Leistenbruch

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie

Definition der Erkrankung

Von Brüchen (Hernien) spricht man, wenn sich Anteile der Bauchorgane durch Lücken in der Bauchwand hervorwölben. Diese Lücken können angeboren (Leistenbruch) oder erworben (Narbenbruch) sein. Jeder Bruch besteht aus einer Bruchpforte (Lücke in der Bauchwand), Bruchsack (ausgestülptes Bauchfell) und dem Bruchinhalt (z.B. Darm).

Leistenhernien sind Öffnungen an natürlichen Schwachstellen der Bauchwand, durch die Fett- und Darmanteile in den Leistenkanal gelangen können. Sie entstehen, wenn der Druck auf den Leistenkanal zu groß wird und das Gewebe nachgibt. Durch den Leistenkanal verlaufen bei einem Mann der Samenstrang und die Blutgefäße bis zum Hoden, bei der Frau befindet sich hier das Mutterband, welches bis zur Gebärmutter reicht.

Der Leistenhernie (Hernia inguinalis) zählt zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen. Pro Jahr erleiden 200 von 100.000 Menschen eine Leistenhernie.

Es lassen sich zwei Formen unterscheiden:

Indirekte Leistenhernie

Diese Form kann angeboren oder erworben sein und tritt häufig bei Neugeborenen, Kindern und jungen Menschen auf. Durch ihre Anatomie erkranken eher Männer daran. Bei einem indirekten Leistenbruch verläuft der Bruch entlang des Samenleiters und der Hodengefäße durch den inneren Leistenring bis in den Leistenkanal.

Direkte Leistenhernie

Wird im Laufe des Lebens das Bindegewebe schwächer, gibt das Leistengewebe bei zu starker Belastung nach und es kommt zu einer direkten Leistenhernie. Diese Form ist seltener und tritt eher bei Erwachsenen auf. Der Bruch geht direkt durch die Bauchdecke in den Leistenkanal hinein.

Zusammen mit unseren Kooperationspartnern, den Krankenhäusern Salem/Heidelberg und Sinsheim operieren wir jährlich etwa 800 Leistenhernien. Dabei wählen wir aus dem gesamten Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten jeweils das Verfahren aus, das genau zu unseren Patienten und ihrer Situation passt. So operieren wir beispielsweise seit über 20 Jahren Leistenhernien auch endoskopisch.

Weitere Informationen

Symptome

Die Anzeichen für einen Leistenbruch sind unterschiedlich und größenabhängig:

  • Vorwölbung („Beule“) im Bereich der Leiste
  • Leichter, ziehender Schmerz in der Bruchregion, verstärkt sich beim Abtasten
  • Verdauungsstörungen
  • Gelegentlich Bauchschmerzen
  • Starke Schmerzen, wenn der Bruchinhalt eingeklemmt ist

Handelt es sich um eine kleine Leistenhernie, treten keine oder nur leichte Beschwerden auf. Gefährlich wird es, wenn der Bruchinhalt eingeklemmt wird, etwa wenn ein Stück Darm in der Ausstülpung eingequetscht wird. Dann fließt zu wenig Blut durch das Gewebe und die Situation kann lebensbedrohlich werden. Gehen Sie deshalb immer zum Arzt, wenn Sie in der Leiste eine typische Schwellung bemerken. Haben Sie zusätzlich starke Schmerzen, wird Ihnen übel oder fühlen Sie sich fiebrig, suchen Sie bitte umgehend einen Arzt auf. Dann handelt es sich womöglich um eine eingeklemmte Leistenhernie, die lebensbedrohlich ist und sofort operiert werden muss.

Ursachen

Auf der Leistenregion lastet ein gewisser Druck, der durch die Bauchorgane und die Bauchmuskulatur hervorgerufen wird. Wenn wir etwas hochheben, niesen, husten oder beim Stuhlgang pressen, erhöht sich dieser Druck. Normalerweise bereitet dies keine Probleme, da sie durch kräftige Muskeln und ein festes Bindegewebe gestützt wird. Wird der Druck zu groß, gibt das Leistengewebe nach und das Bauchfell, welches die Bauchwand innen auskleidet, sackt durch die entstandene Lücke (Bruchpforte) ab. In diesen dadurch entstandenen Bruchsack können sich Teile des Darms (selten auch andere innere Organe) hineinzwängen. Von außen wird eine Ausstülpung im Bereich der Leiste sichtbar – der Leistenbruch.

Leistenbrüche (Leistenhernien) sind entweder angeboren oder entstehen mit zunehmendem Alter. Das Heben schwerer Lasten, chronischer Husten, Bauchwasser (Aszites) oder frühere Schwangerschaften (Druckerhöhungen in der Bauchhöhle) können dazu beitragen, dass eine Leistenhernie auftritt. Meist lässt sich jedoch keine spezifische Ursache ermitteln.

