Heidelberger Zentrum für Plazenta accreta Spektrum (PAS-HD)
Definition der Erkrankung
Was ist Plazenta accreta Spektrum?
Das Krankheitsbild des „Plazenta accreta Spektrum“ (PAS) gehört zu den Plazentationsstörungen. Man versteht darunter ein zu tiefes Einwachsen des Mutterkuchens (Plazenta) in die Gebärmutterwand. Beim Vorliegen dieses Krankheitsbildes kommt es zu Schwierigkeiten beim Lösen der Plazenta nach der Geburt und dadurch meist zu schweren Blutungen.
Hintergrund
Um das Krankheitsbild des Plazenta accreta Spektrums besser zu verstehen, ist es hilfreich, den Aufbau der Gebärmutter zu kennen. Die Gebärmutter besteht aus drei Schichten: Das Endometrium ist die innerste Schleimhautschicht, gefolgt von der muskulösen mittleren Schicht (dem Myometrium) und der äußeren Schicht, der Uterusserosa.
Normalerweise befestigt sich die Plazenta nur am Endometrium und löst sich nach der Geburt von selbst ab. Bei PAS jedoch wächst der Mutterkuchen tiefer in die Gebärmutterwand.
PAS wird in 3 Schweregrade unterteilt:
- Bei einer „Plazenta accreta“ wächst die Plazenta über die innere Schleimhautschicht hinaus und haftet fest am Muskel.
- Bei einer „Plazenta increta“ wächst die Plazenta noch weiter und dringt tief in die Muskelschicht der Gebärmutter ein.
- Selten kann sich die Plazenta so tief in die Gebärmutterwand einnisten, dass sie sogar durch die äußerste Schicht der Gebärmutter wächst und andere Organe wie die Blase beeinträchtigt. Dies wird als “Plazenta percreta” bezeichnet.
Symptome
Die meisten Frauen mit PAS zeigen keine Symptome. Meistens wird eine Plazentationsstörung zufällig im Ultraschall im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge entdeckt. Insbesondere bei vorangegangenen Kaiserschnitten wird Ihr Gynäkologe schon in der Frühschwangerschaft darauf achten, ob sich die Fruchthöhle an einer guten Stelle in der Gebärmutter eingenistet hat.
Besteht bereits sehr früh der Verdacht auf z.B. eine Narbenschwangerschaft, sollten Sie sich schon im ersten Drittel (Trimester) der Schwangerschaft in unserer Pränataldiagnostik zur weiteren Abklärung und Beratung vorstellen. Meistens fällt eine Plazentationsstörung aber erst in den höheren Schwangerschaftswochen (2. oder 3. Trimester) auf. Bei einigen betroffenen Frauen wird die Diagnose sogar erst entweder zum Zeitpunkt des Kaiserschnitts oder nach einer vaginalen Geburt gestellt, wenn sich die Plazenta nicht von der Gebärmutterschleimhaut ablöst.
Ursachen
Habe ich ein erhöhtes Risiko für PAS/ Plazentationsstörungen?
Generell kommen solche Plazentationsstörungen selten vor. Als direkte Folge der steigenden Kaiserschnittraten nimmt auch die Rate der PAS-Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten weltweit zu und liegt derzeit in Deutschland zwischen 1:500 und 1:700 Geburten.
Ursachen für Plazentationsstörungen sind typischerweise Schäden an der Gebärmutterwand, die meistens durch vorangegangene Operationen an der Gebärmutter z.B. durch Kaiserschnitte entstanden sind.
Bei einer normalen Schwangerschaft erfolgt die Einnistung des Embryos hoch oben in der Gebärmutter, wo das Endometrium am dicksten ist. Manchmal nistet sich der Embryo aber im unteren Drittel der Gebärmutter oder gar im Bereich einer alten Kaiserschnittnarbe ein („Narbenschwangerschaft“). Daraus entwickelt sich häufiger eine tief liegende Plazenta. Frauen mit einer tief liegenden Plazenta, einer sogenannten Plazenta praevia, und einer Vorgeschichte von Kaiserschnittgeburten haben das höchste Risiko PAS zu entwickeln.
Weitere Risikofaktoren sind Kinderwunschbehandlungen wie IVF, andere Operationen an der Gebärmutter wie eine Ausschabung zum Beispiel nach einer Fehlgeburt oder eine Entfernung von Myomen.
Diagnose
Besteht bei Ihnen der Verdacht auf eine Erkrankung des Plazenta accreta Spektrums, sollten Sie sich zeitnah in unserer Pränataldiagnostik zur weiteren Abklärung und Beratung vorstellen.
