daher keinerlei Verschleißerscheinungen auf. Es gibt mittlerweile Patienten, die bereits länger als 5 Jahre durch ein Kunstherz versorgt wurden. Allerdings können auch Komplikationen auftreten, die mit einer Infektion der Kabelaustrittsstelle verbunden sind oder sogar einen Pumpenwechsel notwendig machen.
Je nach Therapiestrategie wird das Kunstherz bis zur Erholung der eigenen Herzfunktion oder bis zu einer Herztransplantation eingesetzt. Wenn sich der Herzmuskeln wieder erholt hat, kann das Kunstherz wieder ausgebaut werden.
Wichtige Punkte zur Erinnerung:
- Ein Kunstherz dient der kurz- oder langfristigen Unterstützung der Herzfunktion bis zur Erholung der eigenen Herzfunktion bzw. während der Wartezeit für eine Herztransplantation.
- Physiotherapeuten werden versuchen, Ihr Kind bald nach der Operation darin zu unterstützen, wieder auf eigenen Beinen zu stehen und zu laufen.
- Mögliche Komplikationen sind Blutungen und Gerinnungsstörungen. Daher benötigt Ihr Kind regelmäßige Blutuntersuchungen, um diese Risiken erkennen und rechtzeitig behandeln zu können.
- Falls der Strom ausfällt, haben Sie immer eine Back-Up Batterie. Außerdem hat das System eine Handpumpe.
Patienten und Angehörige bekommen von unserem Team vor der Entlassung eine Schulung über das Berlin Heart®-System.
Erkrankungen
Spezialisten
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Tsvetomir Loukanov
Facharzt für Herzchirurgie, Facharzt für Chirurgie, zertifizierter Kinderherzchirurg
Dr. med. Helmut Rauch
DEGUM-Kursleiter Stufe III, TEE-Zertifizierung der EACVI, TEE-Zertifizierung der DGAI
Schwerpunkt
Bereichsoberarzt Kinderkardioanästhesie
Prof. Dr. med. Raoul Arnold
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologe, Pädiatrische Intensivmedizin, EMAH
Schwerpunkt
Interventionelle Kardiologie, EMAH, Magnetresonanz Tomographie, Pädiatrische Intensivmedizin
Prof. Dr. med. Matthias Gorenflo
Schwerpunkt
Pulmonale Hypertonie, Interventionelle Kardiologie, Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH)
Berthold Klein, ECCP
ECCP (European Certificate in Cardiovascular Perfusion)
Sektion Erwachsenenherzchirurgie und Kinderherzchirurgie
Schwerpunkt
Transplantationskoordination Herz, Kunstherzsyteme, ECMO, Kinderperfusion, Aus- und Weiterbildung von Studenten der FH Furtwangen und Akademie für KT in Berlin
Mareike Keller, Psychologin M. sc.
Schwerpunkt
Systemische Traumatherapeutin, Entwicklungsdiagnostik, Verhaltensauffälligkeiten bei chronischen Erkrankungen, Erziehungsberatung, psychologische Kriseninterventionen, Trauerbegleitung
Dipl. Sozialpädagogin Cosima Henn
Schwerpunkt
Sozialrechtliche Beratung und Betreuung von Familien mit chronisch kranken Kindern sowie von Kindern unter Kunstherz-Therapie und nach Herztransplantation