Sehnenverletzung
Klinik für Unfall- und WiederherstellungschirurgieDefinition der Erkrankung
Riss einer Sehne, der bindegewebigen Verbindung zwischen Muskel und Knochen
Ursachen
Sehnen dienen als Bindeglied zwischen Muskel und Knochen und sind wesentlich an der Kraftübertragung und damit der Funktion eines Gelenkes beteiligt. Kommt es zu einem Riss der Sehne, ist dies meist mit einer Gewalteinwirkung verbunden. Zu einer direkten Durchtrennung kann es bei einer Verletzung durch einen scharfen Gegenstand kommen, häufiger ist jedoch die Ruptur durch plötzliche Überlastung und Überdehnung der Sehne. Diese Verletzung findet man üblicherweise bei Sportlern oder bei Stürzen im Rahmen längerer (Berg-)Wanderungen, wobei die Sehne durch die Dauerbelastung bereits ermüdet. Manchmal reißt eine Sehne auch spontan. Dem liegt jedoch in der Regel ein Vorschaden z.B. bei rheumatischen Erkrankungen zu Grunde. Im zunehmenden Alter kommt es generell zu degenerativen Umbauprozessen der Sehnen, die Anfälligkeit für Risse bei bereits schwächerer Gewalteinwirkung steigt.
Diagnose
Der Verdacht auf eine Sehnenverletzung ergibt sich meist aus dem Unfallmechanismus und den vom Patienten geschilderten Beschwerden. Typisch ist ein plötzlicher Schmerz verbunden mit einer Schwellung und einem Bluterguss. Die Patienten können je nach Lokalisation der Sehne bestimmte Bewegungen nicht mehr durchführen (Funktionsverlust). Dies kann der Arzt im Rahmen der klinischen Untersuchung anhand bestimmter Bewegungsabläufe und Tests gezielt prüfen. Bei Rupturen der Kniegelenksnahen Sehnen (Quadriceps-, Patellarsehne) zum Beispiel, kann der Patient das betroffene Kniegelenk nicht mehr selbständig strecken.
Zur Bestätigung der Ruptur wird eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) oder Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt. Mit diesen Untersuchungen lassen sich Sehnenrisse zuverlässig diagnostizieren. Ein Röntgenbild ist hilfreich bei knöchernen Ausrissen der Sehnenenden und zur Erkennung von Begleitverletzungen.
Krankheitsverlauf
Ablauf der Behandlung
Die Behandlung einer Sehnenverletzung richtet sich in erster Linie nach der betroffenen Sehne.
Rupturen der kniegelenksnahen Sehnen (Quadriceps- und Patellarsehne) bedürfen in der Regel einer operativen Therapie. Nur bei Teilrissen, wenn die Sehne noch zusammenhängt, kann die Behandlung konservativ in einer speziellen Schiene (Orthese) durchgeführt werden. Bei der Operation wird die gerissene Sehne durch einen Schnitt oberhalb (Quadricepssehne) oder unterhalb (Patellarsehne) der Kniescheibe dargestellt. Die Quadricepssehne reisst häufig am Ansatz an der Kniescheibe aus. Zur besseren Stabilität wird die Sehne dann über Bohrkanäle mit einem speziellen Faden direkt an den Knochen „genäht“ (transossäre Naht). Bei Rissen der Patellarsehne werden die Sehnenstümpfe meist direkt aneinander genäht. Zur zusätzlichen Sicherung wird eine Cerclage (Umschlingung) aus Draht (McLaughlin-Cerclage) oder speziellem Faden zwischen Kniescheibe und Schienbeinhöcker angelegt um die Naht zu entlasten.