In der Regel entsteht der Bruch an den anatomischen Schwachstellen in der Bauchdecke. Mit 80 Prozent zählt die Leistenhernie (Inguinalhernie) zur häufigsten Bruchform. In Deutschland werden pro 100.000 Menschen etwa 200 Personen pro Jahr an einer Leistenhernie operiert. Weniger häufig sind Nabelbrüche (Umbilikalhernie), Schenkelbrüche (Femoralhernie) und Narbenbrüche im Bereich früherer Operationszugänge in die Bauchhöhle.

Prinzipiell können die folgenden Faktoren den Innendruck im Bauchraum erhöhen, wodurch das Risiko für eine Leistenhernie steigt.

  • Chronische Verstopfung
  • Übergewicht (Adipositas)
  • Chronischer Husten
  • Prostatavergrößerungen
  • Schwangerschaften
  • Wiederholtes Heben schwerer Lasten
  • Erhöhtes Lebensalter mit Abnahme der Bindegewebsfestigkeit
  • Bauchwasser (Aszites)

Diagnose

Ob ein Leistenbruch vorliegt, lässt sich durch Abtasten der Leistenregion feststellen. Meist findet sich dabei eine weiche Schwellung im Bereich der Leiste. Als Patient merken Sie davon teilweise jahrelang nichts. Zu erkennen gibt sich ein Bruch oft nur belastungsabhängig durch einen ziehenden, teils stechenden Schmerz, etwa beim Husten. Bei größeren Leistenhernien sind auch gurrende Darmgeräusche zu hören.

Wenn bei Ihnen eine Leistenhernie vermutet wird, stellen Sie sich bitte in der Ambulanz in einer unserer Kliniken vor. Unsere Ärzte untersuchen dabei zunächst die Leistenregion (körperliche Untersuchung) und besprechen mit Ihnen, welche Operationsmethode für Sie in Frage kommt. Danach erhalten Sie einen Operationstermin und es wird geklärt, ob die Operation stationär oder ambulant vorgenommen werden kann.

Vor Ihrer Operation bespricht der Narkosearzt (Anästhesist) mit Ihnen in einem ausführlichen Aufklärungsgespräch das Narkoseverfahren. Führen wir die Operation bei Ihnen ambulant durch oder findet sie am Aufnahmetag statt, erhalten Sie von uns einen Termin zur Vorbereitung auf die Operation und einen weiteren Termin, an dem Sie operiert werden.

Ablauf der Behandlung

Da sich ein Leistenbruch im Laufe der Zeit vergrößert und auch Komplikationen verursachen kann, sollte er immer behandelt werden. Die Verwendung eines Bruchbandes ist unserer Auffassung nach nicht sinnvoll, da es den Bruch nicht beseitigt, das Tragen unangenehm und auf Dauer unhygienisch ist. Diese nicht mehr zeitgemäße Methode sollte nur noch im absoluten Ausnahmefall eingesetzt werden. Wir raten in jedem Fall zu einer Beseitigung der Leistenhernie durch eine Operation.

Die heutigen Operationsverfahren unterscheiden sich in der Technik, im verwendeten Material und im operativen Zugang.  Welches Verfahren zum Einsatz kommt, hängt von der Form der Leistenhernie ab, von möglichen Komplikationen wie etwa einer Einklemmung und von anderen individuellen Faktoren wie dem Lebensalter, Begleiterkrankungen, Körpergewicht. Bei konventionellen Schnitt-Verfahren entscheidet sich erst während der Operation, welches das richtige Verfahren ist.

Es besteht zum einen die Möglichkeit, die Schichten der Bauchwand bzw. des Leistenkanales neu zu vernähen. Dazu verwenden wir resorbierbares und nicht resorbierbares Nahtmaterial. Bei der klassischen Operationsmethode nach SHOULDICE wird durch einen Hautschnitt in der Leiste die Bauchdecke geöffnet. Mit traditionellen chirurgischen Instrumenten lässt sich anschließend der Gewebebruch durch Nähte verschließen.

Eine weitere Möglichkeit ist, die Bauchwand durch verschiedene Kunststoffnetze wieder zu stärken. Dies kann über einen Schnitt in der Leiste oder video-endoskopisch (minimalinvasiv) direkt in der vorderen Bauchwand geschehen. Dabei wird das Netz vor die Bauchmuskulatur bzw. die Schichten der Bauchwand gelegt und die Bruchpforte mit einem Polypropylennetz spannungsfrei verschlossen (Operation nach LICHTENSTEIN).

