α-Thalassämie
Klinisches Beratungszentrum für Anämien Pädiatrische Onkologie, Hämatologie und Immunologie ThalassämienDefinition der Erkrankung
Die a-Thalassämie tritt häufig in tropischen und subtropischen Endemiegebieten der Malaria auf. Sie ist durch eine verminderte oder vollkommen fehlende Synthese der a-Globinketten gekennzeichnet. Dies führt zum Überschuss von g- oder b-Ketten, die die Homotetramere Hb Barts’s (g4) bzw. HbH (b4) bilden. Sowohl Hb Bart’s als auch HbH binden O2 mit hoher Affinität und ohne kooperativen Effekt, so dass sie als O2-Transporter nicht funktionieren.
Zusätzlich ist ihre Löslichkeit in den erythroiden Zellen geringer als die des HbA. Diese Überschusshämoglobine führen somit zur Schädigung der Erythrozytenmembran und zur hämolytischen Anämie.
Die a-Globinketten werden durch zwei, eng gekoppelte und fast identische Gene kodiert. Somit besteht das normale Komplement von a-Globingenen des diploiden Chromosomensatzes aus vier Genen.
Das klinische Bild ist abhängig von der Anzahl der noch funktionierenden a-Globingene, wobei a-Thalassämie-Mutationen im Gegensatz zur b-Thalassämie meist Deletionen sind.
Das Spektrum umfasst den intrauterinen Fruchttod bei einer Inaktivierung aller 4 a-Globingene (Hb-Bart’s-Hydrops fetalis), die Thalassaemia intermedia bei der Inaktivierung von 3 Genen (HbH-Krankheit), die Thalassaemia minor bei Ausfall von 2, sowie eine klinisch und hämatologisch nicht fassbare Form bei Ausfall von einem a-Globingen.
Hb-Bart’s-Hydrops fetalis (α-Thalassaemia major)
Der klinische Verlauf variiert beträchtlich. Einige Feten entwickeln sich in utero recht gut bis zum 3. Trimenon, andere hingegen weisen bereits im 2. Trimenon schwere Anomalien wie Herzinsuffizienz, Aszites bis hin zum intrauterinen Tod auf. [3] Ohne intrauterin durchgeführte Transfusionen kommt es zur Totgeburt oder zu einem frühen postnatalen Tod. Kongenitale Malformationen beinhalten Hypospadien und andere Veränderungen des Urogenitaltrakts und Fehlbildungen der Gliedmaßen. Kinder, die die Geburt ohne pränatale Interventionen überleben, haben meist schwerste neurologische Folgeschäden. Sehr selten werden Kinder mit homozygoter a-Thalassämie trotz fehlenden intrauterinen Transfusionen ohne Hydrops geboren. [14]. Erhöhte Level von Hb Portland, einem normal funktionierendem embryonalen Hämoglobin, könnten für diesen besseren klinischen Verlauf verantwortlich sein [4].
HbH-Krankheit (α-Thalassaemia intermedia)
Die HbH-Krankheit ist durch eine hämolytische Anämie unterschiedlicher Ausprägung gekenzeichnet, die stark von der Art der Mutation abhängig ist. HbH ist instabil und bildet intrazelluläre Präzipitate, die zur Hämolyse führen. Manche Patienten benötigen intermittierend Transfusionen. Molekulargenetisch findet sich bei den meisten Patienten eine gemischte Heterozygotie für eine Deletion beider a-Globingene (a0-Thalassämie) und eine Deletion nur eines der beiden a-Globingene (a+-Thalassämie). Bei phänotypisch schweren Formen der HbH Krankheit findet sich meist eine Punktmutation des a2-Gens.
α-Thalassaemia minor
Wie bei der b-Thalassaemia minor zeichnet sich die a-Thalassaemia minor durch eine milde, nicht behandlungsbedürftige hypochrome, mikrozytäre Anämie aus. Ein humangenetisches Risiko für eine der schweren Formen der a-Thalassämie besteht meist nur dann, wenn die Eltern heterozygot für eine a0-Thalassämie sind. Dies findet sich meist bei Patienten aus Südostasien.
Diagnose
Neben der oben genannten Klinik liefert das Blutbild mit Anämie und richtungsweisendem Blutausstrich entsprechende Hinweise (s. Abbild A). Das instabile HbH kann in vitro durch Redoxagentien wie Brilliantcresylblau präzipitiert und seine Einschlusskörperchen können so im Blutausstrich sichtbar gemacht werden (s.Abbild B). Das instabile HbH kann in der Hb-Elektrophorese an seiner schnellen Wanderungsgeschindigkeit erkannt werden. Das Hb-Bart’s hydrops fetalis-Syndrom kann ebenso wie die HbH-Krankheit durch die Klinik und durch einfache hämatologische Untersuchungen diagnostiziert werden. Schwieriger gestaltet sich die Diagnose bei den α-Thalassämien mit mildem klinischen Verlauf, bei denen 2 oder 3 funktionierende α-Globingene vorhanden sind.
Zum Nachweis dieser milden α-Thalassämien ist die einzige sichere Methode die DNA-Analyse.
Ablauf der Behandlung
Beim Hb Bart’s Hydrops fetalis sind bereits interuterin Transfusionen erforderlich, um den drohenden Hydrops fetalis zu vermeiden. Postnatal müssen diese Transfusionen analog der Therapie der β-Thalassaemia major lebenslang weitergeführt werden. Ebenso ist parallel hierzu eine Eiseneliminationstherapie notwendig. Die einzige kurative Behandlung ist die Stammzelltransplantation.
Die HbH-Krankheit erfordert meist nur eine supportive Therapie wie andere hämolytische Anämien.
Intermittierend kann jedoch Transfusionsbedarf entstehen. Komplikationen der hämolytischen Anämie, die einer Therapie bedürfen, sind Cholelithiasis, durch Infektionen getriggerte hämolytische Krisen, Parvovirus B19 assoziierte aplastische Krisen oder das Hypersplenie-Syndrom.