Die Behandlung einer Achillessehnenruptur kann in bestimmten Fällen ohne Operation (konservativ) erfolgen. Wesentlich sind dabei bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen. Im Ultraschall wird die Annäherung der Stümpfe in Spitzfußstellung (Flexion) überprüft. Kommt es dabei zu einer guten Annäherung, kann dem Patienten eine konservative Therapie angeboten werden. Hierbei ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass Risse im Bereich des Überganges der Sehne zum Muskel besser heilen, als im Ansatzbereich am Fersenbein. Bei der konservativen Behandlung besteht laut Studien ein etwas erhöhtes Risiko für einen erneuten Riss (Re-Ruptur). Dies muss mit dem Patienten besprochen werden und sollte auch seinen funktionellen Anspruch (Sportler!) berücksichtigen. In allen anderen Fällen kommt eine Operation zur Behandlung in Frage. Dabei wird zwischen offenen und minimalinvasiven Verfahren unterschieden. Offene Verfahren erlauben die bestmögliche Darstellbarkeit und gute Möglichkeit der direkten Naht. Dies ist insbesondere bei älteren Rupturen wichtig. Demgegenüber steht ein erhöhtes Risiko für Vernarbungen/Verklebungen und Wundheilungsstörungen. Frische und einfache Rupturen können daher gut minimalinvasiv behandelt werden. Dabei kommt ein speziell entwickeltes Gerät, das Achillon zur Anwendung. Über einen möglichst kleinen Hautschnitt wird das Gerät unter der Haut entlang der Sehne eingebracht und damit Fäden durch die Haut und die Sehnenenden durchgezogen. Diese können dann unter Sicht direkt miteinander verknotet werden.
Die Ruptur der körperfernen (distalen) Bicepssehne erfordert eine operative Therapie. Die Sehne wird dann wieder an der Tuberositas radii (Rauhigkeit am gelenknahen Teil der Speiche) befestigt. Ohne Operation kommt es zu einem erheblichen Kraftverlust der Einwärtsdrehung und Beugung des Unterarmes. Zur Befestigung der Sehne können Knochenanker oder spezielles Fadenmaterial (BicepsButton) verwendet werden.
Mögliche Komplikationen / Risiken
Nachsorge
Postoperativ ist bei allen o.g. Sehnenverletzungen von einem mehrtägigen stationären Aufenthalt des Patienten auszugehen, in dessen Rahmen bereits mit der Physiotherapie begonnen wird.
Bei Rupturen der kniegelenksnahen Sehnen erfolgt noch während des stationären Aufenthaltes die Anlage einer funktionellen Orthese, welche zunächst auf 30° Beugung limitiert und dann alle 2 Wochen um weitere 30° freigegeben wird. Nach Entlassung folgen eine ambulante physiotherapeutische Weiterbehandlung und in der Regel eine Teilbelastung für 6 Wochen mit regelmäßigen Kontrollen beim niedergelassenen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. In Streckung des Kniegelenkes darf das betroffene Bein vollbelastet werden.
Achillessehnen werden unabhängig von der Therapie (konservativ oder operativ) zunächst in einem entsprechenden stabilisierenden Stiefel (z.B. Vacoped) in 20° Spitzfußstellung ruhiggestellt, um die Naht nicht zu strapazieren. In dieser Position kann der Patient auf dem betroffenen Bein bereits voll belasten. Mittlerweile haben sich frühfunktionelle Behandlungs-Schemata bewährt. Dabei wird die Muskulatur trainiert und die Sehne zunehmend wieder gedehnt.
In der Regel werden die Patienten in unserer Sprechstunde nach 6 Wochen und 3 Monaten gesehen. Dabei wird die Heilung in der MRT und Sonografie kontrolliert. Neuste Verfahren wie die kontrastmittelverstärkte Sonografie, welche die Durchblutung der genähten Sehne sichtbar macht, kommen im Rahmen klinischer Studien zur Anwendung.
Bei distalen Bicepssehnenrupturen wird ebenfalls eine schnelle und intensive krankengymnastische Behandlung angestrebt um Bewegungseinschränkungen im Ellenbogen zu vermeiden. Die ersten 6 Wochen trägt der Patient dabei eine Orthese mit einer Begrenzung der Streckung, welche schrittweise freigegeben wird. Eine volle Rückkehr zu körperlicher Arbeit und Sport ist nach ca. 12 Wochen wieder möglich.