Bietet sich bei Ihnen hingegen ein minimalinvasives Verfahren an, kann das Netz in die vordere Bauchwand zwischen dem Bauchfell und der Bauchmuskulatur (also hinter die Bauchdecke) eingebracht und so die Bruchpforte verschlossen werden. Hier setzen wir je nach Ausgangsbefund zwei verschiedene Verfahren ein: die laparoskopische Transabdominelle Netzimplantation (TAPP) oder die Totale Extraperitoneale Netzimplantation (TEP). Beim TAPP-Verfahren verschließen wir über eine Bauchspiegelung die Bruchpforte dauerhaft und spannungsfrei mit einem Polypropylennetz unter der Bauchdecke. Beim TEP-Verfahren erfolgt das Einsetzen des Netzes durch die Bauchwand zwischen dem Bauchfell (Peritoneum) und der Muskulatur (extraperitonaler Raum). Das Netz wird an der gleichen Stelle wie bei der TAPP platziert.

Der große Vorteil der Einlage von Netzen unter die Muskelschicht (TAPP/TEP) liegt darin, dass die Wiederherstellung (Reparation) der Bauchwand spannungsfrei erfolgen kann. Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen kann man davon ausgehen, dass das Wiederauftreten eines Bruches nach einer Netzimplantation etwas seltener ist (etwa 0,5 bis 2 Prozent gegenüber drei bis fünf Prozent ohne Netzeinlage). Ein weiterer Vorteil ist, dass das Netz nach seiner Einheilung die Leiste stabil ist, so dass Sie relativ schnell (ca. nach 2 Wochen) wieder voll einsatzfähig und belastbar sind. Außerdem deutet sich an, dass die Schmerzen nach einer solchen Operation geringer sind und Sie damit die Berufstätigkeit und andere Aktivitäten früher wieder aufgenommen können.

Nach neuesten Studienergebnissen bereitet das Einbringen eines Fremdkörpers bei diesen beiden Verfahren in der Regel keine Probleme. Dennoch kann es manchmal zu Komplikationen kommen, die im Netzmaterial (Mesh) mitbegründet sein können. Dazu zählen Fremdkörperreaktionen auf das eingebrachte Netz, Infektionen des Netzes, Schrumpfungen des Netzes, netzbedingte Beschwerden wie Schmerzen, Nervenirritationen, die Bildung von Fisteln und die Wanderung des Netzes. Diese Komplikationen sind zwar selten, können jedoch im Einzelfall sehr belastend sein.

Bei den jährlich über 800 Leistenbruchoperationen halten sich konventionelle und minimalinvasive Verfahren die Waage. Alle eingesetzten Verfahren, ob Operationen nach SHOULDICE und BASSINI, die Operation nach LICHTENSTEIN oder minimalinvasive Verfahren wie TEP und TAPP werden routinemäßig durchgeführt. Im persönlichen Gespräch mit Ihnen finden wir für Sie ideale Operationsverfahren, welches wir in einer unserer Kliniken durchführen.

 

Mögliche Komplikationen / Risiken

Wie bei allen Operationen kann es trotz größter Sorgfalt zu einer Nachblutung oder zu einer Wundinfektion kommen. In den meisten Fällen kann Ihr Hausarzt die Versorgung übernehmen. Extrem selten besteht die Möglichkeit einer Verletzung innerer Organe (Darm), Blutgefäße oder Nerven. Auch ein Wiederauftreten des Bruches ist in seltenen Fällen möglich. In sehr wenigen Fällen kann es zu chronischen Schmerzen und Missempfindungen in der Leiste nach Operation kommen.

Nachsorge

Nach einer Operation ist eine Nachsorge in Form eine Reha-Behandlung nicht notwendig. Sie sollten jedoch in den ersten zwei bis drei Monaten nach der Operation ruckartiges Heben oder freies Tragen von Lasten vor dem Körper vermeiden.

Für unsere eigene Qualitätskontrolle kann es jedoch sein, dass wir Sie oder Ihren Hausarzt einige Zeit nach der Operation ansprechen, um zu prüfen, wie Sie nach der Operation zurecht kommen und ob bei Ihnen wieder alles in Ordnung ist.

Häufige Nachfragen

Das hängt davon ab, ob Sie ambulant oder stationär operiert werden. Konventionelle Schnitt-Operationen können teilweise in örtlicher Betäubung ambulant durchgeführt werden. In diesem Fall könnten Sie am Nachmittag oder am Abend des Operationstages wieder nach Hause gehen. Alle anderen Verfahren sind in der Regel mit einem stationären Klinikaufenthalt verbunden, der nur wenige Tage dauert.