Hier wird zunächst eine detaillierte Ultraschalluntersuchung erfolgen. Obwohl der Ultraschall die beste Methode zur Untersuchung der Plazenta ist, wird ergänzend oftmals noch eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt. Wir werden sowohl die Ultraschall- als auch die MRT-Bilder verwenden, um Ihre Entbindung bestmöglich und sicher für Sie und Ihr Kind zu planen. Beide Verfahren sind während der Schwangerschaft sicher und schaden Ihrem Baby nicht.
Krankheitsverlauf
Weiterer Schwangerschaftsverlauf
Nach der Diagnose einer Placenta accreta werden Sie zunächst regelmäßig ambulant in unserer Pränataldiagnostik kontrolliert und wahrscheinlich einige Zeit vor dem Entbindungstermin ins Krankenhaus aufgenommen. Während Ihres Krankenhausaufenthalts werden Sie und Ihr Baby sorgfältig überwacht. Sie werden von unserem Team von Ärzten und Hebammen mit spezieller Fachkenntnis im Bereich Placenta accreta Spektrum betreut.
Geburt
In den meisten Fällen wird Ihr Baby einige Wochen vor dem errechneten Geburtstermin entbunden. Wenn der Verdacht auf eine Diagnose im Plazenta-accreta-Spektrum besteht, wird Ihr Baby durch einen Kaiserschnitt entbunden. Unser PAS-Expertenteam besteht aus mehreren Ärztinnen und Ärzten (Gynäkologie und Geburtshilfe, Neonatologie, Radiologie, Gefäßchirurgie, Anästhesie), Hebammen und Psychologen. Wir beraten Sie individuell basierend auf Ihrer Vorgeschichte und planen mit Ihnen das für Sie und Ihr Kind beste Vorgehen bei der Geburt.
Im Rahmen des Kaiserschnittes wird wie sonst auch das Baby zuerst entbunden durch einen Schnitt an der Gebärmutter, der von der Plazenta möglichst weit entfernt ist, sodass die Plazenta ungestört bleibt. Dies minimiert das Blutungsrisiko. Im Plazenta-accreta-Spektrum bleibt die Plazenta nach der Entbindung fest an der Gebärmutter haften, und es besteht ein hohes Blutungsrisiko, wenn versucht wird, die Plazenta zu entfernen. Um den Blutverlust möglichst gering zu halten, ist die Entfernung der Gebärmutter mitsamt der Plazenta, eine sogenannte Hysterektomie, direkt nach der Geburt des Babys in den meisten Fällen das sicherste Vorgehen. Etwa 4 von 5 betroffenen Frauen werden eine Hysterektomie benötigen.
In einigen ausgewählten Fällen stehen andere Behandlungsoptionen zur Verfügung. Manchmal ist die Plazenta nur in einem kleinen Bereich tief in die Gebärmutter eingewachsen und ein Großteil der Plazenta ist möglicherweise nicht fest. In diesen seltenen Fällen kann dieser kleine, fest verwachsene Muskelbereich der Gebärmutter zusammen mit der Plazenta entfernt werden („fokale Resektion“). Die Gebärmutter wird dann ähnlich wie bei einem Kaiserschnitt erhalten und verschlossen.
In einem kleinen Teil der Fälle kann die Plazenta in der Gebärmutter belassen werden, wo sie sich über einige Monate abbauen kann. Dies funktioniert jedoch nur in ausgewählten Fällen. 6 von 10 auf diese Art behandelten Frauen brauchen später aufgrund von starken Blutungen oder Infektionen dennoch eine Hysterektomie.
Nachsorge
Für die ersten 24 Stunden nach der Geburt werden Sie wahrscheinlich zur Überwachung und Beobachtung auf die Intermediate Care Station der Frauenklinik aufgenommen. Wenn die Operation unkompliziert war und der Blutverlust gering, müssen Sie möglicherweise nur 3-4 Nächte nach der Geburt im Krankenhaus verbringen.
Es wird etwa 3-6 Wochen dauern bis die Wunden vollständig verheilt sind.
6 Wochen nach der Operation wird ein Termin bei uns in der Klinik für eine Nachsorgeuntersuchung vereinbart.
Spezialisten
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Dr. med. Alexandra von Au
Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Leitung PAS-HD
DEGUM I gynäkologische und perinatale Sonographie
DEGUM I Mammasonographie
AGE-Qualifikation MIC ISchwerpunkt
Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin