Neuroendokriner Tumor
Definition der Erkrankung
Gastro-Entero-Pankreatische (GEP) Tumoren - auch als neuroendokrine Tumoren (NET) bezeichnet - sind potentiell maligne Tumoren des Gastrointestinaltraktes, die sich aus hormonproduzierenden (endokrinen) Zellen entwickeln. Sie treten in der Regel sporadisch auf und sind mit einer Inzidenz von etwa 1-2/100.000 Einwohner selten. Klinisch zeichnen sie sich durch ein deutlich langsameres Wachstum als Karzinome aus.
Neuroendokrine Tumoren werden in drei Gruppen eingeteilt:
- Tumoren, die Hormone freisetzen (funktionell aktiv)
Gastrinom (Zollinger-Ellison-Syndrom)
Insulinom
VIPom (Verner-Morrison-Syndrom)
Glukagonom
Somatostatinom
Karzinoid-Syndrom - Tumoren, die kein Hormon freisetzen (funktionell inaktiv)
- Tumoren, die im Rahmen einer Multiplen Endokrinen Neoplasie (MEN) vorkommen (funktionell aktiv oder inaktiv)
Symptome
Klinische Symptome funktionell aktiver GEP-Tumoren:
Gastrinom
Therapieresistente, rezidivierende Geschwüre im Magen, Duodenum oder sogar Jejunum; Durchfälle; Fettstühle
Insulinom
Unruhe, Schwitzen, Zittern, Heisshunger, Bewusstseinsstörungen sowie Sehstörungen durch Unterzuckerung
VIPom
Wässrige Durchfälle, Flüssigkeitsmangel, Kaliummangel, Magensäuremangel
Glucagonom
chronischer, wandernder Ausschlag, milde Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
Somatostatinom
Milder Diabetes mellitus, Gallensteine, Durchfälle, Fettstühle
Karzinoid-Syndrom
Anfallsartige Gesichtsrötung (Flush-Symptomatik), krampfartige Bauchschmerzen, Durchfälle, Herzbeschwerden, Atembeschwerden
Symptome funktionell inaktiver GEP-Tumoren:
Mehr als die Hälfte der GEP-Tumoren sind funktionell inaktiv, d.h. sie schütten keine Hormone aus. Bei diesen Tumoren kommt es nicht selten zur Erstdiagnose als Zufallsbefund oder aber im fortgeschrittenen Stadium durch Verdrängung benachbarter Organe oder durch die Manifestation einer unspezifischen Symptomatik im Sinne einer metastasierten Erkrankung.
Diagnose
Die funktionell inaktiven, langsam wachsenden GEP-Tumoren werden erst dann diagnostiziert, wenn sie durch ihre Größe Beschwerden verursachen.
Bei hormonell aktiven Tumoren führen neben den klinischen Symptomen bestimmte biochemische Untersuchungen zu der Diagnose. Dabei kommt dem Nachweis entsprechend erhöhter Hormonspiegel im Blut oder der Hormonabbauprodukte im Urin eine besondere Bedeutung zu. Darüber hinaus kommen besonders empfindliche bildgebende Verfahren, wie z.B. Computertomographie, Magnetresonanztomographie, endoskopische Untraschall-Untersuchung, Somatostatinrezeptor-Szintigraphie sowie Angiographie, zur Darstellung und Lokalisation von GEP-Tumoren zum Einsatz.
Tumor | Tumorhormone | Tumorlokalisation |
Tumor | Tumorhormone | Tumorlokalisation |
Gastrinom | Gastrin | Bauchspeichelsdrüse, Zwölffingerdarm
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Insulinom | Insulin | Bauchspeicheldrüse |
ViPom | Vasoaktives Intestinales Polypeptid | Bauchspeicheldrüse, Grenzstrang |
Glukagonom | Gastrin | Bauchspeicheldrüse, Zwölffingerdarm
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Glukagon | Gastrin | Bauchspeicheldrüse |
Somatostatinom | Somatostatin | Bauchspeicheldrüse, Zwölffingerdarm |
Karzinoid | Serotonin, Tachykinine, Bradykinine, evtl. Guanylin | Dünn- und Dickdarm, Bauchspeichedrüse |
Hormonell inaktive Tumoren | Bauchspeichedrüse, Dünn- udn Dickdarm |
Ablauf der Behandlung
Wie bei anderen Tumoren ist die chirurgische Entfernung des Tumors die Therapie der ersten Wahl. Wann immer möglich, sollte eine chirurgische Entfernung des Primärtumors sowie vorhandener Lymphknoten und seiner möglichen Tochterabsiedlungen angestrebt werden.
Bei progressiven, nicht resektablen neuroendokrinen Tumoren kommen Chemotherapien, Chemoembolisation, Perkutane Ethanol-Injektion (PEI) oder medikamentöse Therapien mit Somatostatin-Analoga und Interferon zum Einsatz. Ziele dieser konservativen Behandlung sind:
- die durch Hormonausschüttung hervorgerufenen Beschwerden zu lindern;
- das Tumorwachstum zu stoppen;
- die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.