In den ersten zwei bis drei Monaten nach der Operation müssen Sie ruckartiges Heben oder freies Tragen von Lasten vor dem Körper vermeiden. Wurde Ihr Bruch mit einem Netz unter der Bauchdecke versorgt, können Sie meist schneller wieder zu normaler körperlicher Aktivität zurückkehren.

In seltenen Fällen kann sich eine Leistenhernie wiederholen. Erfahrungsgemäß liegt die Gefahr zwischen zwei bis vier Prozent nach der offenen SHOULDICE-Methode, zwischen 0,5 und 1,5 Prozent nach der offenen LICHTENSTEIN-Methode und zwischen ein und zwei Prozent nach endoskopischen Verfahren. Um diese Gefahr möglichst gering zu halten, legen wir großen Wert darauf, dass wir für jeden Patient und damit für jeden Bruch das richtige Verfahren ermitteln.

Meist deutet eine weiche Schwellung in der Bauchdecke auf eine Leistenhernie hin. Diese macht oft jahrelang überhaupt keine Beschwerden. Wenn Sie Ihren Körper jedoch belasten, etwa beim Husten, müssten sie einen ziehenden, teils stechenden Schmerz verspüren. Bei größeren Leistenhernien kann man manchmal auch gurrende Darmgeräusche hören.

Wahrscheinlich nicht. Jeder zehnte Mensch bekommt im Laufe seines Lebens eine Leistenhernie, egal ob er einen aktiven oder einen eher passiv Lebensstil pflegt.

Lässt sich ein Bruch einfach zurückschieben (reponieren), besteht keine unmittelbare Gefahr. Er kann sich jedoch unangenehm anfühlen und später zu Komplikationen führen. Wichtig ist: Leistenhernien können nicht von selbst heilen. Sie vergrößern sich aber mit der Zeit, wodurch auch die damit verbundenen Schmerzen zunehmen. Ein Bruchband kann zwar die Schmerzen vorrübergehend lindern, eine wirkliche Lösung ist es aber nicht, da der Bruch nicht beseitigt wird.

Wenn jedoch der Inhalt der Leistenhernie (z. B. Darm) eingeklemmt und somit die Blutzufuhr unterbrochen wird, führt dies zu einer akuten Unterversorgung des Gewebes. Mögliche Folgen sind das Absterben des eingeklemmten Darmabschnittes, ein Darmverschluss und möglicherweise eine lebensgefährlichen Bauchfellentzündung. Sie haben dann meist sehr plötzlich starke Schmerzen, die oft mit einer Hautrötung über der Leistenhernie einhergeht. Dieser Zustand ist lebensbedrohlich und muss sofort operiert werden. Sinnvoller ist es daher unserer Auffassung nach, die Leistenhernie geplant zu operieren (elektive OP).

Wir raten unseren Patienten, dass jeder Bruch geplant operiert werden sollte, solange er keine oder nur geringe Beschwerden verursacht. Welches Verfahren sich in Ihrer Situation anbietet, entscheiden wir mit Ihnen nach einem persönlichen Gespräch.

Wie bei allen Operationen kann es trotz größter Sorgfalt zu einer Nachblutung oder zu einer Wundinfektion kommen. In den meisten Fällen kann Ihr Hausarzt die Versorgung übernehmen. Extrem selten besteht die Möglichkeit einer Verletzung innerer Organe (Darm), Blutgefäße oder Nerven. Auch ein Wiederauftreten des Bruches ist in seltenen Fällen möglich. In sehr wenigen Fällen kann es zu chronischen Schmerzen und Missempfindungen in der Leiste nach Operation kommen.

Das ist individuell verschiedenen. Nach Ihrer Entlassung erhalten Sie von uns eine bedarfsorientierte Empfehlung zur Einnahme von Schmerzmedikamenten. Am 2. Tag nach Ihrer Entlassung kontrolliert Ihr Hausarzt die Wunde. Nach etwa 10 Tagen zieht er Ihnen die Fäden. Duschen können Sie aber bereits ab dem 2. Tag nach der Operation.

Sie sollten Ihren Körper allerdings noch 7 bis 14 Tage schonen, d. h. nicht über die Schmerzgrenze hinaus belasten. Das Heben von schweren Lasten sollten Sie nach offenen Verfahren mit Schnitt  in der Leiste (SHOULDICE- oder LICHTENSTEIN-Operation) für ca. acht Wochen vermeiden (Empfehlung: Woche 1 bis 4 nicht mehr als 5 kg, Woche 5 bis 8 nicht mehr als 10 Kg). Nach einer minimalinvasiven Operation (TEP oder TAPP) können Sie bereits nach zwei Wochen wieder alles machen.